An mehreren medizinischen Fakultäten wurden in den letzten Jahren zentrale Abschlussklausuren (ZAK) für die klinischen Semester eingeführt: wirkungsvolle Verbesserung oder doch nur unnötiger Aufwand?
Die zentralen Abschlussklausuren – auch ZAK genannt - für die Medizinstudenten der klinischen Semester, wurden an der Uni Duisburg-Essen im Sommersemster 2009 eingeführt. Als Vorbild galt die Uni Münster, bei der sich diese Art von Klausuren bewährt hat. Die Studenten in Essen sind aber von den Vorteilen der ZAK noch nicht überzeugt. Die Dozenten müssen sich an den zusätzlichen Arbeitsaufwand gewöhnen, während das Dekanat mehr organisieren und sich Beschwerden von allen Parteien anhören muss. Aber die Idee, die hinter der ZAK steht, ist an sich vielversprechend.
Was die Studenten stört, ist zum einen die Länge der Klausuren. Im ersten klinischen Semester sind es sechs Fächer, im zweiten acht und im dritten Semester sogar zwölf Fächer, die in einer Klausur geprüft werden. Das sind mindestens vier Stunden, die die Studenten an den Mutiple Choice-Fragen sitzen. Quasi ein kleines Physikum! Und das weckt bei den meisten keine schönen Erinnerungen.
Zum anderen fällt es einigen Studenten schwer, von einem Fach, sagen wir Chirurgie innerhalb von sehr kurzer Zeit auf ein anderes, sehr unterschiedliches Fach wie Naturheilkunde oder Pharmakologie umzudenken. Durch Abnahme der Konzentration im Laufe des Vormittags kann es zu schlechteren Noten in den einzelnen Fächern kommen.
Zudem gibt es pro Fach nur 20 Fragen. Das heißt, dass man nicht viele Fehler machen darf ohne direkt in der Benotung eine Note tiefer zu rutschen. Ferner finden manche Studenten, dass bei der Fülle der Informationen in einem Fach – oft einer ganzen Fachrichtung - nur 20 Fragen nicht repräsentativ genug sind.
Da es die ZAK noch nicht lange gibt, ist die Art der Lehre in einigen Fächern noch nicht auf diese neue Klausur umgestellt bzw. vorbereitet. In vielen Fächern lesen jede oder jede zweite Vorlesung neue Dozenten, dadurch gibt es niemanden, der einen klaren Lernkatalog oder einen Schwerpunkt für die Klausur nennen kann.
Überwiegen die Vorteile?
Obwohl noch nicht alle begeistert sind, erkennen Studenten und Dozenten auch Vorteile. Hinzu kommt, dass die meisten Studenten, die diese Klausuren jetzt schreiben, nicht wissen, wie der Zustand vorher war. Den Studenten wurde die ZAK nicht aufgezwungen. Sie wurde nach einem Beschluss der Studienkommission eingeführt, aufgrund der Unzufriedenheit und der Beschwerden über die damaligen Prüfungszustände.
Damals ging nämlich nicht alles mit rechten Dingen zu. In den meisten Fächern schrieben alle Studenten eines Semesters in einem Raum, mit nur einer Aufsichtsperson, was zu Unruhe und Gruppenarbeit führen konnte. Die Prüfungsbedingungen waren also nicht für alle gleich. Häufig wurden Altfragen oder Fragen aus der schwarzen Reihe wiedererkannt, was vielleicht manche erfreute, aber im Allgemeinen eher Schaden brachte.
Oft entsprachen die Klausurfragen nicht dem Inhalt oder dem Anspruch der Vorlesungen und Kurse. Wenn eine Beschwerde eingereicht oder eine Klausureinsicht beantragt wurde, war es oft schwierig mit dem verantwortlichen Dozenten einen Termin zu vereinbaren. Alles in allem fühlten sich viele auf das 2. Saatsexamen, das Hammerexamen, schlecht vorbereitet.
Bessere Prüfungsbedingungen
Durch die ZAK hat sich nun vieles geändert. Die Klausur hat viele zentrale Regelungen, an die sich alle halten müssen. Die Studenten schreiben in einem großen Raum, jeder hat seinen zugeordneten Platz und eine andere Fragenreihenfolge als sein Nachbar. Es gibt Trennwände zwischen den Plätzen und viele Aufsichtspersonen. Optimale Prüfungsbedingungen, fast wie im Staatsexamen.
Es sollen keine Altfragen mehr drankommen, die neuen Aufgaben sollen möglichst von dem lehrenden Dozenten geschrieben werden. Auch das Schema der Fragen ist genormt. Es gibt, so wie im Hammerexamen, MC-Fragen mit 5 Antwortmöglichkeiten und keine Kombinationsfragen.
Die Qualität der Fragen wird nach der Korrektur statistisch widergespiegelt. Wenn eine bestimmte Prozentzahl der Studenten eine Frage falsch beantwortet hat, wird dem Institut die Frage vorgelegt und sie wird aus der Wertung herausgenommen. Es soll für jedes Fach einen klaren Lernzielkatalog geben, an dem die Fragen orientiert sind.
Jeder Student darf an einem feststehenden Termin zur Klausureinsicht kommen. Wenn es Probleme gibt, kann direkt der jeweilige Fragenautor hinzugezogen werden. Dadurch, dass jetzt für jedes Fach ein Notenschlüssel zentral vorliegt, kann auch die Qualität der Lehre in Bezug auf die Klausur überprüft werden. Alles in allem bedeutet das mehr Prüfungsgleichheit, Transparenz und Qualitätskontrolle für die Studenten, die Dozenten und die Universität.
Keine Chance für "Bulimie-Lerner"
Dipl.soz.wirt Matthias Heue, der für die Studienberatung an der Medizinischen Fakultät zuständig ist, deutet darauf hin, dass das Lernverhalten ebenfalls verändert werden soll. „Dadurch, dass alle Klausuren an einem Tag sind, ist es unmöglich, sich alle Fakten kurz vor der Klausur ins Kurzzeitgedächtnis zu prügeln. Dieses „Bulimie-Lernen“ war früher möglich, wenn man ein paar Tage zwischen den Klausuren Zeit hatte. Aber nur durch Wiederholungslernen kann das Wissen langfristig behalten werden.“ Dazu soll die ZAK die Studenten in gewissem Maß erziehen.
Vieles was die Studenten momentan stört, könnte ihnen im Hammerexamen Vorteile bringen. Die Hoffnung liegt darin, dass sie an lange Klausurzeiten gewöhnt sind, sowie an das schnelle Umdenken von einem Fach auf das andere in kurzer Zeit. Und auch im Examen wird es relativ wenige Fragen pro Fach geben.
„Was ich an der ZAK mag, ist dass man alle Klausuren auf einen Strich hinter sich bringt. Dann hat man schlagartig frei, kann sich auf die Organisation der Famulaturen konzentrieren oder auch entspannt Karneval feiern“, war eine weitere positive Meinung eines Studenten aus dem Ruhrpott.
Fazit
Es müssen sich alle erstmal an diese Umstellung gewöhnen. Klausuren bedeuten für Studenten meist Stress und Lerndruck und da ist es erlaubt, dass bei einer Änderung der Klausurordnung zuerst leichte Skepsis herrscht. Aber die positiven Argumente für die ZAK, können, wenn sie objektiv und ohne Klausurstress betrachtet werden, wahrscheinlich von keinem widerlegt werden. Ob durch Einführung der ZAK die Ergebnisse wirklich verbessert werden können, wird sich zeigen, wenn der erste Jahrgang das Hammerexamen geschrieben hat. Bis dahin heißt es weiter lernen damit aus der ZAK kein „Zonk“ wird.