Die großflächige Anwendung von Hautersatzgewebe bei Verbrennungsopfern scheitert oft an der mangelhaften Gefäßneubildung. Forscher haben nun eine Möglichkeit entdeckt, wie der Hautersatz schneller mit den notwendigen Blutgefäßen versorgt werden könnte.
Opfer von großflächigen Verbrennungen sind Keimen nahezu schutzlos ausgeliefert. Um Infektionen zu vermeiden, versuchen Chirurgen die Brandwunden der Patienten rasch zu verschließen. Meist kommen Wundauflagen aus Kollagen zum Einsatz. Sie begünstigen die Einwanderung von Fibroblasten und Epithelzellen in die Wunde und sind vollständig resorbierbar. Das auf diese Weise entstehende Hautgewebe wird allerdings oft nicht schnell genug mit Blutgefäßen versorgt. Die Gefahr ist deshalb groß, dass die neue Hautschicht wieder abstirbt.
Nun ist es Wissenschaftlern der Technischen Universität München in Zusammenarbeit mit anderen deutschen Forschungsinstituten in einer präklinischen Studie gelungen, Wundauflagen mit Blutgefäßvorläuferzellen auszustatten. Wie die Forscher um Tomás Egaña in der Fachzeitschrift Biomaterials mitteilen, führte dieses Hautersatzgewebe, wenn es in Wunden übertragen wurde, zu einer wesentlichen besseren Durchblutung.
Bioaktive Wundauflagen
„Die bislang verwendeten Wundauflagen dienen nur als dreidimensionale Struktur und spielen keine funktionelle Rolle bei der Hautregeneration“, sagt Egaña, der Leiter einer Arbeitsgruppe an der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie des Klinikums rechts der Isar ist. „Deshalb wollten wir die Wundauflage so modifizieren, dass sie die Gefäßneubildung aktiv unterstützt.“ Bei der Bioaktivierung, wie dieser Prozess im Fachjargon heißt, werden Wundauflagen mit Zellen oder Genvektoren versehen. Diese setzen dann Schlüsselmoleküle frei, die dafür sorgen, dass genügend Blutgefäße im Wundgewebe entstehen.
Egaña und seine Kollegen favorisieren dafür eine spezielle Zellart, die in Blutgefäßen vorkommt. Die so genannten Vascular Resident Endothelial Progenitor Cells (VR-EPCs) bilden bevorzugt Blutgefäße – im Unterschied zu pluripotenten Stammzellen, aus denen sich nahezu jede Gewebeart entwickeln kann. „Die VR-EPCs eignen sich besonders gut, weil sie gut zu isolieren sind und sich rasch vermehren“, sagt Egaña. Für ihre Experimente gewannen die Forscher die Zellen aus dem Gewebe von Rattenherzen. Nachdem sie die VR-EPCs gereinigt hatten, gaben sie die Zellen auf die Wundauflage und ließen diese in das schwammartige Material diffundieren.
Mäuse als Modelltier für Ersatzhaut
Um die Eigenschaften des so präparierten Ersatzgewebes zu testen, verwendeten die Forscher speziell gezüchtete Mäuse. Die Tiere sind nackt und ohne Thymus, so dass sie keine Abstoßungsreaktionen gegen fremdes Zellmaterial zeigen. Auf dem Rücken von neun Mäusen schnitten die Forscher jeweils zwei Hautlappen mit einem Durchmesser von einem Zentimeter aus der Haut heraus und bedeckten die freien Flächen anschließend mit der Wundauflage; diese enthielt bei fünf Mäusen VR-EPCs, bei den anderen vier Mäusen keine dieser Helferzellen.
Nach einer zweiwöchigen Wundheilung wurde die neu gebildete Haut beider Gruppen miteinander verglichen: „In den Mäusen mit VR-EPCs in der Wundauflage zeigte sich, dass deutlich mehr Blutgefäße entstanden waren als bei den Kontrolltieren“, so Egaña. „Einerseits differenzierten sich die VR-EPCs in normale Blutgefäße, andrerseits förderten sie das Wachstum bereits bestehender Gefäße, indem sie diverse Wachstumsfaktoren ausschütteten.“ Nebenwirkungen konnten die Forscher bislang nicht beobachten. Ob einzelne VR-EPCs aufgrund ihres Differenzierungspotenzials eventuell entarten und Tumore bilden können, darüber existieren jedoch noch keine Daten: „Zukünftige Langzeitstudien müssen die Frage beantworten, wie sicher VR-EPCs sind“, sagt Egaña.
Auf der Suche nach humanen VR-EPC-Pedants
Im Moment untersucht seine Arbeitsgruppe, ob andere Zelltypen den Prozess der Gefäßneubildung während der Wundheilung noch stärker unterstützen als die VR-EPCs. Damit ihr experimenteller Ansatz auch Eingang in die Versorgung schwerstverletzter Patienten finden kann, wollen die Forscher ihn schon bald weiter entwickeln. Als nächster Schritt auf dem Weg zu einer Therapie werden die Ärzte am Klinikum versuchen, entsprechende menschliche Zellen zu gewinnen, um dadurch die Heilung von Hautdefekten zu verbessern.