Musik ist gut für Stimmung und Hirn. Aber auch gut fürs Baby? In Zeiten, in denen das Kinderkriegen immer stärker im Alter stattfindet, in dem Mensch sich früher der Esoterik zuwandte, wundert nicht, dass der Glaube an die segensreiche Wirkung pränataler Beschallung boomt.
Ob Sie es glauben oder nicht, wenn Sie einen 8 bis 16 Wochen alten Fetus gezielt mit Schallimpulsen traktieren, dann zeigt er messbare Reaktionen. Diese Erkenntnis ist mittlerweile fast zwanzig Jahre alt. Sie stammt von Wissenschaftlern aus Nordirland, die für ihre Studie immerhin 400 Feten akustisch „beschallten“, während sie sie medizinisch „geschallt“ haben (Shahidullah S., International Journal of Prenatal and Perinatal Studies 4(3/4):235ff).
Pränatalmusik bringt Mutter und Kind in Gleichklang
Die Beobachtung ist insofern bemerkenswert, als die Struktur des Ohrs zu diesem Zeitpunkt, wie viele andere Dinge am Fetus, noch nicht wirklich als vollständig bezeichnet werden kann. Ob nun schon nach 16 Wochen oder eher etwas später: Tatsache ist, dass Fetus hören kann. Besonders gerne mögen die Allerkleinsten offenbar klassische Musik beziehungsweise Volksweisen. Viele Untersuchungen wurden beispielsweise mit dem Schlaflied von Johannes Brahms gemacht („Guten Abend, gute Nacht“). Schon 1975 wurde gezeigt, dass Frühgeborene, denen dieses Lied sechsmal am Tag vorgespielt wurde, schneller an Gewicht zulegen als Kinder, die in der gleichen Frequenz nur „besprochen“ wurden. Etwas neueren Datums sind Untersuchungen zum Einfluss der pränatalen Musikexposition im Rahmen von Mutter-Kind-Gruppen auf die spätere Interaktion zwischen Müttern und ihren Kindern. Die finnische Wissenschaftlerin Kaarina Marjanen hat sich damit in ihrer im vergangenen Jahr publizierten Dissertation befasst. Ihre Botschaft lautet, dass das gemeinsame pränatale Musikerleben von Mutter und Kind einen dezidiert positiven Einfluss auf das Mutter-Kind-Verhältnis in den ersten 18 Lebensmonaten habe. Festgemacht wurde das unter anderem daran, dass die in der Schwangerschaft musikalisch agierenden Mütter besser mit dem Stillen klarkamen, dass die musisch geschulten Babies besser schliefen und dass auch diverse emotionale Parameter auf Seiten der Mutter günstiger ausfielen.
Dolby Surround in uteri
Nun sind Mutter-Kind-Gruppen mit edukativem Anspruch nicht jederfraus Sache. Das heißt aber nicht, dass Mütter, denen pränatale Gruppensitzungen ein Gräuel sind, auf die segensreichen Wirkungen der Musik verzichten müssten. Am einfachsten lässt sich Baby natürlich mit der Stereoanlage beschallen, aber das ist in unseren subtilen Zeiten nun wirklich nicht mehr zeitgemäß. Wie es anders geht, zeigt beispielsweise das Unternehmen Nuvo Group aus Columbia in den USA. Es vertreibt seit Neuestem ein RITMO genanntes Beschallungssystem für Schwangere, das in Design und Funktionalität der Gadget-Moderne angepasst wurde. Es handelt sich um einen Bauchgürtel mit Klettverschluss, der optisch gelungen genug aussieht, um ihn sich auch im Hochsommer als Ergänzung zu Bluse oder Top am Schwangerenbauch vorstellen zu können. Der Gürtel besitzt Tasche und Anschluss für den iPod. Das eigentliche Highlight sind aber die vier integrierten Lautsprecher, die das Baby von links oben, rechts oben, recht unten und links unten beschallen können. Eine Art Dolby Surround für den Fetus also. Um den Kleinen nicht zu überfordern, gibt es außerdem einen Controller, der die innerhalb gewisser Grenzen verstellbare Lautstärke überwacht, indem unterschiedliche Aufnahmelautstärken erkannt und korrigiert werden.
Kind wächst. Gürtel wächst mit.
Das Schöne an der Nuvo Group-Lösung ist, dass sie vergleichsweise unesoterisch daher kommt. Ein Konkurrenzprodukt wie das BabyPlus Prenatal Education System ist nicht nur weniger schick. Es trägt den verkrampft-pseudopädagogischen Ansatz, der bei vielen Baby-Produkten so unheimlich aufdringlich wirkt, schon im Namen. Bei Nuvo Group klingt das alles etwas entspannter. So soll die Mutter den Gürtel auch nach der Geburt und ohne dicken Bauch weiterverwenden können, etwa als praktischen iPod-Halter für den Musikgenuss beim Joggen oder beim Yoga. Anwendungen für Babies und Kleinkinder sind nach Unternehmensangaben in Vorbereitung. Kurz: Die Sache kann sich auch lohnen, wenn keine zehn Kinder geplant sind. Andererseits: Letztlich tut es die Stereoanlage natürlich auch.