Humane Papillomviren verursachen nicht nur Gebärmutterhalskrebs, sondern geben auch den Startschuss für die Entstehung von Hautveränderungen. Doch erst UV-Licht sorgt dafür, dass diese sich endgültig in hellen Hautkrebs umwandeln.
Ausgedehntes Sonnenbaden fördert die Bildung von hellem Hautkrebs. Doch Experten bezweifeln, dass UV-Licht alleine dafür verantwortlich ist: Mehrere Studien konnten zeigen, dass Empfänger von Organtransplantaten, deren Körperabwehr durch Medikamente stark unterdrückt wird, bis zu hundertmal häufiger an dieser Form des Hautkrebses erkranken als gesunde Personen. Das brachte einige Forscher auf die Idee, dass infektiöse Erreger an der Krebsentstehung beteiligt sein könnte.
In engeren Verdacht gerieten rasch bestimmte Typen von humanen Papillomviren (HPV), von denen bereits bekannt war, dass sie Hautveränderungen hervorrufen können. Sie sind eng verwandt mit HPV16 und 18, die Gebärmutterhalskrebs auslösen. Ein internationales Team mit Forschern aus Lyon und Heidelberg untersuchte deshalb, ob Papillomviren tatsächlich eine ursächliche Rolle bei der Entstehung von Hautkrebs spielen oder bloß als zufällige Begleiter dieser Erkrankung auftreten.
Virusproteine schalten DNA-Synthese an
Wie die Wissenschaftler um Massimo Tommasino und Lutz Gissmann nun in der Fachzeitschrift PLoS Pathogen mitteilen, löst UV-Licht nur dann Hautkrebs bei Mäusen aus, wenn in den Hautzellen der Tiere die Virusproteine E6 und E7 vorhanden waren. „Papillomviren verwenden diese beiden Proteine, um in den infizierten Zellen die normalerweise abgeschaltete DNA-Synthese wieder zu aktivieren“, sagt Professor Gissmann, der Leiter einer Arbeitsgruppe am Deutschen Krebsforschungszentrum ist. „E6 und E7 sind eigentlich nicht dafür da, die Zelle bösartig zu machen, sondern sie veranlassen, dass sich das Virus vermehren kann.“
Für ihre Experimente verwendeten die Forscher spezielle Mäuse. Mit Hilfe gentechnischer Methoden hatten sie zuvor die Bauanleitung der beiden Virusproteine in das Erbgut der Versuchstiere geschleust. Ein spezifischer Genschalter sorgte dafür, dass E6 und E7 nur in der Basalschicht der Haut hergestellt wurde. Schon wenige Wochen alte Mäuse zeigten gutartige Hautveränderungen, die auf eine erhöhte Teilungsrate der betroffenen Hautzellen zurückzuführen waren. Je älter die Mäuse wurden, desto ausgeprägter waren die Hautveränderungen, doch bei keinem der Tiere entwickelte sich daraus Hautkrebs. Übeltäter UV-Licht
Erst als die Forscher die Mäuse mit UV-Licht behandelten, änderte sich die Situation: Die Bestrahlung, deren Gesamtdosis ungefähr einem 20-tägigen Sonnenbaden entsprach, führte bei der Mehrheit der gentechnisch modifizierten Tiere zuerst zu Krebsvorstufen wie der aktinischen Keratose und schließlich zu hellem Hautkrebs. Normale Mäuse, die von den Forschern ebenfalls auf die gleiche Weise bestrahlt wurden, zeigten nach der Behandlung keine Hautveränderungen.
Auch wenn die Ergebnisse, so Gissmann, nicht eins zu eins auf den Menschen übertragbar seien, so lasse sich mit diesem Tiermodell das Krankheitsgeschehen beim Menschen gut abbilden. Noch ist nicht klar, ob Papillomviren auch ohne Beteiligung von UV-Licht Hautkrebs verursachen können. Im Gegensatz zu Gebärmutterhalskrebs, bei dem man in den Tumorzellen immer Virusbestandteile nachweisen kann, ist bei Hautkrebs die Beweislage nicht so eindeutig. Es scheint, dass die Viren die Veränderungen in den Hautzellen zwar initiieren, aber dann in den meisten Fällen verloren gehen. Für die endgültige Umwandlung in Tumorgewebe sorgt dann die übermäßige Bestrahlung mit UV-Licht. „Offensichtlich machen bestimmte Stämme von Papillomviren die Hautzellen anfälliger für schädliche UV-Strahlung und sind damit ursächlich an der Krebsentstehung beteiligt“, sagt Gissmann. Mehrere Therapieoptionen
Obwohl heller Hautkrebs in der Regel erst spät Metastasen bildet, gestaltet sich seine Behandlung nicht bei allen Patientengruppen einfach. Bei Organtransplantierten tritt der Hautkrebs fast immer großflächig und an vielen Stellen auf. Eine chirurgische Entfernung, so Professor Eggert Stockfleth, Leiter des Hauttumorzentrums an der Berliner Charité, sei deshalb kaum möglich. Mediziner versuchen daher, den Tumor alternativ zu behandeln: Kryotherapie, photodynamische Therapie, lokal wirkende Chemo- oder Immuntherapie mit Hilfe von Cremes sind hierbei Mittel der Wahl.
Noch mehr könnten organtransplantierten Patienten allerdings davon profitieren, wenn man das Übel direkt an der Wurzel packen würde: Eine Impfung, wie es sie seit 2006 gegen Gebärmutterhalskrebs schon gibt, wäre eine viel versprechende Möglichkeit, das Hauttumorrisiko der Betroffenen deutlich zu verringern. Genauso wie bei der Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs könnte ein gentechnisch hergestellter Impfstoff zum Einsatz kommen. Dieser besteht aus Partikeln, die zwar die Hülle der Papillomviren nachahmen, aber kein infektiöses Erbmaterial enthalten. Nach der Impfung bildet das Immunsystem gegen die Partikel Antikörper, die den zukünftigen Eintritt von Viren verhindern. Impfung noch in weiter Ferne
Die neuen Erkenntnisse der Forscher um Gissmann könnten sich positiv auf die Entwicklung eines solchen Impfstoffs auswirken. Doch bis dieser routinemäßig zum Einsatz kommt, ist es noch ein weiter Weg: „Im Moment sind noch keine Hochrisikotypen des kutanen Papillomvirus bekannt, die auf jeden Fall Hautkrebs auslösen“, sagt Stockfleth. „Und gegen alle Typen von Hautpapillomviren zu impfen, das ist zurzeit nicht machbar und wäre auch zu teuer.“
Auch seien klinischen Studien, so Gissmann, nur schwer durchzuführen, denn es vergingen wahrscheinlich sehr viele Jahre, bis klar wäre, ob ein Impfstoff Hautkrebs verhindern würde oder nicht. Deshalb schlägt der Heidelberger Virologe vor, zuerst einen Impfstoff gegen gut definierte Krebsvorstufen zu entwickeln: „Das hätte den Vorteil, dass sich damit eine klinische Studie schneller vorantreiben ließe.“ Allerdings, so Gissmann, gebe es bislang noch keine Pharmafirma, die diese Idee finanzieren wolle. Und so müssen sich Empfänger von Organtransplantate wohl noch eine Weile gedulden, bis sie von einem Impfstoff gegen Hautkrebs profitieren können.