Sechs Jahre kann man sich in der breiten Masse der Kommilitonen verstecken. Dann ist man plötzlich auf sich allein gestellt und muss über das Schicksal seiner Patienten entscheiden. Wir stellen Konzepte vor, die dann noch einmal unter die Arme greifen.
Der Einstieg in das Berufsleben macht zurecht Angst. Der Übergang vom passiven Studium zum aktiv handelnden Arzt ist für viele kein leichter. Auf dem Papier ist man vollwertiger Arzt und muss sich nicht mehr nach den therapeutischen Anweisungen von Vorgesetzten richten, dafür aber auch das erste Mal im Leben die Verantwortung übernehmen. Geht das nicht auch anders?
Einführungswochen und strukturiertes Einarbeitungskonzept
In den MediClin-Kliniken, welche sich in ganz Deutschland wiederfinden, beginnt das Wohlfühlprogramm schon vor dem Berufsstart: Jedem Interessenten wird eine Hospitation angeboten - mit Übernahme von Reisekosten, Unterkunft und Verpflegung. So kann man schon einmal die Kollegen, aber auch die Umgebung kennenlernen. Ein entspannter Übergang in den Klinikalltag.
In einem einwöchigen Seminar wird vermittelt, was an der Universität nicht gelehrt werden kann: interkulturelle Kompetenz, das deutsche Gesundheitswesen/SGB, Arzt-Patienten-Kommunikation, Rehabilitation, Therapieverfahren angepasst an die Station, Qualitätsmanagement, Arztbriefschreibung, DRG und Codierung und vor allem auch EDV-Basics und KIS (Krankenhausinformationssystem). Endlich können praxisnah relevante Voraussetzungen für den Klinikarzt gelernt werden, ohne dass man die ersten Wochen immer wieder nachfragen muss, wie noch einmal ein Röntgen-Thorax im KIS angefordert wird.
Es folgt das strukturierte Einarbeitungskonzept: Dank Einarbeitungspaten, Einarbeitungschecklisten und jährlicher Mitarbeitergespräche wird der Einstieg in den Klinikalltag zum Kinderspiel.
„Wir haben gemacht, was gemacht werden muss.“
Auch andere Kliniken haben die Zeichen der Zeit erkannt. Seit 2009 ist im Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der HELIOS Klinik Wuppertal ein Einarbeitungskonzept eingeführt. Die Initiative hat dabei Klinikdirektor Prof. Dr. Wirth, seit kurzem auch Dekan der Fakultät für Gesundheit an der Universität Witten/Herdecke, persönlich ergriffen. Den ankommenden Arzt mit Respekt zu behandeln und ihm die Möglichkeit zur richtigen Einarbeitung zu geben, gehört laut Prof. Wirth „zum Anstand“, außerdem, fügt er hinzu „wird die Leistungsfähigkeit besser“. In Wuppertal bekommt der Ankömmling zuerst ein Willkommenspaket von der Verwaltung mit Namensschild, Zugangscodes, Informationsbroschüren und kleinen Extras, wie einer Tasche oder einem Notizblock. Danach geht es direkt auf Station weiter: Auch hier gibt es ein 18-seitiges Informationsheft mit allem, was man braucht: Telefonnummern von Ansprechpartner, Stationen in der Klinik, Besprechungszeiten, Dienstzeiten und vielem mehr.
Das Konzept mit Betreuungspaten schein en vogue zu sein, denn auch im HELIOS-Klinikum hat man für die ersten sechs Monate einen vertrauensvollen Partner an der Seite. Alleingelassen wird man nicht, zumindest die ersten sechs Wochen, nach drei Monaten hat man dann (endlich) seinen ersten Dienst. Dank vieler Hilfen „findet man sich schnell gut zurecht“, so Prof. Wirth, dies wird auch immer wieder in den nach drei und sechs Monaten folgenden Mitarbeitergesprächen bestätigt.
Der Einstieg in die Klinik ist ohne Zweifel leichter und angenehmer geworden. Viele Kliniken haben ähnliche Konzepte und freuen sich darauf, den frischen Arzt in die neue Welt einzuführen. Ganz ohne Eigenengagement geht es dann aber doch nicht: Jeder sollte eigenständig die Chance wahrnehmen, seine gewünschte Facharztrichtung kennenzulernen und viele neue Dinge - oft auch außerhalb der Dienstzeit - zu lernen.