ACE-Hemmer sind meist gut verträgliche Arzneistoffe. Einige Wechselwirkungen können den Therapieerfolg jedoch gefährden und gefährliche Nebenwirkungen auslösen. Die Bedeutung der ACE-Hemmer zeigt sich in der Zunahme ihrer Anwendung: die verordneten Tagesdosen übersteigen die 4 Millardengrenze.
ACE-Hemmer hemmen die Umwandlung von Angiotensin I in das gefäßverengende Angiotensin II, eine der gefäßaktivesten Substanzen im Körper. Außerdem wird die Ausschüttung von Aldosteron reduziert. Die Folge ist eine moderate Erhöhung des Serum-Kaliumspiegels. Kaliumsparende Diuretika, Kalium-Salze und in gewissem Maße Trimethoprim verstärken diesen Effekt. Besonders bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion und Diuretikagabe muss eine Begleitmedikation sorgfältig erwogen werden. Zumindest in der Einstellungsphase sind engmaschige Blutdruckkontrollen notwendig, um Tachykardien oder extreme Blutdruckabfälle zu vermeiden.
Niere leidet unter Prostaglandinmangel
NSAR verringern den blutdrucksenkenden Effekt der ACE-Hemmer. Besonders bei Niereninsuffizienz kann es zu einer Verschlechterung der Nierenfunktion kommen. Die Analgetika hemmen vermutlich die Bildung vasodilatatorischer und natriuretischer Prostaglandine. Vermutlich reichen dazu auch bereits geringe Mengen. Auch für Acetylsalicylsäure als Thrombozytenaggregationshemmer mit 100 mg täglich wird beschrieben, dass die blutdrucksenkende und nephroprotektive Wirkung leidet. Für Clopidogrel sind diese Effekte nicht beschrieben.
Hämatologische Störungen bei falscher Kombination
Patienten, die ACE-Hemmer einnehmen, sollte kein Azathioprim verordnet werden. Bei der Kombination mit Enalapril können schwere Anämien und bei anderen ACE-Hemmern Leukopenien ausgelöst werden. Der Mechanismus dieser additiven myelosuppressiven Wirkung ist nicht bekannt. Hämodialysepatienten, die ACE-Hemmer einnehmen, benötigen möglicherweise höhere Erythropoetin-Erhaltungsdosen. Die Kombination Interferon-α und Enalapril kann zu schweren hämatologische Störungen wie Granulozytopenie und Thrombozytopenie führen. Eine solche Kombinationstherapie sollte daher nur vorsichtig und unter Blutbildkontrolle erfolgen.
Vorsicht bei Hyposensibilisierung
ACE-Hemmer sind bei einer Hyposensibilisierung absolut kontraindiziert. Vermutlich hemmen sie den Abbau des bei allergischen Reaktionen freigesetzten Bradykinins. Die Anreicherung führt zu Gefäßerweiterung, Blutdruckabfall und Steigerung der Gefäßdurchlässigkeit. Keinesfalls darf in diesem Fall eine Umstellung auf β-Blocker erfolgen. Bei einer anaphylaktischen Reaktion würden diese die Wirkung der zur Therapie eingesetzter Katecholamine mindern und zusätzlich den Bronchospasmus verstärken. Vor einer Hyposensibilisierung sollten ACE-Hemmer und β-Blocker abgesetzt und ggf. durch Nitrate oder Calciumantagonisten ausgetauscht werden. Auch bei Patienten ohne bekannte Überempfindlichkeiten kann es zu anaphylaktischen Reaktionen kommen, wenn die Betroffenen von Bienen oder Wespen gestochen werden.
Tritt erst verzögert auf: Hypersensitivitätssyndrom
Beim Eingriff in das Reninsystem durch ACE-Hemmer wird das histaminähnliche Bradykinin gebildet. Neben dem trockenen Husten kann es auch für heftige Hautreaktionen verantwortlich gemacht werden. Eine relativ seltene, aber gerade deshalb, tückische Erkrankung ist das Hypersensitivitätssyndrom (HSS). Vor etwa 20 Jahren wurde das Syndrom erstmals ausführlich beschrieben. HSS ist auch unter der Bezeichnung DRESS (Drug Rash with Eosinophilia and Systemic Symptoms) beziehungsweise DIDMOHS (Drug Induced Delayed Multi Organ Hypersensitivity Syndrome) bekannt. Die Sterblichkeitsrate dieser allergischen Erkrankung ist hoch und nur rasches Handeln stellt die richtigen Weichen für das Überleben des Patienten.
Häufig beginnen die Symptome wie Fieber, Lymphknotenschwellung und Hautausschläge erst zwei bis sechs Wochen nach der Arzneimitteleinnahme. Der Körperstamm, die Extremitäten und das Gesicht werden mit dichten Flecken übersäht. Das Gesicht kann anschwellen, und eine Rachenentzündung mit Geschwüren lassen den Patienten leiden. Multiple Organschäden, wie die Entzündung von Hirn, Herz, Perikard, Darm, Pankreas und Schilddrüse gefährden das Leben des Patienten, wenn sie als Komplikationen auftreten. Anzeichen für einen schweren, meist tödlichen Verlauf ist eine Leberentzündung mit nachfolgendem Leberversagen sowie Nierenversagen. Leider lässt der Hautzustand keinen Rückschluss auf die Beteiligung innerer Organe zu. Auch wenn die Haut frei von Ausschlag ist, sind Organschäden beobachtet worden.
Die Pathogenese des Hypersensitivitätssyndroms ist nicht vollständig geklärt und vermutlich multifaktoriell. Meist wird eine medikamenteninduzierte Immunstimulation mit einer Aktivierung von T-Lymphozyten beschrieben. Außerdem scheint die Metabolisierung der Pharmaka bedeutsam zu sein: langsame Acetylierer weisen ein erhöhtes Risiko auf.
Nomenklatur der Hautakronyme
Die Nomenklatur der Hypersensitivitätssyndrome ist heterogen und teilweise verwirrend, mehrere Krankheitsbilder können vermutlich neben einander existieren. Unterarten sind beispielsweise das EEM, SJS und die TEN.
Aber Allo!
Werden mehrere Pharmaka kombiniert, die Sensitivitätssyndrome auslösen können, steigt das Risiko unkalkulierbar an. „Allzuviel ist ungesund“ mit dieser Headline warnte die Ärztekammer in Niederösterreich und die Gebietskrankenkasse Ärzte und Patienten. In dem vor zwei Jahren versandten Newsletter warnen die Institutionen vor der Wechselwirkung von ACE-Hemmern und Allopurinol. Beide Substanz(gruppen) werden häufig verordnet – auch gemeinsam. Die Zielgruppe – ältere hypertone Patienten mit oder ohne Niereninsuffizienz - ist gleich.
Laut Heilmittelabrechnungsdaten wird die Interaktion zwischen den Antihypertonika und dem Gichtmittel Allopurinol als die häufigste potenzielle Wechselwirkung eingestuft. Sie tritt in 9 Prozent aller angezeigten Interaktionen auf. Die Datenauswertung ergab, dass von in einem Zeitraum von neun Monaten 5080 Patienten in Niederösterreich für einen Zeitraum von mindestens zwei Monaten diese Kombi eingenommen haben. Auch deutsche Kostenträger haben inzwischen ihre Versicherten über diese Interaktion informiert. Kürzlich wurden zahlreiche Fachinformationen überarbeitet und um diese Wechselwirkung ergänzt.
Risiko für immunologische Reaktionen
Auch die Pharmazeutische Zeitung informierte ihre Leser über diese Gefahr. „Aufgrund von fünf Fallberichten wird vermutet, dass bei gleichzeitiger Behandlung mit Allopurinol und Captopril das Risiko für immunologische Reaktionen wie Leukopenie und Stevens-Johnson-Syndrom erhöht ist.“ Die immunologischen Reaktionen traten kurz nach der Kombitherapie auf. Der Zeitpunkt des Auftretens der Nebenwirkung lag dabei innerhalb von Tagen bis mehreren Wochen. In der Literatur wird die Gefahr häufig bagatellisiert weil mitunter vermutet wird, dass lediglich die Altsubstanz Captopril in hohen Dosen diese Interaktion auszulösen vermag. Auch deshalb, weil dieser ACE-Hemmer vergleichsweise häufig eine Reizhusten als bradykininvermittelte Nebenwirkung auslöst.
Ein Fallbericht liegt jedoch auch zu der gemeinsamen Einnahme von dem moderneren Enalapril und Allopurinol vor. Ein Mann, der Enalapril einnahm, bekam 20 Minuten nach der Einnahme von moderat dosiertem 100 mg Allopurinol eine akute anaphylaktische Reaktion mit schweren Koronarspasmen. Ein Risikofaktor für das Auftreten der beobachteten immunologischen Reaktionen scheint eine Niereninsuffizienz zu sein.
Kinetik bleibt unverändert
Der Mechanismus dieser Interaktion ist nicht bekannt. Vermutlich addieren sich unerwünschte Wirkungen beider Arzneistoffgruppen auf das Immunsystem. Eine pharmakokinetische Interaktion kann ausgeschlossen werden. Beide Arzneistoffe beeinflussen sich nicht in ihrem Ausscheidungs- und Metabolisierungsverhalten. Keinesfalls darf eine abgesetzte Arzneimitteltherapie nach Besserung der Beschwerden neu aufgenommen werden. Innerhalb weniger Minuten kommt es dann in etwa 30 Prozent der Fälle zu heftigsten allergischen Reaktionen mit Fieber, Gesichtsödem und Schock.
Können Sie wechseln?
Was also tun, wenn ein Patient Gicht und Hypertonie hat und dann auch noch eine Niereninsuffizienz droht? Eine Möglichkeit ist, den ACE-Hemmer durch einen AT-Blocker zu ersetzen. Vergleichbare Effizienz, weniger Neben- und Wechselwirkungen aber kostspieliger. Angiotensin-1-Blocker sind weniger reaktionsfreudig. Nicht selten verwundert auf den erste Blick die Nomenklatur. Warum heißen Telmisartan & Co AT1-Blocker obwohl sie die Wirkung von AT II hemmen. Ersten hemmen sie nicht, sondern sie blocken. Und das tun sie nicht am Angiotensin-II (römisch zwei), sondern am AT-1-Rezeptor (arabisch eins). Von diesem AT-Subtyp existieren mehrere Varianten, der AT-1-Rezeptor ist für die Regulation des Blutdruckes zuständig. Wird dieser mit einem kompetitiven Antagonisten wie den AT-1-Blockern besetzt, sinkt der Blutdruck.
Beim Wechsel auf ein anderes harnsäuresenkendes Pharmakon wird die Luft dünn. Benzbromaron und Probenecid sind Reservetherapeutika. Ein Ausweg scheint, besonders bei zusätzlicher Niereninsuffizienz, Febuxostat zu sein. Stärker wirksam, weniger Neben- und Wechselwirkungen und keine Dosisreduktion bei leichter bis mittelgradiger Niereninsuffizienz. Lediglich bei einer Allopurinolvormedikation und auch nur in Einzelfällen sind toxische Hautreaktionen beschrieben. Die Bittere Pille dabei ist Verteuerung der Therapie. Man kann nicht Alles haben!
Ist ein Austausch sowohl von ACE-Hemmer als auch von Allopurinol nicht erwünscht oder möglich, sollte der verschreibende Arzt vor der Kombitherapie vor der Therapie das Differentialblutbild bestimmen. Während der ersten drei Therapiemonate sollte dies alle zwei Wochen und dann in regelmäßigen Abständen zur Kontrolle wiederholt werden. Der Patient sollte darauf hingewiesen werden, Anzeichen einer Infektion wie Halsschmerzen und Fieber oder aber Hautreaktionen seinen Arzt darüber unverzüglich zu informieren.
Laut Fachinformationen sollen Ärzte alle übrigen ACE-Hemmer außer Captopril nur nach einer kritischen Nutzen/Risiko-Bewertung gemeinsam mit Allopurinol verordnen und laborchemische Parameter regelmäßig kontrollieren.