Wischen, Tippen, Zoomen – das bleibt bei intensiven Nutzern von Smartphones nicht ohne Folgen. Röntgenologen sehen typische Bewegungsmuster als Risikofaktor für das Karpaltunnelsyndrom oder Tendopathien. Es ist Zeit, mal wieder abzuschalten.
„Unsere bisherigen Arbeiten haben gezeigt, dass von 500 Studenten mit intensiver Nutzung ihres Smartphones 54 Prozent muskuloskelettale Beschwerden hatten“, berichtet Peter White vom Department of Health Technology and Informatics an der Hong Kong Polytechnic University. „Bei seltener Anwendung waren es immerhin noch zwölf Prozent.“ Aufgrund dieser Befunde hat er 48 Personen mit Schmerzen in den Händen näher untersucht.
Bei häufigen Smartphone-Usern zeigten sich Effekte auf den Nervus medianus im Karpaltunnel und auf das Retinaculum flexorum. Probanden berichteten von Taubheitsgefühlen, Kribbeln und Schmerzen in der Hand. Daraufhin folgten weitere Untersuchungen. Beim Karpalkompressionstest übt der Arzt 30 Sekunden lang Druck auf die Stelle über dem Karpaltunnel aus. Treten Schmerzen oder Parästhesien im Mittel- und Zeigefinger auf, ist das Ergebnis positiv. Ähnliche Bedeutung hat der Phalen-Test. Dabei führt der Untersuchende eine maximale Beugebewegung des Handgelenks aus. Kommt es aufgrund der Kompression des Nervus medianus zu Parästhesien, ist auch hier das Ergebnis positiv. Zusätzlich setzte White auf Sonografien. Sein Resultat: „Wer elektronische Geräte übermäßig anwendet, hat ein höheres Risiko, am Karpaltunnelsyndrom zu erkranken.“ Dies sei vor allem bei Kindern und Jugendlichen der Fall. Er rät, wenig überraschend, Pausen einzulegen. Weitere Studien mit größeren Teilnehmerzahlen seien jedoch noch notwendig.
Trotz dieser Einschränkungen zweifeln Forscher schon lange nicht mehr an gesundheitlichen Folgen durch den intensiven Gebrauch mobiler Endgeräte. Ende 2016 veröffentlichte Patricia Tegtmeier von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin eine Review zu physischer Beanspruchung bei der Nutzung von Smart Mobile Devices. Tegtmeier wertete dabei 41 Veröffentlichungen aus. „Anhand der Studienergebnisse lassen sich insbesondere für den Nacken sowie die Daumen erhöhte Risiken physischer Beanspruchung durch länger andauernde Verwendung feststellen“, fasst die Autorin zusammen. Sie kritisiert auch, dass der Versuch Reflexionen auf dem Display durch den Körper abzuschatten, noch stärker zu einer ungünstigen Körperhaltung beitragen würde. Wer häufig Textnachrichten verfasst, riskiert aufgrund der wiederholten schnellen Bewegungsmuster Tendopathien. Tegtmeier begnügt sich nicht mit Hinweisen zur kürzeren Nutzungsdauer. Weitere Verbesserungen verspricht sie sich von reflektionsarmen Displays und speziell bei Tablet-Computern von externen Tastaturen.
Dass einseitige Bewegungen dem Körper schaden, ist nicht neu. Ärzte kennen aus früheren Zeiten das Problem: Einseitige und häufig ausgeführte Bewegungen, wie das Nutzen der Maus, führen zum Repetitive-Strain-Injury-Syndrom. Dies führt zu unspezifischen Beschwerden im Bereich des Nackens, der Schulter, der Hand und des Arms. Im Vergleich zum Karpaltunnelsyndrom oder zur Sehnenscheidenentzündung finden Kollegen bei Patienten mit RSI-Syndrom meist keine Veränderungen der anatomischen Strukturen.