Die meisten Studenten von heute sind mit digitalen Technologien wie Computern und Handys aufgewachsenen - sie sind so genannte "Digital Natives". Und werden von den Unis auch als solche behandelt. Zumindest in den USA - hierzulande sind die Entwicklungen eher schleppend.
"In 5 Jahren wird man die besten Vorlesungen der Welt kostenlos im Internet finden. Es wird besser als jede einzelne Universität.", prophezeite Bill Gates auf der Techonomy Konferenz, Kalifornien, im Sommer 2010.
Anfang Februar dieses Jahres hat die University of Missouri die Einführung von 120 neuen Online-Kursen und acht Online-Abschlüssen bekannt gegeben. E-Learning scheint plötzlich ganz neue Dimensionen anzunehmen. War es früher Aushängeschild von US-Elite-Unis, so könnte es unter Umständen diese bald ersetzen.
E-Learning wird historisch in zwei Kategorien unterteilt: Fernstudium und computerunterstütztes Unterrichten. Beim Fernstudium werden weit entfernten Studenten Anweisungen mittels Informationstechnologie übermittelt. Computerunterstütztes Unterrichten nutzt Computertechnologie zum multimedialen Lernen als Erweiterung zum üblichen Lehr-Angebot von Unis. Erst durch das Internet verschmelzen diese zwei Methoden miteinander. Zum E-Learning können vor allem Übungen, Fall-basiertes Lernen, Simulationen und Spiel-basierte Übungen genutzt werden.
E-Learning auf dem Prüfstand
Trotzdem bleibt die Ungewissheit, ob diese Entwicklung überhaupt gut ist. Eine Antwort versuchen zahlreiche Studien mit zum Teil überraschenden Ergebnissen zu liefern:
Podcasts sollten laut der Forschungsgruppe um O. Meade, 2011, häufiger eingesetzt werden, da in ihrer Studie gezeigt wurde, dass Studenten hierdurch besser lernen und vor allem auch besser verstehen können. B. Schreiber ging im Jahr 2010 noch weiter und zeigte eindrucksvoll an 100 Studenten am Imperial College London, dass es keinen signifikanten Unterschied zwischen einer Live-Vorlesung und einem Video-Podcast gibt. Er kontrollierte dies mit einer MC-Prüfung. Trotzdem empfanden viele Studenten die Live-Vorlesung als angenehmer. Weiterhin nutzen viele Medizinstudenten laut M. Bicket gerne die Möglichkeit innerhalb interaktiver Lernumgebungen anderen, jüngeren Studenten zu helfen. Die Vernetzung der Studenten auf einer gemeinsamen, universitären Plattform kann daher Vorteile bieten. Besonders hervorzuheben sind auch die Ergebnisse von A. Phadtare, die in Zusammenarbeit mit der University of Pennsylvania und der Duke University publiziert wurden. Dabei zeigte sich, dass online Anweisungen signifikant besser für die Qualität und die Zufriedenheit der Studenten sind, als persönliche Anweisungen.
iTunes U - die Zukunft?
Die Zukunft des Lernens scheint sich revolutionär zu ändern und schon beginnen große Firmen diesen Markt zu erkämpfen. Am meisten angetan sind die US-Unis von der Vision Apples. Präsentiert wurde diese am 19.01.2012 beim Education Event in New York: Vorlesungen, Vorlesungsfolien, Übungen, Kurse, Seminarmitschnitte, Podcasts, interaktive Bücher - also einfach alles, was digital ist und wichtig sein könnte, findet sich in "iTunes U" (das U steht für University). Jede Universität erhält ihren eigenen, kostenlosen Account, in den sie Videos, Audio und Dokumente hochladen und dann entweder der Öffentlichkeit oder nur den in Kursen eingeschriebenen Studenten zugänglich machen kann. iTunes U entstand aus einer Kooperation mit der Stanford University beginnend im Jahr 2004. Heute stehen über 500.000 kostenlose Vorlesungen, Videos und Bücher von vor allem US-Unis zur Verfügung. Zugänglich ist das Angebot über PC, Mac, iPhone und iPad. Obwohl es kostenlos ist, bleibt der negative Beigeschmack, dass sich so viele Universitäten an einen Konzern binden.
Blick nach Deutschland
Deutschland scheint dagegen ruhig und verspielt. Hier prahlen die medizinischen Fakultäten noch damit, wenn Vorlesungsfolien den Studenten online zugänglich gemacht werden. Jedoch, bevor man nun beginnt, sehnsüchtig über den großen Teich zu schauen, findet man auch in Deutschland ein paar Universitäten, die mit den Zeichen der Zeit gehen: Kathrin Bilgeri von der LMU München versichert, dass "seit Längerem mithilfe der neuen Medien innovative Formen der Wissensvermittlung in Ergänzung zum grundlegenden Lehrangebot“ erprobt werden. So werden dort seit Jahren Lehrfilme und Podcasts zum so genannten "blended learning" eingesetzt, das laut Thomas Brendel (ebenfalls von der LMU München) "die online zur Verfügung stehenden Lernmaterialien und die Präsenzlehrveranstaltungen gegenseitig ergänzt, um so die Stärken der unterschiedlichen Lehr- und Lernmethoden optimal zu nutzen." iTunes U spielt dabei seit 2009 ebenfalls eine Rolle. Auch die RWTH Aachen setzt iTunes U ein. Prof. Dr. Borchers beobachtet die Entwicklungen in den USA schon lange und sorgte dafür, dass die RWTH Aachen beim europäischen iTunes U-Start mit dabei war. Ziel ist es nun, noch mehr Vorlesungen und zukünftig auch interaktive Skripte (über iBooks) den Studenten zur Verfügung zu stellen
E-Learning scheint die Art des Lernens und Lehrens in den USA grundlegend zu ändern. Folgt Deutschland diesem Beispiel?
Diese Unis findet Ihr mit Medizin-Angeboten in iTunes U: