Sport? Man würde ja gerne. Doch der Studienalltag ist stressig und häufig kaum mit regelmäßigen Sporteinheiten vereinbar. Doch müssten es Ärzte und Medizinstudenten nicht eigentlich besser wissen und den inneren Schweinehund überwinden?
"Bewegung ist die beste Medizin." Den Spruch hat vermutlich jeder schon einmal gehört. In Zeiten, zu denen der Mensch noch als Jäger und Sammler unterwegs war, war körperliche Aktivität lebensnotwendig. Aber diese Zeiten sind längst vorbei. Der durchschnittsdeutsche TV-Zuschauer verbringt fast 4 Stunden täglich vor der heimischen Glotze. Und auch, wenn viele Studenten als Haupttransportmittel ihr Fahrrad verwenden, sonderlich bewegungsförderlich ist ihr Studienalltag wahrlich nicht. Die Chancen, dass sich im Arbeitsleben daran etwas ändern wird, sind gering. In 80 Prozent aller Berufe findet kaum Bewegung statt. Ein Ausgleich in Form sportlicher Betätigung scheint unter diesen Bedingungen absolut angebracht.
Dennoch treiben, einer bundesweiten Befragung von 2008 zufolge, nur knapp 60 Prozent aller 18- bis 64-jährigen regelmäßig Sport, davon über ein Viertel nur einmal wöchentlich. Auf die Frage, was sie daran hindert, intensiver Sport zu treiben, gehen viele der Befragten nicht genauer ein. Als Hauptgrund wird Zeitmangel angegeben.
Individualsportarten punkten
Dazu passen auch die meistausgeübten Sportarten: Fitnesstraining (ohne weitere Spezifikation), Jogging, Radfahren, Inlineskating und Schwimmen. Alles Individualsportarten, die vergleichsweise spontan und ohne zeitliche Absprachen oder Verpflichtungen ausgeübt werden können, zu Hause, im Fitnessstudio, im Schwimmbad oder im Park um die Ecke. Flexibilität steht an erster Stelle. Dieser Trend lässt sich auch bei der Auswahl an Sportkursen für Studenten feststellen. Zwar treiben jetzige Studenten nicht weniger Sport als frühere Semester, durch Umstellungen der Studienpläne und weniger Flexibilität in der persönlichen Zeiteinteilung nimmt die Beteiligung an Gruppen- und Ballsportarten aber allmählich ab.
Das bewahrheitet sich auch bei der direkten Befragung von Studenten. So gibt eine Medizinstudentin im siebten Semester an, früher regelmäßig Sport im Verein getrieben zu haben. Mittlerweile sei ihr das aber zu schwierig geworden: "Man weiß einfach nicht immer, wie der Stundenplan das Semester über exakt aussehen wird. Da ist es schwierig, feste Zeiten für Sport einzuplanen. Jetzt gehe ich eigentlich nur noch joggen. Das kann ich machen, wenn es mir am besten passt."
Alles eine Frage der Planung?
Ein anderer Student legt allerdings Wert auf feste Planungen: "Ich spiele schon seit Jahren aktiv Rugby und habe auch vor, das weiterhin zu tun. Es hilft mir, klare Trainingszeiten zu haben. Müsste ich mich immer auf meine Eigenmotivation verlassen, das würde nicht gutgehen. Außerdem wäre es mir viel zu langweilig, nur in der Gegend rumzulaufen. Ich brauche den Wettkampf." In Sachen Vereinbarkeit mit dem Stundenplan müsse man zwar manchmal etwas kreativ werden, mit der entsprechenden Entschlossenheit sei das aber eigentlich überhaupt kein Problem.
Positive Auswirkungen
Die sportliche Aktivität zahlt sich in jedem Fall aus. So wird die Immunabwehr gestärkt, die Durchblutung gefördert, das Herz arbeitet auf Dauer ökonomischer und gleichmäßiger und auch Blutdruck und Blutfettwerte werden günstig beeinflusst. Der Stoffwechsel wird angeregt, die Knochenstabilität gefördert und das Thromboserisiko sinkt deutlich. Das Gesamtsterberisiko sinkt schon bei moderater Bewegung von 150 Minuten pro Woche - wie von der WHO empfohlen - um satte 10 Prozent.
Wer seinen Alltag als anstrengend und stressig empfindet, dem wird eine körperliche Aktivierung besonders nahegelegt. Regelmäßige Bewegung fördert durch hormonelle Regulierung den Stressabbau merklich und erzeugt Zufriedenheit. Die Konzentrations- und Regenerationsfähigkeit nimmt wieder zu. Eine erhöhte Serotonin-, ACTH- und Endorphin-Ausschüttung führt zu einer positiveren Stimmung und steigert das Selbstwertgefühl. Depressionen wird so entgegengewirkt und Schlafstörungen vorgebeugt. Es besteht auch eine klare soziale Komponente. Man kann sich mit Anderen zum Sport treffen, dabei wird das Gemeinschaftsgefühl gestärkt und der Teamgeist gefördert. Sportler zeigen häufig ein erhöhtes Maß an Disziplin, Durchhaltevermögen und Selbstbewusstsein.
Es scheitert an der Umsetzung
Medizinstudenten und Ärzte kennen sich mit der gesundheitsfördernden Wirkung von Sport gut aus. Aber setzen sie ihr Wissen auch um und leben konsequenterweise gesünder? "Wissen und Umsetzung, das sind zwei Paar Schuhe", so ein Assistenzarzt in der Chirurgie. "Man weiß zwar einigermaßen, was gesund ist und was nicht, aber sein Leben danach auszurichten, das klingt einfacher als es ist." Doch auch wenn das gesundheitliche Bewusstsein nicht so ausgeprägt ist, wie man das man erwarten könnte, immerhin ist es noch besser als das von Juristen. Gleichermaßen ist die Raucherquote unter Ärzten mit knapp 19 (Männer) bzw. 15 Prozent (Frauen) vergleichsweise niedrig.
Erfolgreicher durch Bewegung?
Macht einen Bewegung erfolgreicher? Dies sagt zumindest eine Studie eines Bonner Instituts aus. Wer als Jugendlicher regelmäßig Sport treibe, erreiche im Vergleich zu den bewegungsarmen Gleichaltrigen höhere Bildungsabschlüsse bzw. erhöhe seine Chance, das Studium erfolgreich abzuschließen. Dem Argument, dass die investierte Zeit zu Lasten des Lernpensums gehe, stünde entgegen, dass Sportler ihre Zeit effektiver zu nutzen wüssten und beispielsweise weniger Zeit vor dem Fernseher verbringen würden. Eine Ausnahme bildeten lediglich Leistungssportler, deren enger Zeitplan intensive Lernphasen und Freizeitbeschäftigungen tatsächlich zum Problem werden lassen könnte. Ob nun erfolgsfördernd oder nicht. Wenn die nächste schwere Klausur in Sichtweite ist und Ihr nicht mehr wisst, wo Euch der Kopf steht, nicht verzweifeln, sondern einfach die Joggingschuhe anziehen und eine Runde um den Block rennen.
Auch der späte Vogel fängt den Wurm
Für diejenigen, die schon aus Gewohnheit keinen Sport machen: besser spät als nie! Gesundheitsfördernd wirkt Bewegung selbst dann, wenn man erst im Alter damit beginnt. Man muss nicht sofort einen Marathon laufen, ein Spaziergang nach einem Tag voller Vorlesungen bildet schon eine gute Grundlage, auf der man aufbauen kann. Auch das entgegengesetzte Extrem sollte man vermeiden, indem man seine Grenzen kennt und dem Körper ausreichend Zeit zur Erholung gibt.
Vielfältige Möglichkeiten
Sportangebote gibt es an Universitäten in der Regel zur Genüge. Wem Konditionstraining zu langweilig ist, der kann auch ausgefallenere Sportarten ausprobieren. Ob Capoeira, Zumba, Lacrosse oder Unterwasser-Rugby, am Ende zählt schlichtweg der Spaß an der Sache. Die positiven physischen und psychischen Effekte kommen dann fast schon von alleine. Also, worauf wartet Ihr noch? Schnappt Euch Euer Sportzeug und los geht’s! Denn wie heißt es so schön laut einer weiteren bekannten Redewendung: Mens sana in corpore sano.