Kein Thema der jüngeren Vergangenheit hat die Gemüter der Medizinstudierenden derart erzürnt, wie die Debatte um die Novellierung des praktischen Jahres. DocCheck sprach mit einem Vertreter der bvmd und begleitete eine Protestaktion in Köln.
Die Pläne, einen Abschnitt des praktischen Jahres für alle Medizinstudierenden verpflichtend in der Allgemeinmedizin festzulegen, stießen bei den angehenden Medizinern auf wenig Gegenliebe. So verwundert es nicht, dass diese Mitte letzter Woche, kurz vor der entscheidenden Abstimmung zu den Novellierungsvorschlägen im Bundesrat, zu umfassenden Protestaktionen aufriefen.
Neben den Studierenden an den Medizinhochschulen in Münster, Leipzig, Mainz, Freiburg, Heidelberg, Jena, Greifswald, Essen, Düsseldorf, Bonn und Berlin fanden auch die Kölner Medizinstudierenden einen öffentlichkeitswirksamen Weg, gegen die Reformpläne zu protestieren, die auf einen Vorschlag des nordrhein-westfälischen Landtags zurückgehen. Etwa 300 von ihnen trafen sich am 10.05, einen Tag vor der Abstimmung des Bundesrates in Berlin, gegen 12:00 Uhr auf den Universitätswiesen vor der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln ein, um ihrem Unmut Luft zu machen.
Hierzu legten sie alle einen Arztkittel an, das jedoch – einer Zwangsjacke entsprechend – in entgegengesetzter Richtung, als Zeichen der zu erwartenden Einschränkungen im praktischen Jahr durch ein mögliches neues Pflichtquartal Allgemeinmedizin. Zusätzlich zeigten alle anwesenden Medizinstudierenden den durch ihre Landesregierung eingebrachten Reformplänen symbolisch die rote Karte.
Hormos Salimi Dafsari, Pressesprecher der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. (bvmd), Mitorganisator der Protestaktionen und Medizinstudierender an der Medizinischen Fakultät Köln, spricht DocCheck gegenüber von einer kurzfristigen, „sehr spontanen“ Maßnahme, die kurz vor Toresschluss noch einmal den Standpunkt der Medizinstudierenden verdeutlichen soll. Die Idee zum Protest sei „Montag abends“ entstanden. Ziel sei es, „die Wahlmöglichkeit beizubehalten“, Plicht erreiche „nur das Gegenteil“. Er stellt zudem folgende Frage in den Raum: „Ist der Umkehrschluss eines neuen Pflichtquartals Allgemeinmedizin wirklich, dass es dadurch zukünftig mehr Allgemeinmediziner geben wird?“
Hormos glaubt, dass „eine Ausweitung des Angebotes an wählbaren Allgemeinarztpraxen und diverse Restrukturierungen in diesem Bereich“ der richtige Weg seien und vertritt zudem die altbewährte Maxime „Never change a winning team“. Hormos sieht, wie seine Kommilitonin Meike König, Leiterin der Fachschaft der Medizinischen Fakultät, den Lernfaktor durch eine mögliche Verkürzung der einzelnen PJ-Abschnitte von 4 auf 3 Monaten in Gefahr und gibt zu bedenken, dass alleine „6-7 Wochen der 3 Monate des einzelnen PJ-Abschnitts zur Einarbeitung und dem vertraut machen mit den Gegebenheiten“ von Nöten seien.
Auch Fachverbände gegen Neuregelung
Beide bedauern, dass den studentischen Vertretern in den offiziellen Gremien kein direktes Mitspracherecht gegeben wird, ihre Meinung wird vielmehr nur ab und an gehört. Meike, Studierende im achten Semester, hat ihre Famulatur in einer Allgemeinarztpraxis in kleinstädtischer Umgebung nahe Stuttgart absolviert und wurde durch diese Zeit „vielmehr von dem Stress und der wirtschaftlichen Ausrichtung der Praxis abgeschreckt als zu einem Einstieg in die Allgemeinmedizin motiviert.“
Der allgemeine Tenor der Gespräche mit den beiden Medizinstudierenden ist, dass sich eine Verkürzung der einzelnen PJ-Abschnitte um einen Monat auch negativ auf die Behandlung der Patienten auswirken würde. So bekämen es „viele multimorbide und chronische Patienten andauernd mit neuen PJ’lern zu tun, denen sie ihre Krankengeschichte en detail schildern müssen“, so Hormos. Er führt zudem an, dass viele ärztliche Fachverbände strikt gegen eine Neuregelung des praktischen Jahres wären.
Skepsis trotz erfolgreichen Protests
Wichtig ist zudem, seiner Meinung nach, eine starke Organisation für junge Allgemeinmediziner, die sich zum Beispiel die jungen Neurologen zum Vorbild nehmen könne. Trotz der gelungenen Protestaktion zeigt sich Hormos am Ende unseres Gespräches skeptisch, ob die Neuregelung des praktischen Jahres noch abzuwenden sei. Er sieht die Befürworter leicht im Vorteil und glaubt nicht darin, dass das Bundesgesundheitsministerium gegen eine Änderung der Aufteilung des praktischen Jahres ein Veto einlegen würde.
Doch einen Tag später kam doch alles anders als vermutet. Die eingebrachten Änderungswünsche zum praktischen Jahr wurden vom Bundesrat abgelehnt und dieses bleibt somit in gleicher Form bestehen wie bisher. Somit wird es auch weiterhin die beiden Pflichttertiale in der inneren Medizin und der Chirurgie geben und die freie Wahlmöglichkeit des medizinischen Fachbereichs im dritten Tertial.
Zudem beschloss der Bundesrat einige Änderungen der Approbationsordnung, die künftig den Medizinstudierenden das studentische Leben erleichtern sollen:
Was haltet Ihr von der Entscheidung, die bestehende Struktur des PJs beizubehalten? Was ist Eure Meinung zu den Änderungen der Approbationsordnung? Diskutiert in den Kommentaren!