10 Jahre lang war der Medizinertest TMS von der Bildfläche verschwunden, doch seit 4 Jahren ist er wieder da. Mit Vorbereitungskursen zu horrenden Preisen. Werden Medizinstudenten schon vor dem Studium abgezockt?
Der Medizinertest stellt Studienanwärter jährlich vor viele Fragen: muss ich den Test unbedingt machen, wenn ich Medizin studieren möchte? Wie soll ich mich vorbereiten? Was, wenn ich ein schlechtes Ergebnis bekomme? Der Medizinertest kann nur einmal absolviert werden, man sollte also nichts dem Zufall überlassen. Das haben natürlich auch die Macher des Tests erkannt und bieten kostspielige Vorbereitungsmaterialien für den Test an. Wir haben nachgefragt: wird hier geholfen oder abgezockt?
Wie Phoenix aus der Asche
Von 1986-1997 war es für jeden angehenden Mediziner Pflicht, sich beim Test für medizinische Studiengänge (TMS) mit schier endlosen Aufgabenreihen zum räumlichen Vorstellungsvermögen, der Auffassungsgabe, dem logischen Denken und dem Textverständnis herumzuärgern. Mythen um gefährliche Schlauchfiguren und endlose Buchstabenkolonnen rankten sich um ihn und viele Studienanwärter waren froh, als der Test aufgrund von sinkenden Studentenzahlen und steigenden Kosten 1997 eingestellt wurde.
Mit der Einführung des Auswahlverfahrens der Hochschulen (AdH), das für die Unis sehr zeit- und kostenintensiv ist, wurde auch der Medizinertest für die Unis wieder attraktiver. So tauchte er 2007 in den medizinischen und zahnmedizinischen Fakultäten des Bundeslandes Baden-Württembergs wieder aus der Versenkung auf. Doch schon bald folgten diesem Beispiel die medizinischen Fakultäten der Universitäten Lübeck, Bochum, Leipzig sowie die medizinischen und zahnmedizinischen Fakultäten der Unis Mainz und Erlangen-Nürnberg. Weitere Fakultäten werden wohl noch folgen.
Der heutige Medizinertest ist freiwillig und keine Voraussetzung für die Zulassung an den beteiligten Unis. Da man aber seine Zulassungschancen mit ihm nur verbessern und nicht verschlechtern kann, ist er vor allem für schwächere Abiturienten sinnvoll. Man kann den Test nur ein einziges Mal machen, daher gilt das Ergebnis für alle eventuell folgenden Bewerbungen um einen medizinischen/zahnmedizinischen Studienplatz an den beteiligten Fakultäten.
Der TMS ist laut Organisatoren ein "sorgfältig entworfener psychologischer Test, mit der man die fachspezifische Studierfähigkeit abschätzen kann" und misst "langjährige Lern-und Entwicklungsprozesse, die sich einer kurzfristigen Beeinflussung weitgehend entziehen".
Dennoch lohnt es sich aber, sich gebührend auf den Test vorzubereiten, denn nur so kennt man sich mit dem Aufbau, Fragestil und der Lösung der Aufgaben besser aus und wird durch das Training der Aufgaben schneller in der Bearbeitung. Das reduziert Stress und Zeitmangel am Tag X.
Viel hilft viel, aber auch nicht zu viel: die richtige Vorbereitung
Nun stellt sich aber die Frage, wie man sich denn am besten auf den TMS vorbereitet. ITB-Consulting, die Entwickler des TMS, empfehlen dazu ihre eigenen veröffentlichten Originalversionen des Tests als kleines Heftchen, welche im Buchhandel oder Internet für 12,95€ erhältlich sind. (Oder beim Online-Auktionshaus eures Vertrauens für weniger). Von anderen Anbietern veröffentlichte Testaufgaben werden nicht empfohlen, da diese nur an die Originalaufgaben angelehnt sind und unter Umständen andere Lösungsstrategien erfordern, als letztendlich im TMS benötigt.
Mittlerweile bietet ITB Consulting auch eine Online-Vorbereitung an. Diese ist allerdings gebührenpflichtig und kostet ab 35,90€ für das Basispaket bis hin zum Premium Plus Paket für 73,90€. Von Seiten der ITB Consulting werden diverse andere kommerzielle Anbieter, die Online-Versionen sowie Präsenzveranstaltungen anbieten und dabei oft horrende Summen im 3-stelligen Bereich verlangen, natürlich ebenfalls nicht empfohlen.
Hinterher weiß man immer mehr
Ob man denn aber überhaupt eine Vorbereitung für den Test braucht, habe ich beim Studienanwärter Florian W., der Studentin Johanna L. und den beiden Ärzten Dr. Alexander H. und Dr. Martin H. erfragt, die alle den TMS bereits hinter sich gebracht haben. Sie erzählen von ihrer Art sich auf den Test vorzubereiten und was sie von den Kursen halten.
Dr. Alexander H. (alter TMS 1992): „Zur Vorbereitung hab ich Testliteratur gewälzt. Vor allem den Test, wo man Buchstaben ausstreichen muss, habe ich zigmal trainiert. Ich habe im ersten Durchgang knapp 60% Buchstaben richtig erwischt und nach mehreren Übungsdurchgängen war sogar noch Zeit für Korrekturen. Hat also viel gebracht. Nicht zuletzt, da man weniger üble Überraschungsmomente hatte. Diese Vorbereitungskurse gab's damals auch schon. Ich habe es aber vorgezogen allein zu Hause zu lernen, da ich eh kein Geld für solch ein Seminar hatte. Im Grossen und Ganzen ist der Mediziner-Test ja wie ein normaler IQ-Test aufgezogen. Da gibt es sicher auch bestimmte tolle Strategien zur Bearbeitung, die dann in den Seminaren durchgekaut werden. Geht aber auch ohne. Hat bei mir schließlich für die besten 8% gereicht. Damit war die Abinote nur noch Formsache und ich konnte loslegen. Also: Seminar notwendig? Für Leute, die zu viel Geld haben und alles vorgekaut serviert haben müssen vielleicht. Wenn man aber in der Lage ist zu Haus mal etwas zu bearbeiten, was im Studium ja auch nicht schadet, dann kann man wohl drauf verzichten und sich für ein paar Euros (gebrauchte) Vorbereitungsbücher zulegen.“
Dr. Martin H. (alter TMS 1995): „Ich habe mir damals das Geld für einen Vorbereitungskurs zusammengespart, um mir dort meine Prüfungsangst nehmen zu lassen. Der Medizinertest war damals ja noch Pflicht und ich musste da gut abschneiden, um überhaupt einen Studienplatz erhalten zu können. Es war so ein Wochenend-Crashkurs für mehrere hundert D-Mark, wo alle Aufgaben durchgegangen wurden. Das hat mir tatsächlich etwas die Angst vorm Test genommen, aber im Nachhinein glaube ich, dass es auch gut ohne solch ein Seminar geht. Es war schon damals verdammt viel Geld und heutzutage wird da ja noch mehr verlangt, aber sicher nicht mehr vermittelt als damals. In meinen Augen ist das schon Abzocke.“
Johanna H. (neuer TMS 2007): „Ich habe mich auch nur mittels Originalaufgaben auf den Medizinertest vorbereitet. Das hat vollkommen ausgereicht! Ich habe mich bewusst gegen diese Seminare und Lern-Pakete entschieden, weil ich glaube, dass das Preis-Leistungsverhältnis da nicht stimmt. Mein gutes Ergebnis hat mir da Recht gegeben, dass die echt nicht nötig sind.“
Florian W. (neuer TMS im Mai 2011): „Tja, leider muss ich zugeben, nur einmal das Buch zum Test überflogen zu haben. Aber immerhin hab ich es mir gekauft (lacht). Andere bezahlen allerdings zum Teil mehrere hundert Euro für einen Vorbereitungskurs oder die Lernpakete des ITB-Consultings. Ich weiß nicht, ob diese wirklich helfen, schließlich ist der TMS eine Art Intelligenz- und Konzentrationstest. Da ich meine Ergebnisse noch nicht habe, hoffe ich, dass es wirklich reicht, mit dem Buch zu üben. Im Moment habe ich ein ganz gutes Gefühl. Ich empfehle allerdings noch mal das Umstellen von Formeln zu üben, gerade wenn einem Mathematik nicht allzu sehr liegt. Vor allem empfand ich die Textverständnisaufgaben als erstaunlich schwierig und überließ einige Fragen meinem Bauchgefühl. Ich empfehle hier wärmstens Notizen zu machen oder besser noch Skizzen.“
Und die Moral von der Geschicht'
Unsere TMS-Absolventen kommen zu dem Schluss, dass die konzentrierte und organisierte Selbstvorbereitung zu Hause mit Hilfe der Originalaufgaben ausreicht, um den Medizinertest gut zu meistern. Der Test soll schließlich prüfen, was man sowieso schon drauf hat. Alles was darüber hinausgeht und unter Umständen Beträge im 3-stelligen Bereich kostet, ist eher Abzocke und das Ausnutzen der Prüfungsangst vieler Studienanwärter.