16,7 Milliarden Euro – so hoch sind die Finanzreserven der Gesetzlichen Krankenkassen insgesamt. Dennoch halten sie an Zusatzbeiträgen fest. Freiwillige Leistungen sollen Mitglieder hingegen locken. Laut Umfragen wünschen sich Versicherte außerdem mehr Mitspracherecht.
Wie das Bundesgesundheitsministerium berichtet, erwirtschafteten GKVen im letzten Quartal 612 Millionen Überschuss. Damit häufen sich insgesamt 16,7 Milliarden Euro Finanzreserven an. Allgemeine Ortskrankenkassen (AOKen) verzeichnen ein Plus von 361 Millionen Euro. Ersatzkassen freuen sich über 155 Millionen Euro auf der hohen Kante. Bei Betriebskrankenkassen (BKKen) sind es 27 Millionen Euro. Innungskrankenkassen (IKKen) haben Reserven von 17 Millionen Euro und bei der Knappschaft-Bahn-See sind es 58 Millionen Euro. Lediglich die Landwirtschaftliche Krankenversicherung ist mit sechs Millionen Euro in den Miesen. Der Gesundheitsfonds kam Ende 2016 auf eine Liquiditätsreserve von 9,1 Milliarden Euro.
Mathematiker geben in der Statistik 3,9 Prozent als absoluten Ausgabenzuwachs für das erste Quartal 2017 an. Die Kosten verteilen sich je nach Bereich sehr unterschiedlich. Arzneimittel schlugen mit absolut plus 3,8 Prozent zu Buche. Gemessen am Vergleichszeitraum 2016 wurden Krankenkassen bei innovativen Arzneimitteln zur Behandlung von Hepatitis C stark entlastet. Insgesamt stiegen Rabatterlöse um rund 14 Prozent auf knapp 950 Millionen Euro. Mit rund 5,0 Prozent fiel der Zuwachs bei vertragsärztlichen Vergütungen hingegen deutlich höher aus. Das liegt nicht nur an den unbegründet niedrigen Ausgaben der letzten Jahre. Ein erheblicher Teil ist auf Ausgaben im Bereich der psychotherapeutischen Versorgung zurückzuführen, die absolut um rund 13 Prozent gestiegen sind. Zahnärztliche Leistungen (absolut plus 3,2 Prozent) hatten sich ebenfalls erhöht. Stationäre Behandlungen schlugen mit einem Mehraufwand von absolut 3,3 Prozent zu Buche. Dies führen BMG-Experten vor allem auf nicht vollständig umgesetzte Maßnahmen beim Krankenhausstrukturgesetz zurück. Deutlich überproportionale Zuwächse beim Krankengeld (7,4 Prozent) lassen sich mit niedrigen Werten im Vergleichszeitraum erklären. Demgegenüber wiesen Heilmittel (plus 4,6 Prozent) und Hilfsmittel (plus 1,4 Prozent), im Vergleich zu früheren Zeiträumen, unerwartet niedrigere Zuwächse auf. Das BMG erwartet jedoch höhere Kosten nach Inkrafttreten des Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes ab dem zweiten Quartal. Bei der häuslichen Krankenpflege fällt nach vielen Jahren mit zweistelligen Zuwachsraten erstmals ein moderaterer Anstieg von 5,0 Prozent auf. Anders sieht die Sachlage bei Präventionsleistungen aus. In diesem Bereich verzeichneten Krankenkassen einen absoluten Zuwachs von rund 16 Prozent. Aufgrund von neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen kam es bei der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (36 Prozent) und bei Zuschüssen für ambulante und stationäre Hospize (20 Prozent) ebenfalls zu deutlichen Zuwächsen.
Angesichts dieser Entwicklung resümiert Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU): „Die gesetzliche Krankenversicherung steht auch weiterhin gut da.“ Trotzdem geben GKVen Vorteile nicht über die Senkungen von Zusatzbeiträgen weiter. Sollten sie später zurückrudern, wäre dies mit einem Sonderkündigungsrecht für Versicherte verbunden. Vielmehr wird versucht, über freiwillige Leistungen Patienten bei Laune zu halten. Bekannteste Beispiele sind OTCs oder Homöopathie. Eine aktuelle Umfrage des IMWF Institutes für Management- und Wirtschaftsforschung zeigt, dass sich gesetzlich Versicherte mehr Wahlfreiheit bei Medizinprodukten wünschen. Rund 97 Prozent aller Befragten würden gerne selbst entscheiden, welcher Stützstrumpf oder welches Hörgerät zum Einsatz kommt. 83 Prozent würden sogar ihre Krankenkasse wechseln, falls sie bei einer anderen gesetzlichen Versicherung ohne Zuzahlung frei zwischen Medizinprodukten mehrerer Hersteller wählen könnten. Es bleibt abzuwarten, wie lange es dauert, bis es hier ebenfalls freiwillige Leistungen gibt.