Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die viel Kaffee trinken seltener an Typ-2-Diabetes erkranken. Wer hingegen viel rotes Fleisch isst, hat ein höheres Risiko einer Neuerkrankung. Neu ist die Idee, die Erkenntnisse in der Behandlung bei bestehendem Diabetes einzusetzen.
In Deutschland gehört Diabetes laut Robert Koch Institut mit 5,9 Millionen Betroffenen zu den großen Volkskrankheiten. Dies entspricht einer Diabetes-Häufigkeit von 7,3 Prozent. In der Gruppe der über 65-Jährigen sind zwischen 16 und 23 Prozent von einer Diabetes-Erkrankung betroffen. Diese Zahl wird bis zum Jahr 2030 weiter rasant um 1,5 Millionen – alleine bei den 55 bis 74-Jährigen ansteigen, wie epidemiologische Schätzungen kürzlich zeigten. Laut Expertenansicht ist die Dunkelziffer an unerkannten Fällen jedoch wesentlich höher. Australische Wisssenschaftler prognostizieren einen Anstieg der Diabetes Typ 2-Erkrankten bis 2025 um 65 Prozent auf 380 Millionen Personen, wobei die größte Anzahl auf Länder der Asien-Pazifik-Region mit geringem oder mittlerem Einkommen entfallen dürfte. Langfristig verursacht Diabetes häufig Gefäßverengungen, die unter anderem zu Komplikationen wie Herzinfarkt und Schlaganfall sowie zu Schäden an Augen, Nieren und Nerven führen. Das Hormon Insulin schleust Blutzucker, der mit der Nahrung aufgenommen wird, in Zellen, welche diesen zur Energiegewinnung nutzen. Bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 (DM) sind diese Zellen weniger empfindlich für Insulin. Das bedeutet, es wird mehr Insulin für den Zuckertransport benötigt. Diese Mehrarbeit führt zu einer Erschöpfung der Betazellen. In der Folge muss die Bauchspeicheldrüse immer mehr Insulin ausschütten. Ist die Produktion nicht mehr ausreichend, kann der Blutzuckerspiegel gefährlich ansteigen. Der Stoffwechsel kann dadurch nicht mehr ordnungsgemäß erfolgen. Australische Kaffee- und Tee-Meta-Studie In eine australische Meta-Analyse ("Coffee, Decaffeinated Coffee, and Tea Consumption in Relation to Incident Type 2 Diabetes Mellitus") flossen Daten von 18 Studien mit insgesamt 457.922 Patienten ein. Demnach führte jede zusätzlich pro Tag konsumierte Tasse Kaffe zu einem Sinken der Diabetes-Gefahr um sieben Prozent. Probanden, die pro Tag drei bis vier Tassen Kaffee tranken, waren in etwa um ein Viertel weniger gefährdet, als Personen die zwei oder weniger Tassen konsumierten. Auch drei bis vier Tassen entkoffeinierten Kaffees senkten das Risiko – im Vergleich zu vollständiger Abstinenz um etwa ein Drittel. Der Schutzeffekt von Tee war hingegen schwächer. Dennoch verringerte der Konsum von täglich drei bis vier Tassen Tee die Diabetes-Wahrscheinlichkeit im Vergleich zu vollständiger Abstinenz um etwa ein Fünftel. In einer weiteren Studie von Greenberg führte der Konsum von entkoffeiniertem Kaffee bei 60-Jährigen und Jüngeren zu einer signifikaten Risikoreduktion von 40 Prozent. Bei den über 60-Jährigen war hingegen ein Risikoanstieg von 40 Prozent zu verzeichnen. Allerdings war die Stichprobe zu gering, um feststellen zu können, ob die Auswirkungen von entkoffeinierten Teekonsum tatsächlich altersbedingt sind. Dazu wären weitere Untersuchungen notwendig. Die Forscher vermuten hinter diesem Schutzeffekt nicht nur das Koffein sondern eine ganze Reihe von Kaffee-Inhaltsstoffen wie etwa Magnesium, Lignane, Chlorogensäure oder Antioxidantien. Insgesamt empfehlen die australischen Studienautoren ihren Diabetes-Typ-2-Risiko-Patienten, ihren Tee- und Kaffeekonsum zu steigern und darüber hinaus mehr Sport zu betreiben und ihr Gewicht zu reduzieren. Deutsche EPIC-Studie Die prospektive EPIC (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition)-Studie mit 42.000 Teilnehmern, die vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) durchgeführt wurde, zeigte, dass Kaffeetrinken das Risiko für Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen nicht erhöht und sogar mit einem verminderten Risiko für Typ-2-Diabetes verbunden ist. Probanden, die mehr als vier Tassen (über 600 ml) koffeinhaltigen Kaffee konsumierten, hatten im Vergleich zu Testpersonen, die weniger als eine Tasse tranken, ein um 23 Prozent verringertes Typ-2-Diabetes-Risiko. Ein ähnlicher Zusammenhang gilt auch für den Konsum von entkoffeiniertem Kaffee. Die Wissenschaftler analysierten neben medizinischen Daten der Teilnehmer auch deren Ernährungs- und Lebensstildaten. In der Nachbeobachtungszeitraum von knapp neun Jahren erkrankten 1.432 Studienteilnehmer erstmals an Typ-2-Diabetes, 394 erlitten einen Herzinfarkt, 310 einen Schlaganfall und 1.801 Teilnehmer erkrankten an Krebs. "Unsere Studienergebnisse decken sich mit den Resultaten aktueller prospektiver Studien aus den USA", sagte Erstautorin Anna Flögel. Wer Kaffee gut verträgt und ihn gerne trinkt, sollte dies auch weiterhin tun, so die Epidemologin. Andererseits sollten sich Kaffeemuffel aufgrund der Ergebnisse nicht genötigt sehen, mit dem Kaffeetrinken zu beginnen. "Es ist wichtiger, darauf zu achten, ausreichend Vollkornprodukte, wenig Fleisch sowie viel Obst und Gemüse zu essen, nicht zu rauchen und sich ausreichend zu bewegen", ergänzt Studienleiter Prof. Dr. Heiner Boeing. Für die Flüssigkeitszufuhr böten sich neben Kaffee auch andere Getränke mit einem geringen Energiegehalt, wie Tee und Wasser, an. Vollkornprodukte senken Diabetes-Typ-2-Risiko Eine Reihe internationaler Langzeitstudien zeigen einen Zusammenhang zwischen einem hohen Vollkornprodukte-Konsum und dem Schutz vor Diabetes-Typ-2. Erwachsene, die sich häufig mit Vollkorn ernährten, hatten im Schnitt ein 20-40 Prozent geringeres Risiko, als Personen, die verstärkt Weißmehlprodukte aufnahmen. Ein hoher Vollkornkonsum reduziert häufig das Körpergewicht und senkt damit das Diabetes-Risiko. Zahlreiche Beobachtungsstudien wie die finnische Montonen-Studie zeigten, dass ein Großteil der schützenden Wirkung von Vollkornprodukten auf deren hohen Ballaststoffanteil zurückzuführen war. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass ein hoher Anteil an löslichen Ballaststoffen die Verdauung verlangsamt. Dies führt zu einem geringeren Ansteigen des Blutzuckers, wodurch der Körper weniger Insulin ausschütten muss. Diabetesforscher sind überdies der Ansicht, dass kurzkettige Fettsäuren, die durch den bakteriellen Abbau von unverdaulichen Kohlenhydraten im Dickdarm entstehen, die Glucoseverbrennung in der Leber erhöhen, die Freisetzung von Fettsäuren verringern und die Verstoffwechselung des Insulins verbessern. Vollkorn liefert auch einen hohen Magnesium-Anteil. Sowohl die Nurse´s Health -als auch die Iowa Women´s Health Study zeigten, dass eine hohe Magnesiumaufnahme einen wichtigen Beitrag zum Schutz vor Diabetes-Typ-2 leistet. Letztlich liefern auch die in Vollkornprodukten enthaltenen Inhaltsstoffe wie Antioxidantien, Phenolverbindungen und Phytoöstrogene einen wichtigen Diabetes-Schutz. Mit einer neuen Studie bei bestehendem Diabetes wollen Wissenschaftler an der Unklinik Heidelberg untersuchen, ob eine spezielle achtwöchige Diät mit Kaffee, Vollkornprodukten und ohne rotes Fleisch die Zuckerwerte verbessert und Diabetes mildert. "Wir hoffen, dass Kaffee, Vollkorn und wenig rotes Fleisch die Insulinempfindlichkeit und damit die Blutzuckerwerte verbessern", erklärt Dr. Jan Gröner, Assistenzarzt der Abteilung Endokrinologie und Stoffwechsel, der für die Studie in Heidelberg verantwortlich zeichnet. "Über die genaue Wirkweise dieser Nahrungsmittel auf die Insulinempfindlichkeit gibt es bislang jedoch noch keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse.“ Allerdings gelten wenig Bewegung und Fettleibigkeit als hohe Risikofaktoren für DM. Für die Studie werden die Probanden per Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt: Während eine Gruppe völlig auf rotes Fleisch verzichtet, viele Vollkornprodukte und fünf Tassen Kaffee pro Tag erhält, steht auf dem Speiseplan der Vergleichsgruppe täglich rotes Fleisch, aber kein Kaffee und keine Vollkornprodukte.