Der letzte Teil der Zoonosenreihe behandelt eine der wohl wichtigsten bakteriellen Zoonosen für Veterinärmediziner - die Leptospirose. Doch neben Menschen mit engem Tierkontakt ist auch ein Personenkreis betroffen, an den man zunächst nicht denken würde - die Triathleten…
Die Leptospirose, eine akute, generalisiert verlaufende und meldepflichtige Infektionskrankheit, hat viele Bezeichnungen. Ob Morbus Weil, Bataviafieber, Feldfieber, Fort-Bragg-Fieber, Kanikolafieber, Reisfeldfieber, Schweinehüterkrankheit, Erbsenpflückerkrankheit oder Melkerfieber, sie alle haben nur einen Übeltäter: Leptospira interrogans!
Erreger
Die Leptospiren sind Vertreter gramnegativer beweglicher Spirochäten, mit ca. 6- 20 µm Länge, spiraliger Windung und typischer "Kleiderbügelform". Neben den saprophytär lebenden, humanapathogenen Leptospira biflexa, existieren ca. 200 Serovare der für Mensch und Tier relevanten Leptospira interrogans. Als Krankheitserreger für den Menschen kommen die Serovare Leptospira icterohaemorrhagiae, grippotyphosa, bataviae, sejroe, australis, pomona, tarassovi, canicola und hardjo in Frage.
Besonders gefährdet sind Berufsgruppen mit engem Tierkontakt, also Tierärzte, Jäger, Landwirte, Schlachthofarbeiter und Personen in der Fleischverarbeitungsindustrie. Auch Hundehalter haben ein erhöhtes Risiko, sich zu infizieren.
Vorkommen, Verbreitung, Reservoir
Krankheitsträger sind weltweit mit einem Schwerpunkt in tropischen Regionen vor allem Nager, landwirtschaftliche Nutztiere und Haustiere, hier in erster Linie der Hund. Auch Wildtiere wie Wildschweine, Igel, Hasen und Füchse sind nicht zu vernachlässigen. Betroffen sind, wie bereits erwähnt, Menschen in tiernahen Berufen, aber auch Abenteurer und Sportler, die Sumpfregionen und Urwälder betreten.
Übertragung
Quelle der Infektion sind kleine Hautverletzungen, die in Kontakt mit infiziertem Urin gekommen sind. Also zum Beispiel im Rahmen tierärztlicher Tätigkeit, beim Baden oder Barfußgehen. Leptospirosefälle nach Nagerbissen wurden vermutlich eher durch den von den Tieren während des Handlings abgesetzten Harn ausgelöst. Beim Hund sind auch transplazentare Infektionen, sowie Übertragungen beim Deckakt, durch Biss, oder Aufnahme von infiziertem Fleisch bekannt. Eine indirekte Infektion durch infiziertes Wasser, Erde und Vegetation ist ebenfalls möglich.
Pathogenese
Durch die Fähigkeit der aktiven Bewegung können Leptospiren in alle Organe eindringen, vor allem kommt es aber zu einer Besiedelung des Tubulusepithels der Niere und der Leberzellen. Außerdem erfolgt eine Endothelzellschädigung durch ein zytotoxisches Glykoprotein mit konsekutiver Vaskulitis, Blutungen und ischämischen Läsionen.
Gehören zur Risikogruppe: Tierärzte
Klinik
Ein Großteil der Infektionen des Menschen, ca. 90%, verlaufen subklinisch, als unspezifische, selbstlimitierende und fieberhafte Erkrankungen. Die Inkubationszeit in klinisch manifesten Fällen beträgt 5-14 (2-26) Tage.
Beim Menschen verläuft Leptospirose klassisch in zwei Phasen. Zuerst erfolgt ein Krankheitsausbruch mit hohem Fieber, Schüttelfrost, unproduktivem Husten, Kopf- und Muskelschmerzen, Hepatomegalie, gastrointestinaler Symptomatik und Blutungen. Die Erreger lassen sich in diesem Abschnitt aus Blut und Liquor nachweisen. Nach Serokonversion verschwinden die Symptome innerhalb von 1-5 Tagen. Ungefähr die Hälfte der Patienten erfährt anschließend eine weitere, bis zu einem Monat dauernde, Krankheitsphase mit erneutem Fieberanstieg. Je nach Leptospirenserovar treten nun aseptische Meningitis, Iridozykliklitis, Ikterus, Nierenversagen mit Azotämie und Anurie, Anämie, Thrombozytopenie, Blutungen (sowohl Petechien als auch schwere Lungen-, Nieren-, Darmblutungen), ARDS (acute respiratory distress syndrom) und Myokarditis mit Arrhythmien und Herzkreislaufversagen, auf. Tödlich verläuft die Erkrankung in 5-40% der Fällen, meist durch Leber- und Nierenversagen.*
Beim Hund treten neben unspezifischen Symptomen wie Fieber, Anorexie, Dehydratation und Vomitus auch Gerinnungsstörungen mit Meläna, Epistaxis und Petechien, sowie Lymphadenopathie, Pneumonie und Enteritis auf. Akutes Nieren- und Leberversagen ist möglich, jedoch doch auch der Übergang in eine chronische Niereninsuffizienz und Leberfibrose.
Diagnose
In der Anamnese sollte unbedingt vorausgegangener Tierkontakt und die Zugehörigkeit zu den oben erwähnten Risikopersonengruppen erfragt werden! Der mikrobiologische Erregernachweis kann zu Krankheitsbeginn mittels Dunkelfeldmikroskopie von Blut und Harn erfolgen. Eine Erregerkultur ist durch ihre lange Dauer von mindestens einer Woche eher zu vernachlässigen. Der schnellste Nachweis des Erregers selbst ist die PCR. Die Antikörper hingegen werden erst nach ca. einer Woche der Erkrankung durch eine MAR (Mikro-Agglutination-Lysis-Reaktion) nachweisbar. Mittels ELISA ist eine frühere Feststellung von IgM-Antikörpern denkbar, jedoch ist die Aussage durch mögliche Kreuzreaktionen mit Borrelien oder Treponema begrenzt.
Therapie
Die Therapie erfolgt bei Mensch und Tier auf gleiche Weise. Der Einsatz von Antibiotika wie Penicillin oder Doxycyclin ist neben einer umfassenden medizinischen Versorgung indiziert.
Prophylaxe
Die Prophylaxe erfolgt einerseits durch Ausmerzung des Reservoirs der Erkrankung, also durch Ratten-, und Mäusebekämpfung, andererseits durch Schutzimpfung landwirtschaftlicher Nutz-, und Haustiere. Beim Hund sollte beachtet werden, dass die Leptospirenvakzine nur ca. ein halbes Jahr wirksam und serovarspezifisch ist! Beruflich gefährdete Personen sollten ausreichende Schutzkleidung tragen und kleinere Verletzungen sofort wasserdicht verbinden. Generell gilt es auf das Barfußgehen und Baden in stehenden Gewässern zu verzichten.
Fazit
Durch ihre hohe Letalität von 5-40% bei klinisch manifesten Krankheitsfällen ist die Leptospirose, besonders für Veterinärmediziner, nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Daher sollte beim Umgang mit potentiell infektiösen Körperflüssigkeiten wie Blut und Harn auch bei Tierärzten nicht auf das Tragen von Schutzhandschuhen verzichtet werden…
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* Quelle: Krauss et al. Zoonosen: von Tier zu Mensch übertragbare Infektionskrankheiten 3. Ausgabe, Deutscher Ärzte-Verlag, Köln
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