Unter einer chronischen Entzündung der Nasennebenhöhlen leiden etwa 15 Prozent der Bevölkerung der westlichen Industrieländer. Hinter Beschwerden wie verstopfte Nase, Kopfschmerzen und Fieber verbirgt sich häufig eine Sinusitis.
Die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie hat 2011 die S2k-Leitlinie Sinusitis verabschiedet. Ziel ist „die Förderung einer qualitativ hochwertigen fachärztlichen Versorgung von erwachsenen Patientinnen und Patienten mit entzündlichen Erkrankungen im Bereich der Nasennebenhöhlen“. Die Leitlinie differenziert zwischen der akuten und chronischen Rhinosinusitis.
Bei der chronischen Sinusitis schwellen die oberen Schleimhautschichten infolge der Entzündung an. Die Ausführungsgänge der Nebenhöhlen verengen sich. Dies führt zu einer mangelhaften Belüftung und Drainage, die Folge ist ein Sekretstau. Entzündetes Gewebe ist saures Gewebe. Durch dieses saure Milieu kann die Selbstreinigungstätigkeit der Schleimhäute nicht mehr richtig funktionieren. Die Schleimhautflora verändert sich. Es entwickeln sich immer mehr krankhafte Keime, die schließlich die Schleimhäute weiter anschwellen lassen und zu einem kompletten Verschluss der Ausführungsgänge führt.
Therapie im Wandel der Zeit
Die Therapie hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Eine wichtige Säule der Therapie war bisher die Gabe von Antibiotika. Es lag nahe, eine durch Bakterien verursachte Entzündung mit bakterientötenden Arzneimitteln zu behandeln. Neue Erkenntnisse belegen jedoch, dass lange Zeit die „falschen Täter“ gejagt worden sind: für die Entzündung sind häufig nicht Bakterien, sondern Viren die Hauptverantwortlichen.
Eine Sinusitis sollte ganzheitlich und nicht als isolierte Erkrankung betrachtet werden. So leiden 25-30 % der Allergiker, 43 % der Asthmatiker, 37 % der Organtransplantierten und 54-68 % der AIDS-Patienten an einer mehr oder weniger ausgeprägten chronischen Sinusitis. Anamnestisch geben Patienten häufig auch Darmbeschwerden an. Für die Behandlung von Nasennebenhöhlenentzündungen und Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn werden fast dieselben homöopathischen Arzneien angewendet.
Cortison statt Antibiotika
Die europäischen Leitlinien schieben Antibiotika in die hinterste Ecke. Therapieziel bleibt dennoch auch weiterhin, die Entzündung einzudämmen und den Sekretstau zu beseitigen. Nur die Waffen haben sich geändert. Es ist die Entzündung, die dem Patienten Beschwerden bereitet und weniger die Infektion. Die Therapie mit einem Kortison-Nasenspray ist den bisherigen Therapien deutlich überlegen. Der Wirkstoff Mometason ist wirksamer und verträglicher als eine Antibiotikatherapie mit Amoxicillin. Lediglich bei hohem Fieber und starken einseitigen Kiefer- oder Stirnhöhlenschmerzen und Zeichen einer Augen- und Hirnbeteiligung ist der Einsatz von Antibiotika gerechtfertigt. Selbst bei längeren Beschwerden einer „normalen“ Sinusitis sind Antibiotika nicht notwendig. Die Zurückhaltung mit Antibiotika ist das sicherste Mittel, einer Resistenzentwicklung von Bakterien vorzubeugen. Wenn doch ein Antibiotikum verordnet wird, dann muss dies ausreichend lange und hoch dosiert verabreicht werden. Keinesfalls sollte der Patient auf eigene Faust das Mittel absetzen. Die Gabe von Mometason-Nasenspray kann die Anwendung von Antibiotika unterstützen. Selbst bei einer 10fachen Überdosierung wandert der Wirkstoff nicht von der Nasenschleimhaut ins Blut. Die Befürchtung, den Körper mit Kortison zu belasten und die typischen Nebenwirkungen zu bekommen, ist demnach unbegründet.
Die Autoren der S2k-Leitlinie Sinusitis sind sich einig: obwohl mehr als 2.000 Studien über die antibiotische Therapie der akuten Rhinosinusitis veröffentlicht sind, erfüllten nur ca. 57 Studien die im Rahmen einer Analyse durch das Cochrane-Board festgelegten Kriterien der Placebo-Kontrolle, Randomisierung, statistischen Auswertung, ausreichenden Fallzahl (>30 Teilnehmer) und der Beschreibung klinischer Verbesserungs- oder Erfolgsquoten.
Indikationen zur Antibiotikatherapie bei akuter Rhinosinusitis nur bei:
Bei chronischer Rhinosinusitis Antibiotika in Kombination
Eine längerfristige antibiotische Therapie der chronischen Rhinosinusitis kann in Kombination mit Steroiden als Alternative zur chirurgischen Therapie erwogen werden, so die Leitlinien. Es wird angenommen, dass für die akute Exazerbation der chronischen Rhinosinusitis ein ähnliches Keimspektrum wie bei der akuten Rhinosinusitis verantwortlich ist. Die Therapie der akuten Exazerbation der chronischen Rhinosinusitis richtet sich daher nach den Empfehlungen für die Therapie der akuten Rhinosinusitis. Mittel der Wahl ist Aminopenicillin plus ein beta-Lactamase-Inhibitor.
Abschwellende Nasentropfen lindern ohne zu verkürzen
Nasentropfen mit Wirkstoffen wie Naphazolin, Xylometazolin und anderen Substanzen erleichtern deutlich die Nasenatmung des Patienten. Bei der Behandlung einer Sinusitis kommt es darauf an, die Nasenschleimhaut, insbesondere den Verbindungsgang vom Nasen- zum Rachenraum (Choanen) abschwellen zu lassen. Das Sekret soll abfließen und der Überdruck beseitigt werden. Insgesamt besteht jedoch kein Nachweis ihrer Wirksamkeit im Sinne einer Krankheitsverkürzung oder einer Reduzierung der Nasennebenhöhlensymptome bei akuter oder chronischer Sinusitis. Diese Ansicht vertritt die Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie, Sektion HNO, in ihren aktuellen Leitlinien. Wenn abschwellende Präparate eingesetzt werden, dann sollten Dosiersprays anstatt Tropfen verwendet werden. Ganz wichtig ist, dass die Zubereitungen frei von Konservierungsmitteln wie Benzalkoniumchlorid sind. Dieses trocknet die Schleimhäute zusätzlich aus und schädigt bereits nach kurzer Zeit das Flimmerepithel.
Schleimlöser: Pflanze schlägt Chemie
Schleimlösende Mittel, sog. Expektorantien, wie Ambroxol, Bromhexin und Acetylcystein haben eine festen Stellenwert bei der Therapie der Sinusitis. Doch auch für diese chemisch definierten Substanzen fehlt ein Nachweis, dass die Krankheitsdauer und –heftigkeit bei einer Stirnhöhlenentzündung verkürzt wird. Dies geht ebenfalls aus den Leitlinien hervor. Erstaunlich und bemerkenswert ist die Tatsache, dass diese neutralen und kritischen Empfehlungen einem pflanzlichen Mischpräparat mit 5 Bestandteilen eine Wirksamkeit zuerkennen.
Nicht alle pflanzlichen Mittel sind jedoch den chemischen überlegen. "Bei der chronischen Sinusitis ist die Studienlage nicht ausreichend. Für zahlreiche Phytotherapeutika wird aus offenen Studien oder anekdotisch ebenfalls von positiven Wirkungen bei der Sinusitis berichtet, ohne dass jedoch ein Nachweis nach wissenschaftlichen Maßstäben erbracht wurde. Erkenntnisse zu dem/den eigentlichen Wirkstoff/en oder zur Dosis-Wirkungsbeziehung liegen nicht vor“ so die o.g. Fachgesellschaft in den Leitlinien zur Therapie der Sinusitis.
Myrtol – wirksam und verträglich
In der Behandlung der akuten und chronischen Bronchitis, aber auch der Sinusitis bewährt hat sich das ätherische Öl Myrtol. Das Muko-Sekretolytikum enthält diesen pflanzlichen Wirkstoff, der das Krankheitsgeschehen auf vielerlei Weise günstig beeinflußt. Myrtol regt nicht nur die Zilientätigkeit der Bronchialschleimhaut an, es wirkt auch sekretolytisch und -motorisch. Ferner lassen sich antimikrobielle, antioxidative, immunmodulierende sowie antiphlogistische, schleimhaut-abschwellende Effekte nachweisen. Wie sich diese Eigenschaften in der Praxis auswirken, zeigte eine Multizenterstudie von J. Pellar et. al.
Das Hauptinteresse während der 14tägigen ambulanten Behandlung mit 676 Patienten galt der Wirksamkeit und Verträglichkeit des pflanzlichen Muko-Sekretolytikums. Verglichen wurden 4× 300 mg Myrtol standardisiert gegen ein modernes Cephalosporin, ein Acetylcystein-Präparat und Placebo. Eindrucksvoll fiel der Vergleich der Abbruch-Raten aus, wenn sich die Symptome der akuten Bronchitis nach 7 und nach 14 Therapietagen nicht gebessert hatten. Die Antibiotika-Therapie beendeten etwa ebenso viele Patienten vorzeitig wie die Behandlung mit dem pflanzlichen Präparat. Unter Placebo betrug die Zahl der Studienabbrecher das Dreifache. Im Vergleich weiterer Kriterien hielten sich die positiven Ergebnisse in der Myrtol- und der Cephalosporin-Gruppe ebenfalls die Waage. Das galt nach Aussage von Pellar für die pathologischen Auskultations-Befunde ebenso wie für die Hyperreagibilität des Bronchialsystems, das Ausbleiben von Hustenattacken bei Tag und bei Nacht und für das subjektive Wohlbefinden der Patienten. Bei allen Kriterien war die Überlegenheit gegenüber Placebo eindeutig. Magensaftresistente Myrtol-Präparate müssen mindestens eine Stunde vor den Mahlzeiten eingenommen werden, um optimale Wirksamkeit und Verträglichkeit zu erzielen.
Statement der aktuellen Leitlinie: „Durch den Nachweis der Wirksamkeit von Myrtol standardisiert bei der akuten, nicht komplizierten Rhinosinusitis konnte in gewissen Fällen auf die Behandlung mit Antibiotika verzichtet werden. Es bestehen daher Hinweise für symptomlindernde und kurative Wirkungen von Myrtol und Cineol, bei akuter, nicht bakterielle Rhinosinusitis.
Bromelain – boostet Antibiotika
Schon seit längerem ist bekannt, dass Bromelain nach oraler Gabe die Gewebspermeabilität von Antibiotika (Penicilline, Tetracyline) erhöht. Dies steigert die Resorption und führt bei subkutaner oder intramuskulärer Applikation der Antibiotika zu einer Verbesserung der Diffusion. Es lassen sich höhere Serum- und Gewebespiegel erzielen und die Nebenwirkungen einschränken. Ryan et al. fand in einer randomisierten, doppeltblinden, klinischen Studie zur Behandlung von akuter Sinusitis, dass 83% der Patienten, die Bromelain erhalten hatten, eine komplette Heilung einer Nasenschleimhautentzündung gegen 52% der Placebo-Gruppe zeigten.
Meerrettich und Kresse als starkes Duo
Ein Kombinationspräparat aus Kapuzinerkresse und Meerrettich wird seit Jahren mit Erfolg zur unterstützenden Therapie bei Infektionen der Harn- und Atemwege angewendet. Wirksame Bestandteile sind Senföle (Isothiocyanate), die in vitro eine breite antibakterielle Wirkung gegen grampositive und gramnegative Bakterien aufweisen. Die Kombination aus Kapuzinerkressenkraut und Meerrettichwurzel wirkt bei Atemwegs- und Harnwegsinfektionen vergleichbar gut wie Antibiotika und hat dabei weniger Nebenwirkungen. Dies belegt eine Anwendungsbeobachtung von 1.654 Patienten, die entweder an einer akuten Sinusitis, Bronchitis oder Blasenentzündung litten. In der Prüfgruppe traten lediglich bei 7 von 412 Patienten im Indikationsgebiet akute Sinusitis-Nebenwirkungen auf, während unter Antibiose 6 von 122 Patienten über Nebenwirkungen berichteten.
Nasenspülungen – hyper besser als hypo
"Täglich ein- oder mehrmalige Nasenspülungen mit Kochsalz oder Emser Salz helfen, fest sitzenden Schleim zu lockern. Zudem sind sie eine preiswerte und effektive Prophylaxemethode. Die Lösung sollte nicht hypoton sein. Für eine reinigende Spülung sollten isotone Salzkonzentrationen verwendet werden. Ist hingegen eine Reizwirkung und eine Rhinorrhoe gefragt, fertigt man eine hypertone Lösung an (ca. 3% Kochsalz). Die Nasenschleimhaut toleriert derartige hypertone Abweichungen mit Brennen und Schmerz. Hypertone Lösungen werden besser toleriert, wenn sie zusätzlich alkalisiert werden. Hierzu eignet sich Natriumhydrogencarbonat (eine Messerspitze auf 250 ml Lösung)."