Demenz schreitet früher oder später fort. Zeitgewinn verspricht das nichtmedikamentöse Aktivierungsprogramm MAKS, das nach einem Jahr besser abschneidet als Medikamente.
Demenz ist eine Volkskrankheit. Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung schätzt im Demenz-Report vom Februar 2011, dass hierzulande bereits 1,3 Mio. Menschen betroffen sind. Experten rechnen bis zum Jahr 2050 mit einer annähernden Verdopplung der Erkrankungszahlen. Denn Europa schrumpft und altert, es fehlt an allem: Wer soll nötige Leistungen zahlen, wer soll die Demenzkranken versorgen? Die Prognose ist düster, dabei das Angebot an Therapien bei Demenz groß: Medikamente, kognitives Training, Musiktherapie, biografische Ansätze, sensorische Stimulation. Doch die meisten Behandlungen weisen nur einen sehr begrenzten Erfolg auf, insbesondere als Monotherapie.
Im Angesicht der Unheilbarkeit von Demenzen ist jede Behandlung willkommen, die den geistigen Verfall hinauszögert und Betroffene länger im Alltag bestehen lässt. Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen untersuchten nun ein spezielles Behandlungsprogramm bei Demenzpatienten, das sich anderen medikamentösen Behandlungsansätzen als überlegen erweist. „MAKS-aktiv“ ist seit 2008 eines von insgesamt 29 Leuchtturmprojekten 'Demenz' des Bundesgesundheitsministeriums.
Mit MAKS mindestens ein Jahr Gewinn
MAKS ist eine gruppentherapeutische multimodale Aktivierungstherapie, die aus motorischer Stimulation (M), Alltagsaktivitäten (A), kognitiver Stimulation (K) und spiritueller Stimulation (S) besteht. Die einzelnen Behandlungsbestandteile sind bekannt, doch die Kombination ist speziell auf Demenzpatienten in Pflegeeinrichtungen ausgerichtet.
Insgesamt 98 Patienten mit primär degenerativer Demenz aus fünf Pflegeinrichtungen in Bayern erhielten in der randomisierten kontrollierten Studie, die in der Fachzeitschrift BMC Medicine veröffentlicht wurde, das MAKS-Programm oder eine gewöhnliche Therapie. Die MAKS-Behandlung bestand in sechsmal wöchentlichen Gruppeninterventionen zu je zwei Stunden. In jeder Gruppe befanden sich zehn Teilnehmer. Patienten mit MAKS-Intervention konnten zusätzlich Medikamente oder andere Behandlungen erhalten, wenn die jeweilige betreuende Einrichtung dies verordnete.
Eingangs und zwölf Monate nach der Behandlung wurden kognitive Veränderungen mit der Alzheimer Disease Assessment Scale (ADAS-kog) gemessen, Fähigkeit des Ausführens von Alltagsaktivitäten mit dem Erlangen Test of Activities of Daily Living (E-ADL-Test). Nach einem Jahr waren die Gehirnleistung und Alltagsfähigkeiten von Patienten der MAKS-Gruppen stabil und unverändert, während Patienten der Kontrollgruppe abgebaut hatten. Besonders Patienten mit milder bis moderater Demenz profitierten von MAKS. Unklar ist, ob und wie lange dieser Effekt nach dem Ende der Therapie anhält.
MAKS ist ohne Nebenwirkungen
Entwickelt wurde die standardisierte Aktivierungstherapie von Psychologen und Soziologen der Psychiatrischen und Psychotherapeutischen Klinik der Universität Erlangen. Neben klassischen Trainingsaufgaben zum Erhalt der Kognition sind Aktivitäten bedeutsam, die an bisherige Lebenserfahrungen der Patienten anknüpfen. Handwerkliches Geschick, Gymnastik und Sitztanz haben ebenso große Bedeutung wie Computertraining und Spiritualität. Neben den kognitiven und Alltagsfähigkeiten zeigten sich offenbar auch Verbesserungen der Stimmung und des Verhaltens.
Medikamente können das Fortschreiten der Demenz um durchschnittlich sechs Monate verzögern. Dabei sind Nebenwirkungen meist dosisabhängig in Kauf zu nehmen. Ob die Kombination aus Medikamenten und MAKS-aktiv einen potenzierten Nutzen hat, sollte Gegenstand weiterer Forschungsarbeiten sein. Auch die Anwendbarkeit und Wirksamkeit von MAKS im ambulanten Bereich ist von großem Interesse.