Nehmen Schmerzpatienten Opioide nicht ordnungsgemäß ein, kann dies zu einer Abhängigkeit führen. Nebenwirkungen können aber auch bei der Verschreibung falscher Dosen auftreten. US-Juristen kritisieren fehlende Warnungen der Industrie.
Im letzten Jahrzehnt ist die Zahl an Opioidverordnungen deutlich in die Höhe geschnellt. Zu diesem Ergebnis kommt Stefano Berterame, Forscher am International Narcotics Control Board des Vienna International Centre. Wenig überraschend haben Nordamerika, manche Länder Europas und Australien mit mehr als 10.000 statistisch erfassten definierten Tagesdosen (DDD) pro Million Einwohner eine Spitzenrolle. Trotz dieser Zahlen bleiben Durchbruchschmerzen ein Problem, berichtet Juan Manuel Núñez Olarte, der an der Palliative Care Unit, Hospital General Universitario Gregorio Marañón in Madrid arbeitet.
Dass Opioide gegen Tumor- und speziell gegen Durchbruchschmerzen helfen, steht für Olarte außer Frage. Trotzdem gibt er Kollegen mehrere Hinweise an die Hand, falls Präparate nicht wirken oder Patienten ungewöhnlich hohe Mengen benötigen. Das hat nämlich nicht immer medizinische Gründe.
Falsche Anwendungen, aber auch die zu laxe Verschreibung bleiben nicht ohne Folgen. Dazu ein aktuelles Beispiel: In Ohio erhielten letztes Jahr 2,3 Millionen Patienten Opiate oder Opioide auf legalem Wege. Richard A. Deyo vom Department of Family Medicine Oregon Health and Science an der University Portland hat mit einer retrospektiven Studie untersucht, welche Personenkreise besonders oft abhängig werden. An der Spitze standen Opioid-naive Patienten unter 45 Jahren. Eine initiale Behandlung mit hoher Morphin-Dosis erwies sich als weiterer Risikofaktor. Besser sei, kurzwirksame Opioide einzusetzen und geringe Mengen zu verschreiben, konstatiert Deyo. Er spricht auch von fehlendem Wissen zu unerwünschten Effekten. Generalstaatsanwalt Mike DeWine kritisiert, pharmazeutische Hersteller würden Nebenwirkungen, wie die Gefahr abhängig zu werden, verschleiern. Er strebt eine Klage gegen Allergan, Endo Health Solutions, Johnson & Johnson, Purdue Pharma und Teva Pharmaceutical Industries an. Ziel sind Schadenersatz-Zahlungen, wobei noch keine konkreten Summen genannt werden. Seine Erfolgsaussichten sind jedoch mager. In erster Linie sind Ärzte und Apotheker gefragt, Patienten bei Pharmakotherapien zu beraten.