Clostridium-difficile-assoziierte Erkrankungen sind ein zunehmendes Problem. Zwei bis 25 Prozent mit Antibiotika behandelter Patienten leiden durch die Therapie unter Durchfall. Die Kosten betragen dadurch in Europa jährlich ca. 3 Milliarden Euro.
Der wichtigste Erreger der Antibiotika-assoziierten Diarrhoe ist Clostridium difficile. Dabei handelt es sich um ein sporenbildendes, grampositives Stäbchen, von dem verschiedene Stämme mit unterschiedlicher Virulenz und Toxinproduktion existieren. Der Keim ist hoch kontagiös und kann auch über die kontaminierte Umgebung übertragen werden. Er ist überdies Auslöser der pseudomembranösen Kolitis. Ein neuer hoch virulenter C.-difficile-Stamm hat die Übertragbarkeit, Morbidität und Letalität dieser Infektion erheblich gesteigert. Im Herbst 2007 bestätigten erstmals labordiagnostische Nachweise das Auftreten des neuen C.-difficile-Stammes PCR Ribotyp 027 auch in Deutschland.
Kleiner Bruder vom Botulinum
Die Symptome reichen von mäßiger Diarrhoe bis hin zur schweren Kolitis mit Bauchkrämpfe, Fieber, Leukozytose, Hypoalbuminämie infolge enteralen Eiweißverlustes, Exsikkose und nicht zuletzt Elektrolyt-Entgleisungen. Die Beschwerden treten in der Regel drei bis zehn Tage nach Beginn der antibiotischen Therapie auf. Bei jedem dritten Betroffenen stellt sich Durchfall jedoch erst nach Wochen ein. Bettlägerigkeit, Sondenernährung, hohes Lebensalter, Hospitalisation, Stuhlinkontinenz und Multimorbidität sind begünstigende Risikofaktoren.
Genau genommen induziert nicht das Bakterium den Durchfall, sondern die Toxine, die es produziert. Toxin A agiert als Enterotoxin, das deutlich potentere Toxin B als Zytotoxin. Beide Bakteriengifte zerstören die Mikrofilamente des Zytoskeletts und führen zum Zelltod. Die Folgen sind drastische Zunahme der Permeabilität der intestinalen Mukosa, Aktivierung von Makrophagen und Mastozyten sowie intestinale Läsionen. „C.D.“ ist verwandt mit Clostridium botulinum, man sollte also schon Respekt vor dem Keim haben.
Übertragung durch die Luft
Bisher ging man davon aus, dass die Übertragung der Erreger fäkal-oral und über die Hände des Personals erfolgt. Neue Studien betätigen aber, dass der Keim Flügel bekommen kann. In einer Studie, die in „Clinical Infectious Diseases“ veröffentlicht wurde, wurde Clostridium difficile in der Luft und in der Umgebung symptomatischer Patienten mit einer Clostridium difficile-Infektion gemessen. Zur Feststellung eines Bezugs zueinander wurden Clostridium difficile-Isolate durch Ribotyping und mulitlocus variable-number tandem-Analyse (MLVA) charakterisiert. Die Umgebungsluft von 10 Patienten wurde für 10 Stunden über 2 Tage intensiv untersucht. Außerdem wurden 346 Oberflächenproben genommen. Clostridium difficile konnte bei sieben von zehn Patienten aus der Umgebungsluft isoliert werden, bei neun von 10 Patienten gelang der Nachweis auch an den Oberflächen der Umgebung.
Bei 60% der Patienten wurde sowohl die Luft- als auch die Oberflächenumgebung positiv auf Clostridium difficile getestet. Die molekulare Charakterisierung bestätigte die epidemiologische Verbindung zwischen den Erkrankungsfällen und der aerogenen Ausbreitung bzw. der Umweltkontamination. Die Ergebnisse machen deutlich, wie wichtig es ist, die Patienten so bald wie möglich nach Beginn der Diarrhoe in einem Einzelzimmer zu isolieren.
Bei Verdacht auf Clostridien-Infektion Antibiotikum sofort absetzen
Zur Diagnose gehört in jedem Fall der positive Toxin-Nachweis. Dieser kann entweder zeit- und kostenintensiv im Gewebe oder schnell, günstig und ausreichend genau mittels ELISA im Stuhl durchgeführt werden. Besteht Verdacht auf eine Antibiotika-assoziierte Clostridien-Infektion, ist das Antibiotikum sofort abzusetzen. Ist dies aus medizinischen Gründen nicht möglich, sollte man zumindest die Substanzklasse wechseln. Etwaige Elektrolyt-Entgleisungen gilt es rasch auszugleichen. Nicht sinnvoll ist die Gabe antiperistaltischer Pharmaka, da sie möglicherweise die Retention der Toxine begünstigen.
Bessert sich das Krankheitsbild unter den genannten Maßnahmen nicht binnen drei Tagen, sind die Clostridien mittels Antibiotika auszurotten. Mittel der ersten Wahl ist Metronidazol (viermal 250 mg/d über zehn Tage). Diese Therapie ist in 95 Prozent der Fälle erfolgreich. Allerdings erleiden sieben 7 bis 20 Prozent der Patienten Rezidive. Hoch dosierte Saccharomyces boulardii (1 g/d für einen Monat) vermögen die Rückfallquote zu senken. Versagt Metronidazol, kommt das vergleichbar wirksame, aber deutlich kostspieligere Vancomycin zum Einsatz (viermal 125 mg/d per os während zehn Tagen). Bei sehr schweren Infektionen hat perorales Vancomycin möglicherweise den Vorteil, im Magen nicht resorbiert und unverändert im Stuhl ausgeschieden zu werden. Weitere klare Indikationen für Vancomycin sind Schwangerschaft und Stillzeit sowie Unverträglichkeit von Metronidazol.
Die Prävention besteht aus 3 Stufen: 1) rationale Antibiotikatherapie 2) Kontaktisolierung der betroffenen Patienten 3) Reinigung der Umgebung.
Aufgrund der Sporen-Resistenz gegenüber üblichen Flächendesinfektionsmitteln ist bei der Scheuer-Wisch-Desinfektion von potenziell kontaminierten Flächen die mechanische Reinigung wichtiger als die Desinfektionsmaßnahme. Jede Häufung C.-difficile-assoziierter Erkrankungen in Krankenhäusern und Altenheimen ist von den Verantwortlichen bei Verdacht auf einen epidemiologischen Zusammenhang als nosokomialer Ausbruch an das zuständige Gesundheitsamt meldepflichtig.
Die Entwicklung neuer Antibiotika ist wegen der zunehmenden Resistenz unerlässlich. Ein monoklonaler Antikörper gegen das Toxin A von Clostridium difficile wird gerade in einer Phase II Studie getestet. Zurzeit wird ebenfalls die Wirksamkeit des Toxinbinders Tolevamer im Vergleich zu Metronidazol und Vancomycin überprüft. Häufig ist nach der Entlassung aus der Klinik der Hausarzt der, der die Therapie weiterführt. Klagt ein Patient nach einem Klinikaufenthalt über heftige Diarrhoe, sollten beim niedergelassenen Kollegen alle Warnglocken klingeln.