Über Cannabis als Arzneimittel gibt es bereits zahlreiche wissenschaftliche Studien. Über die Folgen von „Freizeitkonsum“ bei psychisch gesunden Erwachsenen herrscht jedoch ein Mangel an gesicherten Erkenntnissen. Die „Forschungsinitiative Cannabiskonsum“ will das künftig ändern.
„Cannabis als Rauschdroge wurde von der Forschung weitgehend vernachlässigt, abgesehen von spezifischen Subgruppen, die im Gesundheitssystem auffällig werden, indem sie entweder eine Abhängigkeit von Cannabis entwickelt haben, oder an einer schweren psychischen Störung leiden“, so Professor Dr. Dr. Thomas Schnell, Psychologe an der Medical School Hamburg. Bis Ende April hat er die Forschungsinitiative Cannabiskonsum geleitet.
Schell erklärt, die pathologisch auffälligen Subgruppen stellten jedoch den geringsten Anteil an der Gesamtgruppe von Cannabiskonsumenten dar: „Die meisten Konsumenten scheinen weder eine Abhängigkeit noch eine klinisch relevante psychische Störung zu entwickeln.“ Der von ihm entwickelte Forschungsplan sieht vor, zu untersuchen, wie Hanf – abgesehen vom Rausch – auf den Körper wirkt. Bereits im vergangenen Jahr hat er die „Wissenschaftliche Studie zu Cannabisfolgen bei psychisch gesunden erwachsenen Konsumenten“ beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) offiziell beantragt. Jetzt veröffentlicht die Behörde Details. Teilnehmen können 25.000 Cannabiskonsumenten. Bislang haben sich 2.000 Interessierte gemeldet. Laut Dr. Bettina Bräutigam von der Bundesopiumstelle (Abteilung 8 im BfArM) seien separate Anträge für alle Probanden zu stellen.
Um teilnehmen zu können, müssen Probanden bereits Erfahrung mit Cannabis haben, aber ansonsten keine Drogen konsumieren. Weitere Voraussetzungen sind physische und psychische Gesundheit und ein Wohnsitz in Berlin. Und sie sollten nicht zu knapp bei Kasse sein. Aus Qualitätsgründen läuft die Versorgung über öffentliche Apotheken zu Lasten des jeweiligen Probanden. „Vorgesehen ist die kostenpflichtige Abgabe von Cannabisblüten über Apotheken bis monatlich 30 Gramm, dies entspricht bis 7,5 Gramm Tetrahydrocannabinol“, schreibt Schnell auf seiner Website. Ob das BfArM diesem Vorhaben zustimmen wird, ist bislang noch schwer abzuschätzen. Marko Dörre, Gesellschafter der Forschungsinitiative Cannabiskonsum: „Die Hürden für unsere Studie sind hoch, aber wir sind vorsichtig optimistisch, noch in diesem Jahr alle gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen.“ Primäres Ziel sei aber nicht, den legalen Konsum von Cannabis zu Genusszwecken zu protegieren. Jetzt hat Dörre aber erst einmal andere Sorgen - er sucht einen neuen Forschungsleiter. "Wir vertiefen nun unsere Gespräche mit weiteren Wissenschaftlern, die sich ernsthaft mit Cannabiskonsum auseinandersetzen. Dabei ist uns wichtig zu betonen, dass Forschung immer frei von sachfremder Einflussnahme sein sollte", unterstreicht er.