In Großbritannien könnte es bald ein Gesetz geben, das die Abgabe von Energydrinks reguliert. Für Kinder und Jugendliche sollen diese Getränke verboten werden. Die Regierung hat nun eine öffentliche Konsultation eingeleitet. Wie ist die Lage in Deutschland?
Diskutiert wird es schon lange, jetzt schlägt die britische Regierung ein gesetzliches Verbot von Energydrinks für Kinder vor. Laut der BBC wird es dazu in Großbritannien eine öffentliche Konsultation geben. Es soll darüber abgestimmt werden, ab welchem Alter das Gesetz in Kraft treten soll. Zur Wahl steht, ob Energydrinks für Kinder unter 16 oder unter 18 verboten werden sollen. Passiert in Deutschland auch etwas?
Es handelte sich um ein weltweites Novum, als die Regierung von Litauen folgendes Gesetz verabschiedete: Seit 2014 dürfen an Minderjährige keine Energydrinks mehr verkauft werden. Bei Nichteinhaltung des Verbots ist eine Strafe bis zu 116 Euro möglich, hieß es im Spiegel damals. Zwei Jahre später zog Lettland nach und verbot das Getränk für Kinder, berichtete die Tageszeitung Die Presse. Auch in Frankreich galt diese Regelung temporär für das Getränk Red Bull, wurde aber 2008 wieder aufgehoben. Ähnliche vorübergehende Verbote gab es auch in anderen Ländern wie Dänemark und Norwegen. Der Genuss koffeinhältiger Limonaden ist in Großbritannien weit verbreitet: Mehr als zwei Drittel der Kinder im Alter von zehn bis 17 Jahren und fast ein Viertel der Sechs- bis Neunjährigen sind Energydrink-Konsumenten, fasst die britische Regierung einen aktuellen Studienbericht zusammen.
Die Gründe, die der Debatte über ein Verbot zugrunde liegen, sind bekannt. Auf das gesundheitliche Risiko für Kinder und Erwachsene wurde schon in vergangenen Studien hingewiesen. Auch DocCheck berichtete mehrmals über die negativen Auswirkungen von Energydrinks auf die Gesundheit von Kindern, dazu zählen unter anderem Hyperaktivität, kardiovaskuläre Erkrankungen oder Adipositas. Eine Studie der EU-Lebensmittelbehörde efsa ergab zudem, dass Jugendliche, die häufig Energydrinks konsumieren, auch oft zu hohe Koffeinmengen einnehmen. Laut einer Risikobewertung der efsa ist der Orientierungswert für Koffein pro Kilogramm Körpergewicht drei Milligramm. Eine große Dose entspricht hinsichtlich Zucker- und Koffeinmenge etwa zwei Espresso-Shots mit 12 Teelöffeln Zucker. „Ein 12-jähriger Junge mit 50 kg Körpergewicht überschreitet nach dieser Rechnung schon mit einer 0,5-l-Dose eines Energy Drinks diese Grenze,“ so eine Berechnung von foodwatch.
In Großbritannien ist seit längerem ein Umdenken spürbar. So haben sich bestimmte Supermarktketten bereits vor Monaten dazu entschieden, Energydrinks nicht an Kinder unter 16 Jahren zu verkaufen. Grund dafür ist unter anderem ein Aufruf von TV-Koch Jamie Oliver, der seit einigen Monaten medial auf das Problem aufmerksam macht: Mit seiner Kampagne #notforchildren setzt er sich für strengere Regelungen ein und fordert dazu auf, ein Kaufverbot einzuführen. Die Initiative fachte die politische Diskussion erneut an. Anfang des Jahres wurde Premierministerin Theresa May in ihrer Partei dazu angehalten, über ein Verbot von Energydrinks für Kinder nachzudenken. Die Regierung hatte bereits die Einführung einer Soft-Drink-Steuer durchgesetzt, so die Antwort von May. In Hinsicht auf gesundheitliche Risiken von Energydrinks wolle man aber noch die wissenschaftliche Datenlage überprüfen. Jetzt will man anscheinend handeln.
Hierzulande gibt es bislang nur Empfehlungen, aber keine gesetzliche Verpflichtung. Zwar kein Verbot, dafür aber ein deutliches Signal ist momentan in den Niederlanden erkennbar: Dort kündigten laut Tagesspiegel Aldi und Lidl an, ab Herbst keine koffein- und zuckerhaltigen Limonaden mehr an Kinder unter 14 Jahren zu verkaufen. In Deutschland gibt es keinerlei Vorgaben dieser Art – lediglich gesetzlich vorgeschriebene Warnhinweise und Mahnungen an Kunden, mehr nicht. Die Verkaufszahlen für Energydrinks steigen hierzulande kontinuierlich an, die kalkulierte Summe für verkaufte Energydrinks in Deutschland für das Jahr 2020 beträgt 1,2 Milliarden Euro. „Jugendliche werden wohl kaum auf Ernährungstipps der Bundesregierung hören. foodwatch fordert, dass Energydrinks deutliche Warnhinweise auf der Verpackung tragen müssen und nur noch ab 18 verkauft werden dürfen,“ heißt es auf der Website des gemeinnützigen Vereins. Auch Gesundheitspolitikerin Schulte forderte im August eine Altersbeschränkung, wie der Tagesspiegel berichtete. Der Vorschlag stößt allerdings auf wenig Zuspruch: „Angesichts zunächst abzuwartender Forschungsarbeiten sowie bestehender nationaler und EU-rechtlicher Regelungen sind zusätzliche rechtliche Maßnahmen wie eine Einschränkung des Verkaufs von Energydrinks derzeit nicht angebracht“, wird eine Ministeriumssprecherin im Tagesspiegel zitiert. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner wartet ab. Erst müsse geklärt werden, ob eine hohe Koffeineinnahme durch Energydrinks auf lange Sicht Herz- und Kreislaufschäden bei Kindern und Jugendlichen zur Folge haben könnte.