Wenn die MRT-Forschung so weitermacht, gerät bald das Erdmagnetfeld aus dem Tritt. Für so genannte Ultrahochfeld-MRT-Geräte werden in experimentellen Settings zunehmend medizinisch interessante Einsatzgebiete gefunden. Der Sprung in die Breite steht aber noch nicht unmittelbar bevor.
Der derzeitige Standard in Sachen MRT in den allermeisten Einrichtungen sind bekanntlich Geräte mit einer Feldstärke von 1,5 Tesla. Das ist nicht wenig: Das Erdmagnetfeld ist um Dimensionen geringer. Und wer einen Tennisball mit Eisenspänen füllt, kann schon bei 1,5 Tesla-Geräten unterhaltsame Effekte provozieren. Für MRT-Maniacs allerdings sind 1,5 Tesla Pillepalle. Krankenhäuser, die etwas auf sich halten, leisten sich heute 3 Tesla-Geräte, die unter anderem bei der Diagnostik von Herzerkrankungen und in der neurologischen Diagnostik gute Dienste leisten. Die Grenzen des Wachstums sind damit freilich noch längst nicht erreicht: Im Rahmen von Studien werden 7 Tesla-Geräte eingesetzt. Und auch Röhren mit 9,4 Tesla machen bereits Bekanntschaft mit echten Patienten. In Tierversuchen überschreiten die MRT-Feldstärken mittlerweile 17 Tesla. Zu viel Natrium ist schlecht für die Sehnen Bei der Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für Radiologie (ECR 2012) in Wien war die Ultrahochfeld-MRT heuer zumindest am Rande ein Thema. Gewissermaßen als Gastgeber agierte dabei Professor Siegfried Trattnig, der in Wien das Exzellenzzentrum für Hochfeld-MRT leitet. Er sieht vielversprechende Einsatzmöglichkeiten für die Power-Magneten in den unterschiedlichsten Bereichen: Gerade bei zwei klassischen MRT-Domänen, der Darstellung des Gehirns und der Darstellung der Gelenke, könne mit Ultrahochfeld-Geräten eine neue Dimension der Detaildarstellung erreicht werden. Soll beispielsweise am Gehirn operiert werden, ist in der präoperativen Bildgebung große Detailtreue von Vorteil, weil es für die Neurochirurgen dann leichter wird, kritische Hirnareale zu schonen. „Bei Multipler Sklerose lassen sich mit Ultrahochfeld-MRT-Geräten ab 7 Tesla erstmals die Venendichte sowie winzige Eisenansammlungen in den Plaques der Patienten messen“, wie Trattnig erläuterte. Das erlaubt unter Umständen zuverlässigere Rückschlüsse über den Verlauf der Erkrankung als die konventionelle MRT-Diagnostik. Noch nicht beim Menschen, aber zumindest im Tierversuch können mit Hilfe sehr hoher Feldstärken sogar die Effekte von Anästhetika live im Gehirn beobachtet werden. Luisa Ciobanu hat kürzlich in der Zeitschrift PLoS One über diese Arbeiten berichtet. Das Anästhetika-Monitoring funktionierte dabei auch bei Konzentrationen, die auf den Sauerstoffgehalt des Blutes noch überhaupt keinen Einfluss hatten. In eigenen Forschungsarbeiten haben sich die Experten des Wiener Exzellenzzentrums in den letzten Monaten mit einer völlig anderen Indikation auseinandergesetzt, nämlich mit der Darstellung der Achillessehne. Hierzu werden nicht Protonen, sondern Natriumionen für die Signalerzeugung verwendet. Das funktioniere erst ab etwa 7 Tesla, so Trattnig. Grundsätzlich lassen sich bei Geräten dieser Größenordnung auch Phosphor- und Kohlenstoffionen darstellen. Bei der Natrium-Variante der MR-Bildgebung wird der Natriumgehalt in der Achillessehne gemessen. Der korreliert mit dem Proteoglykangehalt des Gewebes, und der wiederum lässt Rückschlüsse über den Wassergehalt der Sehne zu. Kurz gesagt gilt ein hoher Natriumgehalt als eher problematisch: Er könnte Sehnenschädigungen in einem sehr frühen Stadium anzeigen und damit vielleicht Menschen identifizieren, die ein besonders hohes Risiko von Achillessehnenabrissen aufweisen. Wie beim Auto: Je dicker die Maschine desto mehr Energie Könnte. Denn von einem Einsatz im Rahmen der klinischen Routinediagnostik sind die Ultrahochfeld-Geräte derzeit noch ein Stück entfernt. Das hat nicht nur finanzielle, sondern auch technische Gründe. Da sind zum einen Probleme mit dem Signal-zu-Rausch-Verhältnis (SVR). Grundsätzlich gilt: Je höher die Feldstärke umso größer das SVR. Das ist zunächst einmal nicht schlecht: Je größer das SVR, desto besser beispielsweise die dreidimensionale Auflösung bei gegebener Untersuchungszeit. Allerdings komme es durch die bei hoher Feldstärke deutlich kürzeren Wellenlängen zu Inhomogenitäten bei der Signalverteilung, so Trattnig. Das beeinträchtigt die Bildqualität stark. Physikalisch hängt das damit zusammen, dass sich die Wellenlängen bei den hohen Feldstärken immer stärker den Dimensionen der abzubildenden Organe annähern. Mit den kürzeren Wellenlängen hängen auch die deutlichen Unterschiede bei der spezifischen Absorptionsrate (SAR) zwischen 1,5 oder 3 Tesla-Geräten einerseits und 7 und mehr Tesla-Geräten andererseits zusammen. Die SAR gibt an, wie viel der zugeführten Energie das jeweils dargestellte Gewebe beziehungsweise der Körper aufnimmt. „Dieselbe Untersuchungssequenz erzeugt bei 3 Tesla, im Vergleich zu einem Gerät mit 1,5 Tesla, viermal so hohe und bei 7 Tesla bereits 22 Mal so hohe SAR-Werte.“ Hier gilt es, die Sequenzen so zu programmieren, dass die Untersuchungszeit kürzer und die Energieaufnahme damit geringer wird. In die Klinik dürften die Ultrahochfeld-Geräte aus diesem Grund auch am ehesten bei hoch spezialisierten Untersuchungen kleiner Körperregionen Einzug halten, etwa der Handwurzelknochen, bei denen die Magnetfeldexposition insgesamt gering ist. Ganzkörperuntersuchungen sieht Trattnig in absehbarer Zukunft noch nicht in der Routine.