Wenn Hund, Katze oder andere Haustiere ihren Instinkt zur Revierverteidigung ausleben und im Spiel oder zur Verteidigung zuschnappen, kann dies ernste gesundheitlich Folgen haben. Häufig ist nicht nur die eigentliche Bisswunde das Problem.
Es passiert etwa 8-mal pro Tag in Deutschland: Ein Postzusteller wird von einem Hund gebissen. Nach Angabe der Deutschen Post AG trifft es pro Jahr etwa 3000 blau-gelbe Boten. Das Verhältnis Hund-Postbote ist schon legendär. Hunde sind auch die Ursache für ca. 5 Prozent der Arbeitsunfälle von Zeitungsaustragenden. Insgesamt werden in Deutschland jährlich 30.000 Bissverletzungen registriert, die Dunkelziffer ist hoch.
Haut- und Weichgewebsinfektionen (HWGI) gehören zu den häufigsten Erkrankungen im chirurgischen Krankengut. Eine kontaminierte Wunde muss jedoch nicht unbedingt zu einer Infektion führen. Ausschlaggebend ist die Art und Anzahl der Erreger sowie der Immunstatus des Patienten.
Bei der bakteriellen Infektion unterscheidet man zwischen:
Unabhängig von der Art des Erregers sind die Anzeichen einer Entzündung immer identisch:
Katzenbisse werden unterschätzt
Mit dem Speichel des Tieres gelangen Bakterien, Viren und Pilze in die Wunde. Das Infektionsrisiko ist von der Tierart abhängig. Jeder zweite Katzenbiss infiziert sich, bei Hundebissen liegt das Infektionsrisiko bei immerhin 15 bis 20 Prozent. Bei Wundinfektionen treten nach wenigen Stunden oder Tagen eitrige Entzündungen und starke Schmerzen auf. Die scharfen, feinen und extrem spitzen Zähne können auch Sehnen, Gelenke und Knochen verletzten. Sehr oft sind die Hände betroffen. Nicht selten verleiten die kleinen, unauffälligen punktförmigen Wunden dazu, den Biss zu verharmlosen. In den letzten Jahren wurde wiederholt auch aus Deutschland über das Auftreten von Katzenpocken berichtet. Der Erreger ist weitgehend mit dem der Kuhpocken identisch. Vermutlich infiziert sich die Katze von kleinen Nagern, die das Virus in sich tragen. Die Infektion ist meistens lokal begrenzt. Die Wunden heilen schwer und die Lymphknoten des Betroffenen können anschwellen. Besonders vor freilaufenden Hauskatzen mit schlecht heilenden Wunden sollte man sich in Acht nehmen. Sie könnten Träger des Virus sein.
Mit Bartonella ist nicht zu spaßen
Bartonella könnte auch der Name einer süßen, kleinen Katze sein. Ist er aber nicht. Das Bakterium Bartonella kann zur Katzenkratzkrankheit führen. Im süddeutschen Raum wurden Erreger bei 13 Prozent der untersuchten Katzen nachgewiesen, 85 Prozent der Tiere mit einem Erregernachweis waren jünger als 2 Jahre. Aus den Niederlanden bzw. aus Frankreich wird über Isolierungsraten bis zu 22 bzw. 53 Prozent berichtet. Auch wenn die Katze mit Bartonella infiziert ist, hat sie keine Beschwerden.
Tetanus und Tollwut kennt Jeder. Haben Sie schon mal was von Pasteurellose gehört? Pasteurellen sind Bakterien, die in der Mundhöhle von Hunden und Katzen vorkommen. Bei Katzenbissen oder –kratzern kommt es in 20 bis 50 Prozent und bei Hundebissen in etwa 5 Prozent zu einer Infektion mit diesen tückischen Keimen. Ist die Bisswunde mit den Erregern infiziert, kann es zum Eitern der Wunde und zu Entzündungen der Knochenhaut kommen. Selbst beim Schmusen mit der Katze kann das Bakterium durch Schmutz- oder Schmierinfektion übertragen werden. Die Erkrankung beginnt beim Menschen mit grippeähnlichen Beschwerden. Im Bereich von Nacken, Achselhöhle oder Leiste können die Lymphknoten anschwellen. Vielen Ärzten ist die Krankheit in Deutschland unbekannt. In den USA erkranken jedes Jahr über 20.000 Personen, von denen 2.000 im Krankenhaus behandelt werden. Statistisch müsste es demnach in Deutschland zu 1.500 bis 2.000 Erkrankungen kommen.
Selten aber tödlich: Tollwut
Nach Angaben der WHO sterben weltweit etwa 50.000 Menschen an Tollwut. Bereits bei einem Verdacht ist rasches Handeln notwendig. Bei der Erkrankung denkt man meist an Wildtiere. Alle Säugetiere können aber an der Zoonose erkranken, die nahezu weltweit vorkommt. Füchse sind in Europa das Hauptreservoir des Erregers aus der Familie der Rhabdoviren. Glücklicherweise ist in Deutschland die Tollwut fast ausgerottet. Die Reiselust macht aber einige Urlaubsländer zur Bedrohung. Wer schon mal in Portugal war, wird sich an die Herden von wilden Hunden erinnern. Bei einem Fuchsbiss ist vielen die Gefahr bewusst und sie suchen ärztlichen Rat. Wer denkt aber an die Erkrankung, wenn ein niedliches Eichhörnchen zudringlich wurde. Neben der so genannten terrestrischen Tollwut nimmt die Fledermaustollwut zu. In den USA gehen neun von zehn Erkrankungen auf die fliegenden Säuger zurück. Weltweit betrachtet ist jedoch der Hund für 90 Prozent der Infektionen verantwortlich. Besonders Kinder sind gefährdet, weil sie gerne Tiere streicheln und leicht ins Gesicht gebissen werden. Infizierte Hunde und Katzen sind drei bis sieben Tage vor dem Auftreten klinischer Symptome und während der gesamten Erkrankungsphase infektiös.
Wenn Viren wandern
An der Bissstelle vermehren sich die Viren und wandern nach der Vermehrung an der Bissstelle ins ZNS. Dort angekommen, lösen sie eine Enzephalitis aus, die nach drei bis sieben Tagen den Patienten tötet. Die Inkubationszeit beträgt 20 bis 90 Tage, in Einzelfällen einige Jahre. Im Prodromalstadium tritt ein Kribbeln und Brennen rund um die Bisswunde ein. Zusätzlich kommt es zu Fieber, Übelkeit, Appetitlosigkeit und Kopfschmerzen. Danach treten Krämpfe der Schlundmuskulatur auf, die das Schlucken äußerst schmerzhaft machen.
Die Patienten leiden an einer Hydrophobie, einer starken Angst vor dem (schmerzhaften) trinken. Allein der Anblick von Wasser kann für eine Angstattacke oder weiteren Krämpfen reichen. Das zweite Stadium wird als „wilde Wut“ bezeichnet. Die Betroffenen reagieren aggressiv auf äußere Reize, fallen danach in Depression. Entweder stirbt der Patient in diesem Stadium oder er tritt ins Paralysestadium ein. Bei dieser „stillen Wut“ kommt es zu Lähmungen und Tod durch Atemstillstand.
Impfen schütz nicht immer zuverlässig
Auch eine Impfung ist kein garantierter Schutz. Bei mehreren tiefen Bissen ins Gesicht erkranken trotzdem bis zu 60 Prozent der Betroffenen, bei oberflächlichen Bissen ins Gesicht jeder Zehnte und bei leichten Verletzungen an der Hand jeder Zwanzigste. Bereits Luis Pasteur war erfolgreich in der Entwicklung einer Vakzine. Die Ständige Impfkommission (STIKO) hat im Mai 2010 eine Aktualisierung der Impfempfehlung gegen Tollwut verabschiedet.
Das Robert-Koch-Institut empfiehlt die präexpositionelle Immunisierung für Tierärzte, Jäger, Forstpersonal und Personen, die mit Tieren in Tollwutgebieten umgehen. Zusätzlich gilt eine Empfehlung zur Impfung gegen Tollwut ausdrücklich für Personen mit beruflichem oder sonstigem engen Kontakt zu Fledermäusen. Auch Reisende in Regionen mit hoher Tollwutgefährdung sollten prophylaktisch geimpft werden.
Die Grundimmunisierung erfordert drei intramuskuläre Injektionen an Tag 0, 7 und 21 (oder 28). Das Schema kann notfalls auf eine Woche verkürzt werden. Wichtig: wenn der Betroffene zeitgleich zur Malariaprophylaxe Chloroquin einnimmt, muss die Applikation des Impfstoffs intramuskulär erfolgen, da das Medikament die Immunantwort schwächen kann. Die Schutzdauer beträgt etwa fünf Jahre. Auch wenn die Gefahr einer Infektion gering ist, sollte bei der Reise in Länder mit ungenügenden, postexpositionellen Behandlungsmöglichkeiten die Indikation zur Impfung großzügig gestellt werden. Die STIKO empfiehlt eine Impfprophylaxe für alle Reisenden in gefährdete Regionen wie Indien oder Nepal.
Bei einem Biss eines verdächtigen Tieres muss sofort gehandelt werden. Die Wunde wird gründlich mit Seife und warmen Wasser gewaschen. Das klingt zwar nach antiquiertem Erste-Hilfe-Wissen, ist aber immer noch medizinischer Standard. Da Tollwuterreger Laugen nicht mögen, sollte „echte“ Seife statt seifenfreier Syndets verwendet werden. Danach erfolgt eine Desinfektion mit Ethanol oder iodhaltigen Lösungen. Auch Schwangerschaft, Stillzeit oder Alter sind keine Kontraindikationen für eine Impfung. Beim Expositionsgrad III erhält der nicht vorgeimpfte Betroffene eine passive sowie eine aktive Immunisierung. Weitere Dosen des Aktivimpfstoffs folgen an den Tagen 3, 7, 14 und 28. Rechtzeitig appliziert, liegt die Schutzrate bei peripheren Verletzungen bei 100 Prozent. Zusätzlich sollte der Tetanustiter kontrolliert und ggf. aktualisiert werden.
.table { border-collapse: collapse; border-right: 1px solid #B8AC97; margin-bottom: 20px; margin-top: 10px; padding: 0px; width:500px; } thead { border-color: inherit; display: table-header-group; vertical-align: middle; } tr { border-color: inherit; display: table-row; vertical-align: inherit; } .table.t02 tr th, .table.t02 tr td { border-bottom: 1px solid #9C9072; border-left: 1px solid #9C9072; border-top: 1px solid #9C9072; } .table tr th, .table tr td { background: none; border-bottom: 1px solid #B8AC97; border-left: 1px solid #B8AC97; border-top: 1px solid #B8AC97; margin: 0px; padding: 6px 7px; font-size: 11px !important; }
Berühren oder füttern von Tieren, Belecken der intakten Haut
Berühren der Köder mit intakter Haut
keine Impfung
Knabbern an der unbedeckten Haut; oberflächliche, nicht blutende Kratzer durch ein Tier; Belecken der nicht intakten Haut
Kontakt mit Impfflüssigkeit eines beschädigten Köders mit nicht intakter Haut
Impfung
jegliche Bissverletzung oder Kratzwunden; Kontamination von Schleimhäuten mit Speichel, zum Beispiel durch Lecken oder Spritzer
Kontamination von Schleimhäuten und frischen Hautverletzungen mit der Impfflüssigkeit eines Köders
Impfung und einmalig simultan mit der ersten Impfung passive Immunisierung mit Tollwut-Immunglobulin (20 IE/kg KG)
Erste-Hilfe bei Bissverletzungen:
Wunde mit fließendem Wasser reinigen, mit Hautdesinfektionsmittel behandeln (stark wirksam sind jodhaltige Lösungen oder Salben oder farblose, alkoholfreie Desinfektionslösungen ohne „Brenneffekt“), mit steriler Kompresse oder Wundschnellverband abdecken. KEIN Sprühpflaster verwenden! Dies erschwert die weitere Versorgung durch den Arzt. Anschließend sollte grundsätzlich ein Arzt aufgesucht werden. Auch bei harmlos erscheinenden Wunden. Bakterien kann man nicht sehen!