Am 11. Mai fällt die endgültige Entscheidung über das PJ der Zukunft. Seit sich einige Bundesländer für ein Pflichttertial Allgemeinmedizin einsetzen, haben sich die Fachverbände verbündet. Aber was sagen eigentlich die Betroffenen dazu? DocCheck hat sich einmal umgehört.
Die Abstimmung des Bundesrates über die Zukunft des Medizinstudiums rückt immer näher (DocCheck berichtete bereits). Kein Wunder, dass es auch auf Seiten der Betroffenen heiß her geht. So hat beispielsweise die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. (bvmd) den Dialog mit rund 20 Verbänden und Fachgesellschaften gesucht und eine Resolution gegen das „Zwangstertial Allgemeinmedizin“ ins Leben gerufen. Dieses Dokument - unterschrieben u.a. von den Jungen Neurologen und der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie e.V. (DGCH) – fasst dabei die wichtigsten Argumente gegen das vorgeschlagene neue Pflichttertial zusammen.
So würden insbesondere kleinere Nischenfächer stark benachteiligt werden und auch den Studierenden wäre mit dem Wahltertial eine wichtige Entscheidungshilfe bei der Festlegung des zukünftigen Weiterbildungsfaches genommen. Darüberhinaus gäbe es zurzeit auch keine ausreichende Zahl an qualifizierten allgemeinmedizinischen Lehrpraxen für alle im PJ befindlichen Medizinstudenten. Klingt aus Sicht der Fachverbände erstmal sehr einleuchtend. Aber was sagen eigentlich die Betroffenen selbst dazu?
Schaden für die Allgemeinmedizin?
Um ein paar Antworten auf diese doch ziemlich relevante Frage zu ergattern, drehte ich zunächst eine Runde in der Mensa der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Als ich einen jungen neurologischen Assistenten fragte, wie er es gefunden hätte, an Stelle seines Wahltertials in der Neurologie ein Pflichttertial in einer allgemeinmedizinischen Praxis zu machen, war die Reaktion ziemlich eindeutig: „Das wäre eine totale Katastrophe. Wenn man Pech hat, muss man morgens auch noch kilometerweit mit dem Fahrrad aufs Land fahren“, antwortete er bei dem Gedanken an drei Monate Landarztpraxis.
„Außerdem hat mir damals das Wahltertial sehr bei meiner Entscheidung für eine Weiterbildungsstelle geholfen“, fügt seine Kollegin hinzu, die erst kürzlich ihr Medizinstudium zu Ende brachte. „Wenn sich dieses Pflichttertial wirklich durchsetzt, würde das der Allgemeinmedizin wohl eher schaden“, ergänzt der junge Assistenzarzt. „Allgemeinmedizin ist einfach nicht jedermanns Sache. Und wenn man eine schlechte Praxis erwischt, wäre das Tertial eher eine Abschreckung“, so seine Argumentation. Angesichts der überschaubaren Anzahl kompetenter Lehrpraxen ein schlüssiges Statement.
Diskriminierung kleiner Fächer
Soweit also zu ehemaligen Studenten, die noch in den Genuss eines Wahltertials im Praktischen Jahr gekommen sind. Und wie erleben die zukünftigen PJ-ler die aktuelle Diskussion? Ich möchte beispielsweise nicht in die Allgemeinmedizin und begrüße die Möglichkeit eines Wahlfaches aus diesem Grund sehr. Immerhin bietet sich damit die Chance, auch kleine Fächer wie beispielsweise Pathologie, HNO oder Urologie einmal näher über einen längeren Zeitraum aus nächster Nähe kennenzulernen.
Kein Wunder, wenn sich die entsprechenden Fachverbände geradezu diskriminiert fühlen. Meine Kommilitonen sahen das auf Nachfrage ganz ähnlich: „Ein Pflichttertial Allgemeinmedizin? Ich weiß doch jetzt schon, dass ich vielleicht Orthopädin werden möchte. Hoffentlich setzt sich dieser Vorschlag nicht durch“, antwortet eine Mitstudentin, die ihr Wahltertial am liebsten in der Orthopädie verbringen würde. Der Grundtenor in allen übrigen Kurzgesprächen auf dem MHH-Campus klang dann ganz ähnlich. Und so konnte ich in meiner kleinen Stichprobe schließlich niemanden finden, der die mittlerweile als „Zwangstertial“ betitelte Änderung im PJ tatsächlich begrüßen würde.
PJ-Quartale als Alternative
Zwischen all jenen kritischen Stimmen finden sich allerdings auch konstruktive Kompromissvorschläge wieder. So fragt sich zum Beispiel der neurologische Assistenzarzt, warum man nicht einfach aus den Tertialen Quartale macht. Schließlich könnte man somit ein Pflichttertial Allgemeinmedizin einführen, ohne gleichzeitig das Wahltertial streichen zu müssen. Meiner Meinung nach eine sehr gute Idee. Mal sehen, wie der Bundesrat entscheidet. Es bleibt spannend!