Pharmamarketing kostet viel Geld – und bringt noch mehr ein: Denn Ärzte sind häufig entgegen ihrer eigenen Überzeugung nicht immun gegen die Werbebotschaften: Diese könnten auf das Verschreibungsverhalten durchaus Einfluss nehmen, ergab eine Metaanalyse.
Die Zeit ist knapp in der täglichen Praxis. Die Fortbildung allerdings ist ein Muss. Nicht jeder hat die Zeit in entsprechenden Journalen zu schmökern oder sich gezielt Studien herauszusuchen, die lesenwert wären. Post und Pharmavertreter kommen direkt ins Haus, Fortbildungsveranstaltungen sind vielleicht zu passender Stunde am richtigen Ort mit angenehmem Drumherum und versprechen ebenfalls Informationen. Die andere Seite: Für Produkte zu werben, scheint legitim. Umsatzförderung durch Werbung und Marketing ist gerade heutzutage unabdingbar, denn die Konkurrenz schläft schließlich nicht. Jeder Arzt kann mit seinem medizinischen Hintergrund doch wohl beurteilen, welches Medikament sinnvoll und gut ist, welches Präparat tatsächlich eine Verbesserung oder Neuerung darstellt, von denen der Patient dann profitiert. Werbung beeinflusst Qualität, Quantität und Kosten So einfach ist es aber nicht. Denn auch Ärzte sind gegen Beeinflussung nicht gefeit, die nun mal mit Werbung verbunden ist. Diesen Schluss zumindest legt eine Analyse von 58 Studien nahe, die Geoffrey Spurling der Universität Queensland in Brisbane, Australien, und sein Forscherteam unlängst vorlegte. Zumindest manchmal nehmen Werbemaßnahmen auf die Verschreibungspraxis Einfluss. 38 Studien zeigen, dass Ärzte, die Werbung von Arzneimittelherstellen ausgesetzt waren, diese auch häufiger verschrieben. 13 Studien konnten solch einen Zusammenhang zwar nicht belegen, doch ergab auch keine Studie, dass Informations- und Werbematerial zu einer weniger häufigen Verschreibung eines Präparates führten. 17 von 29 Studien zeigen, dass Pharmavertreter die Verschreibungszahlen steigerten, keine Untersuchung bewies sinkende Verordnungen nach dem Besuch eines Vertreters. Auch bezüglich der Qualität der Verschreibung und der Exposition pharmazeutischer Informationen ergaben sich bei der Prüfung von zehn Studien Zusammenhänge. Es fand sich eine verschlechterte Qualität der Verordnung oder allenfalls keine Auswirkung. Acht Studien wurden bezüglich des Einflusses von Pharmainformationen auf die Kosten der verschriebenen Medikamente untersucht. Sieben Studien legen den Schluss nahe, dass meist auch die Kosten steigen. Woher die Informationen beziehen? Bis auf wenige Ausnahmen scheinen Marketing und Werbung also ihre Wirkung zu tun. Da die Ärzte in den zugrunde liegenden Studien Werbebotschaften nicht randomisiert exponiert waren und es sich meist um Beobachtungsstudien handelte, ist nicht auszuschließen, dass manch ein Arzt sogar von Werbemaßnahmen profitierte oder sich durch diese zumindest keine Veränderungen des Verordnungsverhaltens einstellten. Nicht belegbar sind jedoch auch Verbesserungen von Verordnungen durch direkte Informationen der Pharmafirmen. Die Wissenschaftler um Spurling sind zugegeben kritisch. Einige davon sind Mitglieder der Nonprofit-Organisation „Healthy Skepticism“, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, vor Schäden durch irreführende Gesundheitsinformationen zu bewahren. Sie empfehlen Ärzten Artikel aus Fachjournalen und unabhängigen Quellen zu lesen. Wichtig ist auch die Berücksichtigung von Leitlinien und Empfehlungen. Zudem fordern sie Vorschriften für Werbung etwa durch unabhängige Organisationen. Vorschreiben ließe sich vielleicht auch der Anteil des Geldes, den pharmazeutische Unternehmen für Werbung ausgeben dürfen. Das scheint für die USA auch sinnvoll zu sein, denn 2004 betrug dieser Anteil rund 57,5 Milliarden Dollar. Das entspricht einem Viertel der gesamten Einnahmen. In Europa entsprechen Werbeausgaben etwa der Hälfte.