Krankenversicherungen, die ausschließlich Heilpraktikerbehandlungen erstatten, gelten in der Versicherungsbranche als heikel. Jetzt wirft Kaffeehändler Tchibo sein Gewicht in den Ring und bringt eine Police auf den Markt. Dazu gibt’s ein Kissen.
Der Verkauf von Krankenversicherungen ist für den Kaffee- und Handelskonzern Tchibo schon länger eines von unzähligen Standbeinen. „Wir weisen auf diese Angebote in unseren Filialen hin und bewerben sie in unseren Newslettern. Abgeschlossen werden die Versicherungen dann auf unserer Internetseite“, betonte ein Unternehmenssprecher gegenüber DocCheck. In der Regel handelt es sich um befristete Aktionen, die einige Monate laufen.
Tchibo versichert Alternativmedizin pur
Mit seiner neuen Versicherungsaktion hat sich Tchibo ein besonders interessantes Feld ausgesucht. Kunden können derzeit eine Tchibo-Police ordern, die ausschließlich die Kosten von alternativmedizinischen Therapien abdeckt. Im Deckungsumfang enthalten sind „Naturheilverfahren und alternative Heilmethoden durch Heilpraktiker oder Ärzte“, so die Werbung für das Produkt. Die Aktion ist eine Erwähnung wert, weil reine Heilpraktiker-Zusatzversicherungen im deutschen Versicherungsmarkt noch immer relativ selten sind. Der Grund: Wer eine solche Police abschließt, der wird in der Regel auch von ihr Gebrauch machen. Die Verträge gelten vielen Versicherungskonzernen deswegen als heikel. Der Beitragszahler, der nur zahlt, aber keine Leistungen in Anspruch nimmt, ist bei der Klientel, auf den die Heilpraktiker-Zusatzversicherung zielt, selten bis nicht vorhanden. Wenn es um Alternativmedizin geht, schnüren die Versicherungsunternehmen deswegen gerne ambulante Versorgungspakete, in denen auch noch andere Versicherungen stecken, um das Risiko auf diese Weise zu streuen. Beliebt als Kombinationspartner für die Alternativmedizin sind unter anderem Krankenversicherungen für Auslandsreisen, Sehhilfen, Zahnersatz, Versicherungen für Kranken- oder Kurtagegeld und ähnliches mehr.
Der Bohnen-Bonus ist nur ein Kisschen
Doch zurück zu Tchibo. Das Unternehmen wirbt mit einem speziellen Vorteil für Tchibo-Kunden, der die von Tchibo vertriebene Versicherung von dem jeweiligen Mutterangebot unterscheidet. Das Mutterangebot erschließt sich in diesem Fall erst in zwei Schritten. Unmittelbarer Kooperationspartner von Tchibo ist – wie bei anderen Tchibo-Versicherungen – das Versicherungsunternehmen Asstel. Dieses Unternehmen wiederum bezieht seine Heilpraktiker-Zusatzversicherung von dem Versicherungskonzern Gothaer, der das Original der Heilpraktiker-Zusatzversicherung unter dem Namen MediNatura vertreibt. Soweit zum Stammbaum. „Der spezielle Kundevorteil bei unseren Versicherungsangeboten können zum Beispiel günstigere Kündigungsfristen oder andere Zusatzvereinbarungen sein, die das Tchibo-Angebot vom normalen Angebot unterscheiden“, so der Tchibo-Sprecher zu DocCheck. Das klingt erst einmal gut. Im Fall der Heilpraktiker-Police fällt der Zusatznutzen freilich etwas arg dünn aus. Wer bis Ende September die Police ordert, bekommt ein „hochwertiges Massage-Kissen“ gratis. Sapperlot. Dass das aus den bekannt umfangreichen Lagerbeständen von Tchibo stammen könnte, ist natürlich reine Spekulation. Die Prämie jedenfalls unterscheidet sich bei den drei Angeboten gar nicht. Eine 30jährige Frau, Jahrgang 1980, zahlt monatlich 14,95 €, egal ob die Versicherung bei Tchibo, direkt bei Asstel oder noch direkter bei der Gothaer erworben wird. Die 60jährige Frau kommt auf knapp 20 Euro. Männer sind jeweils rund 5 Euro pro Monat billiger.
Auf Leistungsumfang und Erstattungsgrenzen achten!
Relevanter als das, was es on top gibt, ist natürlich das, was in dem Angebot drin steckt. Und hier schneiden Tchibo gleich Asstel gleich Gothaer gar nicht übel ab. Die Versicherung zahlt einerseits Leistungen der Gebührenordnung für Heilpraktiker inklusive der verordneten Arzneimittel, andererseits auch Naturheilverfahren nach dem Hufelandverzeichnis in der jeweils gültigen Fassung. Das ist insofern relevant, als damit sichergestellt ist, dass auch ärztliche alternativmedizinische Leistungen erstattet werden, und nicht nur Leistungen von Heilpraktikern. Ein Pluspunkt ist auch, dass die Leistungen zu 100 Prozent übernommen werden, und nicht nur anteilig. Die 100 Prozent-Regel gilt dabei vom ersten Jahr an.
Wie bei derartigen Versicherungen üblich, gibt es auch bei der Tchibo-Asstel-Gothaer-Police eine gewisse Deckelung der Leistungen. Die Beträge machen einen fairen Eindruck. Andere zahlen vor allem anfangs zum Teil deutlich weniger, verlangen dafür oft aber auch geringere Prämien. Im ersten Versicherungsjahr fließen bei Tchibo-Asstel-Gothaer maximal 500 Euro. Im zweiten sind es 1000 Euro und danach dann 2000 Euro. Die Frage, die Versicherungsmathematiker beantworten müssen, lautet, ob sich das Unternehmen Heilpraktiker-Zusatzversicherung bei diesem Leistungsumfang für den Versicherungskonzern wirklich rechnet oder ob es nicht eher eine Image-Versicherung ist. Dem Patienten kann es letztlich egal sein. Wer viel Alternativmedizin nutzt, bekommt hier ein Angebot, das vernünftig klingt.