Patienten mit Prostatakarzinom, die operativ behandelt werden, haben eine signifikant höhere Überlebensrate: Die tumor-assoziierte Mortalität bei hormoneller Behandlung ist dreimal höher. Bei der Radiotherapie ist sie doppelt so hoch.
Noch immer ist das Prostatakarzinom in Deutschland die häufigste Krebserkrankung bei Männern: Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts werden bundesweit jährlich rund 60.000 neue Fälle diagnostiziert. Auch bei der Mortalitätsrate mit 26 Prozent ist Prostatakrebs der Spitzenreiter unter den zum Tode führenden bösartigen Tumoren. Jenseits des Atlantiks, in den USA, sieht es nicht viel besser aus. Hier belegt das Prostatakarzinom den zweiten Platz bei den krebsbedingten Todesfällen.
Bislang wenig Evidenz zur Effizienz
Ungeachtet dieser hohen Inzidenz und Mortalität gibt es relativ wenige qualitativ hochwertige evidenz-basierte Daten zur Effizienz von Therapien beim lokalisierten Prostatakrebs: Adäquate Studien, die verschiedene Strategien miteinander vergleichen, sind Mangelware, beklagt Dr. Matthew Cooperberg von der Fakultät für Urologie der Universität von Kalifornien in San Francisco (UCSF). Befasst sich eine Arbeit einmal mit dem direkten Therapievergleich, dann liegt der Fokus meist nur auf der Analyse der PSA-Werte. "Der wesentlich wichtigere Aspekt, nämlich welchen Effekt eine Therapie auf das Langzeitüberleben hat, wird zu wenig berücksichtigt", so Dr. Cooperberg. Das gilt auch für die Nebenwirkungen der einzelnen Behandlungsregime. Entsprechend sucht man in den Leitlinien der American Urological Association auch vergeblich nach Empfehlungen, die auf konkreten Angaben zur Effektivität der einzelnen Therapien basieren. Mithin Gründe genug für Dr. Cooperberg und sein Team, endlich eine Studie zu initiieren, die Genaues zu den Überlebensraten unter den gängigen Behandlungsstrategien beim Prostatakarzinom liefert – Anti-Androgene, Radiotherapie und radikale Prostatektomie im direkten Vergleich. Dieser brachte ebenso beachtliche wie wichtige Resultate.
Prostatektomie klar im Vorteil
Die Urologen der UCSF analysierten die Daten von 7.538 Männern mit lokalisiertem Prostatakarzinom aus dem so genannten CaPSURE-Register; kurz für Cancer of the Prostate Strategic Urologic Research Endeavor. Dieses nationale Register erfasste Patienten aus vierzig urologischen Therapiezentren in ganz USA. Das individuelle Risiko bestimmte die Gruppe um Dr. Cooperberg mit Hilfe des Cancer of the Prostate Risk Assessment (CAPRA) und des Kattan preoperative nomogram – beides laut Dr. Cooperberg "gut validierte Systeme zur Risikoerfassung". Anhand dessen konnten er und sein Team schließlich die einzelnen Outcomes, je nach Risiko und Alter der Patienten, gegenüberstellen.
Wie sich dabei herausstellte, schnitt die radikale Prostatektomie am besten ab. Mit deutlichem Vorsprung zu den beiden anderen untersuchten Therapiestrategien: Ihr Risikoquotient oder Hazard Ratio (HR) für die Überlebenszeit betrug 2.21. Die HR für die Radiotherapie lag zwischen 1.50 und 3.24. Für die Hormonbehandlung mit Anti-Androgenen belief sich die HR auf 3.22. Dr. Cooperberg: "Das Risiko der krebs-assoziierten Mortalität ist bei der Therapie mit Anti-Androgenen über dreimal so hoch wie bei der Entfernung der Prostata". Die Radiotherapie erwies sich ebenfalls als schlechte Alternative zur Prostatektomie. Bei den damit behandelten Patienten war die Sterblichkeitsrate im Vergleich zur Operation mehr als doppelt so groß.
Größeres Risiko, größere Unterschiede
Bei Patienten mit einem niedrigen Risiko fielen die Unterschiede zwischen den drei untersuchten Therapiestrategien noch gering aus. Das änderte sich, je größer das individuelle Gefahrenpotenzial der Betroffenen war: "Proportional zum Risiko der Patienten steigen die Unterschiede in der Effektivität der Behandlungen ganz erheblich", stellten Dr. Cooperberg und sein Team fest. Männer mit einem mittleren und hohen Risiko profitieren deutlich mehr von der radikalen Prostatektomie. Den "größten Benefit" von der Entfernung der Prostata haben laut Dr. Cooperberg die Patienten mit dem höchsten Risiko. Das trifft auch für Rezidivfälle sowie metastasierende Karzinome zu.
Umso bedenklicher bewertet man an der urologischen Fakultät des UCSF die derzeit übliche Praxis, eine Prostatektomie bei Patienten mit höherem Risikopotenzial zusehends seltener durchzuführen. "Diese Vorgehensweise ist komplett konträr zu dem, was unsere Untersuchung gezeigt hat", warnt der kalifornische Urologe. Statt auf die Entfernung der Prostata mit steigendem Risiko zu verzichten, sollte diese ganz im Gegenteil gerade bei diesem Patientenklientel stattfinden. Schließlich, so Dr. Cooperberg, erwies sich die Prostatektomie hier als besonders effektiv.
Dass die Ergebnisse aus dieser Studie "ein klares, unmissverständliches Signal an die ärztliche Gemeinde sind" betont auch Cooperbergs Kollege und Co-Autor Dr. Peter Carroll: "Die Prostatektomie ist die Therapie der Wahl bei Hochrisiko-Patienten". Auf Grund der Befunde aus San Francisco empfiehlt inzwischen auch die American Cancer Society eine Modifizierung der Therapieleitlinien beim Prostatakarzinom.