Das Examen rückt immer näher und deutschlandweit prügeln sich Studenten wieder Unmengen an Wissen in den Kopf. Dabei gilt es für viele vor allem, erstmal heil durch die Prüfung zu kommen - damit das auch klappt, hier ein paar hilfreiche Tipps.
"Wir lernen nicht für die Schule, sondern fürs Leben". Stimmt nicht. Bald ist Examenszeit und spätestens beim 400. Kreuzchen wird einem in der Vorbereitung klar: erstens weiß man gar nichts, und zweitens lernt man vor den Staatsexamina eigentlich nur, um diese (möglichst gut) zu bestehen. Es beschleicht einen der leise Verdacht, sämtliche Kurse hatten höchstens marginal mit den Fragen zu tun. Damit man aber das Examen schafft und danach noch etwas vom Gelernten hat, gibt es einige Tricks.
Kreuzen oder Bücher wälzen?
Die Fülle an Stoff, nebst Fragestellungen, die dazu zu dienen scheinen, einen direkt aufs Glatteis zu führen, lassen irgendwann am Studium der dicken Bücher zweifeln. So viel Wissen passt in der kurzen Zeit einfach nicht in den Kopf, sodass man zu guter letzt doch aufs Kreuzen alter Prüfungsfragen zurückkommt. Kritiker verachten dies natürlich zutiefst, weil man ja fürs Leben und damit den Beruf lernt, aber bevor man den hartverdienten Beruf ergreift, ist nun mal das Bestehen des Examens vonnöten.
Also: Ran an die Fragen und Kreuzchen setzen, denn so erfolgt schließlich auch die schriftliche Prüfung. Dann fällt man wenigstens nicht gleich vom Stuhl, denn man hat ja wochenlang genau dies bereits getan und Finessen und Fallen zu durchschauen gelernt. Allerdings: Es gibt immer wieder Fragen und Antworten, die man partout nicht nachvollziehen kann. Hier lohnt es sich, umgehend nachzuschlagen und sich eine Notiz zu machen. Gut ist auch ein kleines Büchlein, das man von A-Z mit Post-its versieht und so recht schnell alphabetisch geordnet seine Fallen und kleine Lücken wiederfindet.
Das Physikum ist ein Sieb
Was das Physikum betrifft, es gibt immer den Klassenstreber, der auch hier sein Ego in einer Note 1 gespiegelt haben möchte. Grade beim Physikum geht es fast ausschliesslich um das Bestehen – auch wenn die Durchfallquote hoch ist, es ist gut zu schaffen. Ich selbst hatte aus privaten Gründen lediglich 3 Wochen Vorbereitungszeit und war der Ansicht, niemals nach dieser kurzen Lernzeit bestehen zu können, da ich leider kein Superhirn bin und für mein Wissen stets lernen musste. Um aber von Erfolgserlebnissen zu berichten: Ich habe widererwarten bestanden! Zwar mit einer bemerkenswert exakten Punktlandung, aber das Physikum interessiert später niemanden mehr, sondern stellt mehr oder minder ein Sieb dar. Dies soll grade diese spezielle Prüfung nicht denunzieren, aber man neigt doch manchmal sehr dazu, aktuelle Geschehnisse dem Untergang der Titanic gleichzusetzen. Unnötig.
Spicken erlaubt?
Spicken ist natürlich gar nicht erlaubt und führt zum Ausschluss aus der Prüfung. Aber man kann es salonfähig machen. Lernpädagogen plädieren stets dafür, eine Woche vor der Prüfung alles fallen und liegen zu lassen, und erst mal wieder zu leben. Nicht falsch, zumindest schadet es nicht, bei der Prüfung noch lebendig zu sein. Die Bücher, respektive das Laptop 7 Tage vor dem entscheidenden Ereignis fallen zu lassen… meinen Kopf in eine Guillotine zu stecken, wäre dem gleich gekommen. Lerntheoretiker sehen das anders, aber dies muss jeder selbst entscheiden.
Das erlaubte Spicken funktioniert so: Wer so schlau war, sein A-Z-Heftchen mit in den Prüfungsraum zu nehmen, liest sich bis zur Aufforderung, alles wegzupacken, konzentriert durch, was einfach nicht sitzen will. Bei der Heftausgabe gilt es nun nicht, dies umgehend aufzuschlagen und fassungslos auf die erste Frage zu starren. Man schreibt so schnell es geht das grade noch Durchgelesene und im Kurzzeitgedächtnis befindliche Wissen sofort vorne auf den Umschlag. Allem anderen voran die Dinge, die man immer wieder gerne verwechselt, alle Inhalte, die immer wackelig waren. Fünf bis zehn Minuten kann man ruhig darauf verwenden. Schließlich klappt man entspannt das Heft auf und los geht’s. Ich verspreche, es kommen Fragen, die einen auf den eigens entworfenen Klappentext blicken lassen – nur dann ist man nicht mehr verwirrt, verwechselt nichts und hat damit nicht nur die Zeit eingeholt, sondern auch die Frage richtig beantwortet.
Beim Beantworten der Fragen gilt:
Die mündliche Prüfung
Endlich, die Finger sind noch wund vom Kreuzen und es geht in die nächste Spielrunde. Wer doch aus Büchern gelernt hat, kommt hier auf seine Kosten… vielleicht. Meist gibt es ein Vorgespräch mit dem Professor und oft grenzt dieser Themengebiete bereits aus oder ein. Wenn nicht, googelt man nach seinem Forschungsschwerpunkt, die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass er/sie neben den allgemeinen Dingen vor allem die Prüfungsfragen auf sein "eigenes Kind" lenkt. Natürlich holt man sich alte Prüfungsprotokolle und schaut nach Schwerpunkten. Wer viel Zeit zwischen den Prüfungen hat, kann ruhig erst noch mal allgemein lernen. Gut sind auch die Frage- und Antwort-Bücher, die man unbedingt aber mit einem Lernpartner durchgehen sollte. Eloquenz ist gefragt und mitunter die halbe Miete, das geht nur, wenn man sich vorher mit seinem Lernpartner die Kehle wundredet.
Ärgern erlaubt!
Beim Lernen der Inhalte fragt man sich oft, "was das eigentlich soll". Beispielsweise war Chirurgie für mich schon immer ein rotes Tuch und eines Tages stießen wir auf die „Fasziendopplung nach Mayo“. Mir platzte endgültig der Kragen: Musste Hinz und Kunz seinen Namen vor die OP setzen, nur damit erstens sein Ego befriedigt ist und zweitens jeder Student nicht nur das Verfahren, sondern auch noch den womöglich unaussprechlichen Namen dazu lernt? Es entbrannte eine heiße Diskussion und die sich wiederum ins Hirn. In der mündlichen Prüfung kam ich nunmal an Chirurgie nicht vorbei und so fragte mich schließlich der chirurgische Professor dies und jenes und schließlich wirklich nach Hernien. Und da plötzlich konnte ich zudem von der „Fasziendopplung nach Mayo“ detailgenau berichten. Selbst die anderen Professoren hörten mit sichtlichem Respekt zu, so dass ich das Examen nicht nur mit einer Note 1 verließ, sondern der chirurgische Professor („Wir Chirurgen unter uns“, zwinker-zwinker) mir fast eine Stelle in seinem Team angeboten hätte. Wenn der Mann gewusst hätte, was ich von Chirurgie halte… Fazit: Keinesfalls allein stur lesen, sondern aktiv diskutieren, nachschlagen, sich ärgern, zur Not am eigenen Körper herummalen, all das hilft dem Gehirn Verknüpfungen zu schalten, die ein schlichtes Lesen nicht hervorbringen kann.
Einzelkämpfer gegen Herdentier
Bewährt hat sich auch folgendes: Oft hat man schon seit Jahren seine Lerngruppe, also nichts wie hin und sich geschlossen im Landesprüfungsamt anmelden – oder Kontakt zu der neuen Gruppe aufnehmen und versuchen, wirklich zur Gruppe zu werden, denn diese hat, wie wir alle wissen, ihre Dynamik. Auch Professoren sind nur Menschen, wenn auch oft kleine Diven und es macht einen Riesenunterschied, ob dort nun vier Einzelpersonen sitzen, oder eine Gruppe, die sich kennt, die mitfiebert, wenn der Kommilitone befragt wird, oder ob jeder nur der Zielsetzung folgt: "Ich bin am wichtigsten". Das ist in der Psychotherapie zwar bewährt, aber in dem Moment geht es um das Bestehen und je wohler sich die Professoren fühlen, desto harmonischer läuft die Prüfung ab. Zudem sei auch darauf hingewiesen, dass in Stellenanzeigen immer wieder "Sozialkompetenz", "Teamfähigkeit" und dergleichen gefordert werden. Tritt man also "sozialkompetent im Team auf", zeigt man gleich, man hat verstanden, dass es Dinge gibt, die auch nicht auf dem Lehrplan stehen.
Hingegen gibt es einfach Menschen, die die Aura der eigenen Wohnung benötigen, einfach keinen Lernpartner finden, oder es erholsamer finden, alleine zu lernen. Eine wirklich empfehlenswerte Strategie gibt es nicht, jeder muss alleine herausfinden, wie sein persönliches Lernmanagement am besten klappt. So oder so kann es aber nicht schaden, die Gruppe in der Prüfung nicht als Erzfeinde zu sehen - das regt nur unnötig auf.
Unbedingt beachten: Der Kampf um die Note
Es gibt furchtbar peinliche Dinge, eine davon muss ich hier erwähnen: Das Bestehen und möglicherweise nötige Handeln um eine bessere Note. "Unangenehm" ist da ein sekundäres Gefühl. Wenn man also dringend auf eine Note angewiesen ist, weil man sonst nicht besteht, spricht man das an, bevor die Gruppe hinausgeschickt wird, auf das die Damen und Herren die Noten besprechen. Hat man ohnehin keinen so besonders guten Eindruck hinterlassen, macht es das Ergebnis nicht schlimmer, aber womöglich hat man dennoch Sympathiepunkte gesammelt, die Gruppe war gut… so wurde schon manche Prüfung - trotz "eigentlich ja nicht" - doch bestanden. Nachdem die Note allerdings verkündet wurde, ist es nicht mehr erlaubt, eine Änderung vorzunehmen, offiziell. Und wenn es dennoch nicht klappt, muss man sich zumindest keine Vorwürfe machen, nicht doch alles versucht zu haben.
Fazit
Staatsexamina haben es in sich, soviel ist klar, wer aber einige wichtige Punkte beachtet und gut vorbereitet ist, wird feststellen, dass sogar das Examen Spaß machen kann. Denn plötzlich entdeck man vieles in seinem Kopf, das man auch endlich mal verwenden kann. Und wenn es endlich vorbei ist, ist eine neue Hürde geschafft, und mit diesem Erfolgsgefühl geht es auf zu neuen Ufern. In diesem Sinne: Viel Glück.