An widersprüchlichen Hypothesen über den gesundheitlichen Nutzen von Kaffee oder grünem Tee mangelt es nicht. Belegen konnten Wissenschaftler nun, dass Teekonsum epigenetische Veränderungen auslösen kann – zumindest bei Frauen.
In den letzten Jahren ist die Zahl an epigenetischen Studien nahezu explodiert. Forscher wissen, dass Änderungen der Genfunktion möglich sind, die nicht auf Mutation beruhen und dennoch an Tochterzellen weitergegeben werden. Als grundlegende Mechanismen haben sie die DNA-Methylierung, die Modifikation von Histonen oder den forcierten Abbau von Telomeren identifiziert. Vor allem bei der DNA-Methylierung spielt unser Lebensstil eine große Rolle.
Weronica E. Ek, Forscherin am Science for Life Laboratory Uppsala, hat Effekte von Tee und Kaffee mit molekularbiologischen Tools untersucht. Die Getränke wurden ausgewählt, weil sie „eine wichtige Rolle bei der Modulation von Krankheitsrisiken beim Menschen zu spielen scheinen, indem sie die Tumorprogression unterdrücken, Entzündungen verringern und den Östrogenstoffwechsel beeinflussen“, schreibt Ek. Diese Mechanismen würden möglicherweise epigenetisch vermittelt, lautet ihre Hypothese. Zusammen mit Kollegen hat die Wissenschaftlerin in 3.096 Blutproben nach Methylierungsmustern gesucht. Dabei zeigten sich Unterschiede je nach Geschlecht. Bei Teetrinkerinnen gab es Regionen, die anders methyliert wurden als bei Teilnehmerinnen mit anderem Konsumverhalten. Derartige Effekte traten bei Männern nicht auf. Kaffee führte ebenfalls zu keinen Veränderungen auf epigenetischer Ebene. Der eigentliche Erkenntnisgewinn liegt an anderer Stelle: Eks Hypothese, dass die Wirkung von Heißgetränken über epigenetische Prozesse vermittelt wird, konnte somit zumindest in Teilen bewiesen werden.
Von der Molekularbiologie zur Epidemiologie: Wer täglich mehrere Tassen Kaffee trinkt, tut seinem Körper möglicherweise viel Gutes. In drei großen prospektiven Beobachtungsstudien war der Konsum mit einem verminderten Sterberisiko assoziiert. Koffein als wichtigster Naturstoff hat selbst bei Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz keine negativen kardialen Folgen. Zu diesem Ergebnis kamen Forscher auf Basis einer randomisierten klinischen Studie. Das aromatische Getränk könnte auch die Prognose bei Darmkrebs verbessern. Neuroprotektive Effekte werden ebenfalls diskutiert. Ein Extrakt aus Grüntee hat bei Krebspatienten den Spiegel verschiedener Tumormarker verringert. Einzelne Inhaltsstoffe führten hochdosiert und mikroverkapselt im Tierexperiment zur Tumorsuppression. Sie schützen Leberzellen vor der Reinfektion durch Hepatitis-C-Viren, wenn auch nur in vitro. Die Möglichkeiten scheinen schier unerschöpflich zu sein, doch die Evidenz ist gering. Grundätzlich haben Forscher bei Untersuchungen mit Tee oder Kaffee zwei grundlegende Probleme. Die Getränke sind letztlich ein Gemisch unzähliger sekundärer Pflanzeninhaltsstoffe. Ob sich wünschenswerte Effekte auf ein Molekül reduzieren lassen, weiß derzeit niemand. Ähnlich trist sieht es mit der Wirkung aus. Meistens gibt es nur Daten aus Assoziationsstudien. Kausalitäten lassen sich so also nicht beweisen. Quelle: Tea and coffee consumption in relation to DNA methylation in four European cohorts Ek, Weronica, et al.; Hum Mol Genet, doi: 10.1093/hmg/ddx194; 2017