Bei einer intrauterinen Wachstumsretardierung ist es nach neuen Studien egal, ob die Geburt eingeleitet oder ob abgewartet wird. Ob das Vorgehen jedoch Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes im späteren Leben hat, ist noch nicht geklärt.
Jede Geburtseinleitung hat zum Ziel, ein besseres perinatales Ergebnis für Mutter und Kind zu erreichen, als durch abwartendes Verhalten. Doch wie ist die Datenlage bei intrauteriner Wachstumsretardierung (synonym: Pränatale Dystrophie)? Soll die Geburt besser eingeleitet werden und falls ja, zu welchem Zeitpunkt? Oder soll besser abgewartet werden?
Eine Subanalyse der DIGITAT-Daten (Disproportionate Intrauterine Growth Intervention Trial at Term) zeigte nun, dass der Zeitpunkt einer Einleitung einen entscheidenden Einfluss auf die frühkindliche Morbidität hat. Wurde die Geburt vor der 38. Schwangerschaftswoche eingeleitet, mussten 61% der Kinder auf einer „Intermediate Care Unit“, einer der Intensivstation vorgeschalteten Einheit, oder auf der Intensivstation behandelt oder überwacht werden. Wurde die Geburt nicht eingeleitet, lag der Anteil der Kinder, die intensiver betreut werden mussten, dagegen bei 44%. Nach der 38. Schwangerschaftswoche war der Anteil betreuungsbedürftiger Kinder in beiden Gruppen gleich hoch.
Warum dann nicht immer abwarten?
Wenn das abwartende Verhalten praktisch keinen negativen Einfluss auf das Baby hat, warum wartet man dann nicht einfach so lange wie möglich? Um diese Frage zu beantworten bedarf es weiterer Untersuchungen. Es muss verfolgt werden, wie sich die Kinder aus den beiden Gruppen (Geburtseinleitung vs. abwartendes Verhalten) entwickeln: Denn ob es langfristig ein Vor- oder Nachteil ist, länger in einer Gebärmutter mit schlechter Versorgung zu sein, oder früher außerhalb des Uterus eine gezielte Betreuung zu erfahren, muss sich erst zeigen.
In einer anderen (randomisierten kontrollierten Multicenter-) Studie wurden Schwangeren mit Gestationshypertonie oder milder Präeklampsie untersucht. Eine Geburtseinleitung nach der 37. Schwangerschaftswoche verminderte bei milder Präeklampsie signifikant die mütterliche Gesamtmorbidität im Vergleich zu engmaschig überwachtem abwartenden Verhalten. Dennoch sollte eine Geburtseinleitung nicht ausschließlich auf dem Wunsch der Schwangeren beruhen. Für die Beratung von Schwangeren dürfte allerdings eine andere Untersuchung interessant sein: Zum ersten Mal wurde die mütterliche und neonatale Morbidität bei elektiver Geburtseinleitung, bei medizinisch indizierter Geburtseinleitung, bei primärer Sectio und bei spontanem Wehenbeginn (in Abhängigkeit vom Gestationsalter) miteinander verglichen.
Wie zu erwarten war, verbesserte sich die neonatale Morbidität bis zur 39. Schwangerschaftswoche unabhängig vom geburtshilflichen Vorgehen. Interessant hingegen sind folgende Ergebnisse:
Auch wenn die Studie einige Limitierungen aufweist (retrospektive Auswertung, schwierige Unterscheidung zwischen elektiver und medizinisch indizierter Geburtseinleitung, Vernachlässigung mütterlicher Morbiditäts- und Komplikationskriterien), zeigt sie doch, dass eine spontane Geburt unter gewissen Umständen größere Risiken mit sich bringt, als eine Geburtseinleitung. Obwohl die klassischen Indikationen zur Geburtseinleitung zurückgegangen sind, ist die Häufigkeit von elektiven Geburtseinleitungen in den letzten Jahren stark angestiegen. Vor diesem Hintergrund muss überlegt werden, wie die Beratung der Schwangeren zukünftig auszusehen hat.