Für alle, die Pillen nicht runter kriegen und Spritzen fürchten wie der Teufel das Weihwasser, naht jetzt die Rettung. Mit einem therapeutischen Laserschwert könnten wir künftig unsere Haut durchlöchern, um Arzneistoffe sicher und direkt in den Körper – nun ja – zu ballern.
Wer denkt, dass Liechtenstein nur Banken kann, ist schief gewickelt. Aus Liechtenstein stammt nämlich das Unternehmen Pantec Biosolutions, das antritt, die Applikation von Medikamenten durch den Einsatz modernster Lasertechnologie zu revolutionieren. Statt all den teuer hergestellten, therapeutisch wirksamen Substanzen die Tortur mit der viel zu sauren Magenpassage anzutun oder sie ohne Rücksicht auf Verluste, sprich Blutgefäße, ins subkutane Fettgewebe oder in den Muskel zu injizieren, möchte Pantec Arzneien ganz schonend per Laser durch die Haut befördern. Gelingen soll das mit einem Gerät, das in seiner derzeitigen Version aussieht wie eine Massagehilfe für den Heimgebrauch.
Bohrung mit Zielfernrohr
Das Prinzip ist relativ naheliegend: Um den Kampf, den konventionelle transdermale therapeutische Systeme mit der zähen Epidermis der menschlichen Haut ausfechten, etwas zielführender zu gestalten, hält sich der Patient ein von Pantec hergestelltes Gerät auf die Haut, das auf den Namen P.L.E.A.S.E., hört. P.L.E.A.S.E. ist eine in ihrer Semantik nicht völlig überzeugende Abkürzung für „Painless Laser Epidermal System“. Auf Knopfdruck legt P.L.E.A.S.E. los und perforiert die Haut mit Laserstrahlen, Verzeihung legt Mikroporen an, durch die dann auch großmolekulare Arzneimittel zwanglos ins Körperinnere gelangen können. Der Charme an dem System soll darin bestehen, dass Anzahl und Tiefe der Poren variabel sind. So kann die Zahl der Poren den jeweiligen Bedürfnissen, sprich der Menge der zu applizierenden Substanz, angepasst werden. Pro Array können bis zu 5000 Poren erzeugt werden, mit einem Durchmesser in der Gegend von 200 Mikrometern. Variabel ist auch die Tiefe der Poren, was deswegen wichtig ist, weil P.L.E.A.S.E. so konzipiert sein soll, dass die Poren nur Hornhaut und Epidermis, nicht aber die gefäß- und nervenreiche Dermis perforieren. In Schritten von fünf bis zehn Mikrometern bohrt sich der Laser demnach abladierend durch die obersten Hautschichten und hält an, sobald sich die Umgebung nach Dermis anfühlt. Wer sich die Sache genauer ansehen will, kann das in diesem Video tun.
Studie: Durch die Löcher geht was Großes durch.
Aktuell hat der Hersteller jetzt die ersten Studiendaten vorgelegt, und zwar aus einer klinischen Phase I-Studie mit gesunden Freiwilligen. Ziel der Studie war es, Sicherheit und Verträglichkeit einer Kombination aus Laserbehandlung und FSH-haltigem Pflaster zu evaluieren. FSH, das follikel-stimulierende Hormon, wurde deswegen ausgewählt, weil es ein mögliches Einsatzszenario für die P.L.E.A.S.E.-Laser darstellt. FSH wird unter anderem im Rahmen der in vitro-Fertilisation eingesetzt, um das Follikelwachstum zu stimulieren. Es ist ein großes und relativ empfindliches Hormon, das bisher subkutan oder intramuskulär injiziert wird. Angesichts der oft wiederholten IVF-Zyklen ist das sicher nicht das reine Vergnügen.
In der Studie wurde bei Männern zunächst die Haut mit Hilfe der Lasertechnologie perforiert. Auf das durchlöcherte Areal wurden dann FSH-Pflaster geklebt. Das Ergebnis: Anhand der FSH-Serumspiegel ließ sich nachweisen, dass das 32 KDa-Protein tatsächlich über die Haut aufgenommen wurde. Die Aufnahme geschah zudem mit einer reproduzierbaren Pharmakokinetik, die kaum inter-individuelle Variationen zeigte. „Diese Studie zeigt zum ersten Mal, dass P.L.E.A.S.E. es ermöglicht, große Proteine wie FSH in therapeutischen Mengen aus stabilen Pflastern zu übertragen“, betont Pantec-CEO Christof Boehler. „Die Studie ist für uns ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Kommerzialisierung.“
Zuvor hatte bereits eine Studie mit zwölf Freiwilligen untersucht, ob die Durchlöcherung der Haut von den Probanden einigermaßen vertragen wird. Das war der Fall. 20 Prozent gaben an, bei in diesem Fall 150 angelegten Mikroporen keinerlei Unannehmlichkeiten verspürt zu haben. Weitere 70 Prozent berichteten von leichten Unannehmlichkeiten. Objektiv kam es zu einer Rötung der Haut, die nach Stunden bis Tagen verschwindet. In der histologischen Untersuchung des Porenareals fand sich kein Hinweis auf Hitzeschäden. Der Anfang scheint gemacht.