Im Kampf gegen abgestoßene Transplantate, scheint es Hoffnung zu geben: Stammzellen sollen das Immunsystem austricksen, ohne es zu schwächen. Forscher verpflanzten neben dem Organ auch das Immunsystem.
Eine der größten Herausforderungen für Ärzte sind Transplantationen. Nicht nur, dass es viel zu wenig Spenderorgane gibt und die Operationen mit großen Risiken verbunden ist. Ist fremdes Gewebe einmal in einen Köper verpflanzt worden, versucht dieser sich meist mit aller Kraft gegen das Unbekannte zu wehren. Das Immunsystem versucht, das neue Organ zu zerstören, weil es für ihn eine Gefahr darstellt. Um das zu verhindern, müssen Patienten, denen Gewebe von einem Spender eingesetzt wird, häufig bis ans Ende ihres Lebens Immunsupressiva einnehmen. Die Mittel sollen ihr Immunsystem ruhigstellen und so eine Abstoßung verhindern. Doch die 15 bis 25 täglichen Tabletten haben teils schwere Nebenwirkungen. Es kommt mitunter zu Bluthochdruck, Diabetes, Herzkrankheiten, Infektionen, Krebs oder anderen Beschwerden, die die Gesundheit der Patienten gefährden. Einige Immunsuppressiva schädigen auch das Transplantat, was vor allem nach Nierentransplantationen Probleme bereitet.
Das Organ im Körper akzeptieren
Wissenschaftler rund um den Globus suchen daher nach einer Möglichkeit, beim Empfänger eine Toleranz zu auszulösen, das Immunsystem auch ohne Medikamente dazu zu bringen, das neue Organ im Körper zu akzeptieren. Suzanne Ildstad vom Institute für Cellular Therapeutics an der Universität in Louisville und ihren Kollegen könnte nach vielen Jahren der Forschung genau das nun mit einem Trick gelungen sein. Sie verpflanzten neben dem Organ auch das Immunsystem.
Wie das funktioniert, haben die Forscher nun im Fachblatt Science Translational Medicine beschrieben. Etwa ein Monat vor der Transplantation wurden den Spendern mit einer Apharese des peripheren Blutes Blutstammzellen entnommen und mit Zellmedium verdünnt. Im Labor entfernten die Forscher anschließend auf nicht näher bezeichnete Weise die Zellen, die eine Graft-versus-Host-Reaktion auslösen würden - eine lebensbedrohliche Komplikation, bei der Immunzellen des Spenders Organe des Empfängers angreifen. Diese Behandlung ist einer der wichtigsten Schritte in dieser Arbeit.
Spenderblutzellen mit den manipulierten Zellen
Während die Stammzellen auf den neuen Körper vorbereitet wurden, haben die Ärzte sich um das Immunsystem des Empfängers gekümmert. Einige Wochen vor der Transplantation sollten Bestrahlung und Chemotherapie die Stammzellpopulationen in seinem Knochenmark verringern und so Platz machen für die später eingesetzten Spenderstammzellen. Dann wurde die Niere transplantiert. Verlief alles nach Plan, verabreichten die Ärzte ihren Patienten am nächsten Tag die Spenderblutzellen mit den manipulierten Zellen. So besaßen die Empfänger nicht mehr nur eigene Zellen, sondern auch solche vom Spender.
Nach der Transplantation wurden die Patienten noch kurzzeitig mit Immunsuppressiva behandelt, die jedoch schrittweise reduziert wurden um sie nach einem Jahr ganz abzusetzen. Für die Studie wurden zuerst acht Patienten im Alter zwischen 29 und 56 Jahren nach dieser Methode behandelt. Sie erhielten ein Organ, das sie aufgrund ihrer immunologischen Eigenschaften normalerweise abgestoßen hätten. Doch die neue Methode zeigte Wirkung: Am zweiten Tag nach der Operation konnten die Patienten entlassen werden. Nach zwei Wochen hatte sich das Immunsystem der meisten Patienten so weit erholt, dass es eine schwere Infektion verhindern konnte. Fünf der Patienten entwickelten eine stabile Toleranz, sie konnten alle Immunsuppressiva absetzen. Bei zwei der Patienten wurde das Organ nicht dauerhaft ohne Medikamente akzeptiert, ein Patient entwickelte eine Thrombose in der Nierenarterie.
Weitere Patienten erfolgreich behandelt
Mittlerweile sollen nach Angaben der Autoren sieben weitere Patienten erfolgreich behandelt worden sein. “Die vorläufigen Ergebnisse der Studie sind aufregend und könnten einen großen Einfluss auf alle Organtransplantationen in der Zukunft haben“, sagte Joseph Leventhal, Transplantationschirurg am Northwestern Memorial Hospital in Chicago. Nun werden weitere Studien zeigen müssen, ob sich die Methode bewährt und wie man sie noch sicherer machen kann.
Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) warten 12.000 Menschen in Deutschland auf ein Spenderorgan. Und Anzahl der Spenden ging zuletzt zurück. Wie die DSO berichtet, spendeten im vergangenen Jahr 1200 Menschen nach ihrem Tod Organe, etwa sieben Prozent weniger als im Vorjahr. So konnte rund 300 Menschen weniger mit einem Spenderorgan geholfen werden als zuvor. Um das zu ändern, wird jeder Erwachsene in Deutschland nun regelmäßig per Brief aufgefordert, sich für oder gegen eine Organspende nach dem Tod zu entscheiden. Dabei kann man seine Bereitschaft erklären, eine Spende ablehnen oder nur bestimmte Organe ausschließen. Eine Antwortpflicht gibt es zudem nicht.
Durch die Konfrontation erhoffen sich Ärzte und Politiker, die Spenderzahlen zu erhöhen. Denn fast 70 Prozent der Menschen sind laut Umfragen bereit, nach ihrem Tod Organe oder Gewebe zu spenden. Aber nur weniger als 20 Prozent besitzen einen Spenderausweis, der ihre Bereitschaft dokumentiert.