Mehrere Millionen krankenhausassoziierte Infektionen hat Europa jährlich zu beklagen. Immer mehr Keime entwickeln Antibiotikaresistenzen. Eine neue Wunderwaffe könnte Kupfer sein, da Oberflächen aus Kupfer antimikrobiell wirken.
Händewaschen, Oberflächen putzen und desinfizieren, Schutzkleidung – Hygiene sollte im Krankenhaus großgeschrieben werden, was leider häufig nicht der Fall ist (DocCheck berichtete). In Deutschland erkranken nach Auskunft des Bundesministeriums für Gesundheit rund 400.000 bis 600.000 Menschen an nosokomialen Infektionen. Andere Quellen sprechen sogar von bis zu 1 Million Infizierten jährlich. Wo sie sich infizierten bleibt oftmals im Dunkeln, denn Krankenhäuser stehen eigenverantwortlich in der Sorgfaltspflicht. Und nicht jedes Haus erhebt und bewertet bis jetzt Daten dazu.
Kupfer glänzt gegen Keime
Als wichtigste Maßnahme gelten der sparsame und gezielte Einsatz von Antibiotika, die Isolierung von Infizierten und das Tragen von Schutzkleidung, um die Entstehung und Ausbreitung v.a. multiresistenter Keime zu reduzieren, so Alfred Nassauer, Stellvertretender Leiter des Fachgebiets Angewandte Infektions- und Krankenhaushygiene des Robert Koch Instituts (RKI). Mit dem „Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze“ will die Bunderegierung dem Problem in Zukunft zu Leibe rücken.
Eine bislang kaum beachtete Möglichkeit ist allerdings weniger vom Verhalten der Menschen als vom Material häufig berührter Oberflächen abhängig: Kupfer. MRSA-Bakterien überleben auf Edelstahl bis zu fünf Tagen. Auf Messing, einer Legierung aus Kupfer und Zink, sind die Bakterien nur noch weniger als fünf Stunden aktiv und auf reinem Kupfer sind sie nach 30 Minuten unschädlich gemacht. Untersuchungsergebnisse zu den antimikrobiellen Eigenschaften des Kupfers von Bill Keevil der Universität Southampton in Großbritannien anlässlich der im Juni dieses Jahres veranstalteten International Conference on Prevention and Infection Controll (ICPIC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf präsentierte Michael Schmidt der Medical University of North Carolina.
Kupfer plus Endreinigung: Potenzierte Wirkung
In der Studie, finanziert vom Verteidigungsministerium, untersuchten Keevil und Mitarbeiter Kupfer an häufig berührten Oberflächen in Intensivabteilungen dreier verschiedener medizinischer Zentren. Ob Bettgitter, Betttablett, Infusionsständer oder Patientenklingel - waren diese mit Kupfer beschichtet oder aus Kupfer, resultierte eine über 40-prozentige Reduktion des Risikos einer erworbenen Krankenhausinfektion. Insgesamt ließen sich Oberflächenpathogene um 97 Prozent reduzieren. Das entspricht der Endreinigung eines Patientenzimmers nach Krankenhausentlassung. Bakterien auf Oberflächen in Intensivzimmern sind für bis zu 80 Prozent der Patienteninfektionen verantwortlich, so Schmidt. Dies zeigt wie schwierig es ist, Krankenhäuser sauber zu halten. Endreinigungen in Verbindung mit Kupferoberflächen könnten ihren Beitrag zur Minimierung der Infektionen leisten.
Bereits frühere Ergebnisse einer Untersuchung von Keevil zeigen die Eradikation von MRSA auf Kupferoberflächen. Bei Raumtemperatur bleibt MRSA auf trockenen Edelstahloberflächen bis zu 72 Stunden lebensfähig. Legierungen mit Kupferanteilen von 55, 80 oder 99 Prozent sorgten nach viereinhalb, drei und anderthalb Stunden für signifikante Keimreduktionen. Auch gegen E. coli, Clostridium difficile und Grippeviren ist Kupfer offenbar wirksam.
Niedrige Infektionsraten mit Kupfertürgriffen
In Deutschland ersetzte bereits die Asklepios Klinik in Hamburg in einem zweimal 16 Wochen andauernden Feldversuch auf zwei Krankenhausstationen Türklinken, Türplatten und Lichtschalter aus Edelstahl oder Plastik mit Kupfer. Das Deutsche Kupferinstitut unterstützte den Versuch. MRSA-Bakterien ließen sich unter Alltagsbedingungen um 30 Prozent senken. Neubesiedlungen wurden eingedämmt. Insbesondere die Türklinken erwiesen sich als effektiv. Die Stationen konnten niedrigere Infektionsraten belegen.
Bereits seit der Antike ist die antimikrobielle Wirksamkeit von Kupfer bekannt. Vielleicht hält das Schwermetall bald auch in neuzeitliche Krankenhäuser Einzug. Der Kostenfaktor dürfte in Anbetracht der Kosten aufgrund der Behandlung Krankenhaus-assoziierter Infektionen nicht das schlagende Argument sein.