Nach vielen Rückschlägen in der Therapie beim fortgeschrittenen Melanom sind die Dermatoonkologen wieder etwas optimistisch. Neue immuntherapeutische Ansätze lassen sie hoffen. Doch noch hat der bösartige Hauttumor die Nase vorne.
Bei konstanter Mortalitätsrate steigt die Inzidenz des Melanoms weltweit um etwa 3 % pro Jahr an. Grund ist die verbesserte Früherkennung dünner Melanome, bei denen eine Operation in etwa 85% der Fälle zu einer Heilung führen kann. Im Gegensatz dazu beträgt beim fortgeschrittenen Melanom die durchschnittliche Fünfjahres-Überlebensrate nur 11%, die mediane Überlebenszeit nur 6 - 12 Monate. Denn die meisten klassischen Tumortherapien beim Melanom haben schlechte Ansprechraten. Eine wesentliche Ursache ist vermutlich die Resistenz gegenüber der chemotherapieinduzierten Apoptose. Ausserdem können Melanomzellen zusätzlich chemotherapieinduzierte DNA-Schäden durch eine DNA-Reparatur beseitigen.
Hoffnungsschimmer Immuntherapien
Hoffnungen setzen die Forscher daher auf immuntherapeutische Ansätze. So wird bereits seit Jahrzehnten die Entwicklung von therapeutischen Impfstoffen verfolgt. Bislang aber haben sich die meisten Vakzine-Ansätze als nur wenig effektiv erwiesen, sagt Dr. Mario Sznol aus New Haven (Current Oncology Reports 2009. 11, 397 - 404). Recht positive Daten sind allerdings in diesem Jahr auf dem Onkologen-Kongress (ASCO) in Orlando vorgestellt worden: Patienten mit metastasiertem Melanom profitierten von einer therapeutischen Vakzine, die zusätzlich zur Standardtherapie mit Interleukin 2 verabreicht wurde. In einer Studie mit fast 200 Patienten lebten die geimpften Patienten im Median noch 17,9 Monate, in der Vergleichsgruppe noch knapp 13 Monate. Die aktuelle Studienlage zeigt aber insgesamt, dass bei Fernmetastasen bisher nur ein Teil der Patienten von einer Vakzinierung profitiert. Mit ein Grund für die bislang eher ernüchternden Ergebnisse ist, dass das Melanom sich durch unterschiedliche Mechanismen der Immunantwort entziehen kann, etwa durch Verlust der Antigenität, Expression Apoptose-induzierender Rezeptoren für T-Lymphozyten oder Sekretion hemmender Zytokine für T-Zellen.
Antikörper sollen es richten
Ein weiterer, intensiv erforschter immuntherapeutischer Ansatz sind CTLA4-Antikörper. Die beiden bekanntesten Antikörper, für die es bereits positive klinische Daten gibt, sind die humanen Antikörper Ipilimumab von BMS und Medarex sowie Tremelimumab von Pfizer. Die Expression von CTLA4 (cytotoxic T-lymphozyte associated antigen 4) auf der Zelloberfläche aktivierter T-Lymphozyten dient pyhsiologisch der lokalen, temporären Kontrolle der Immunantwort. Aktivierte T-Zellen präsentieren aber auch CTLA4-Rezeptoren, die eine etwa 100fach erhöhte Affinität zu den kostimulatorischen Molekülen B7.1 und B7.2 auf Antigen-präsentierenden dendritischen Zellen haben. Dadurch wird die aktivierende Bindung mit CD28 verdrängt, was eine Inaktivierung der T-Zelle zur Folge hat. Diese Interaktion ist eine der Schlüsselmechanismen der immuntherapeutischen Antwort beim Melanom. Ein laut Mario Sznol viel versprechender Ansatz ist zudem die Blockade des transmembranen Proteins PD (Programmed Death)-1 mit einem Antikörper. Nach experimentellen Daten bewirkt der PD-1-Signalweg eine Hemmung der T-Zell-Aktivierung. Im Experiment hat sich die PD-1-Blockade bereits als effektiv erwiesen: In murinen Modellen verhinderte sie die Metastasierung etablierter Tumore.
Erfolge mit Kombitherapie und künstlichen Viren
Über Erfolge im Tierversuch mit einer Kombination von Chemo- und Immuntherapie haben darüber hinaus vor kurzem Bonner Wissenschaftler berichtet. Die Forscher unter Leitung von Professor Dr. Gunther Hartmann, Direktor des Instituts für Klinische Chemie und Pharmakologie der Universität Bonn, kombinierten dazu drei verschiedene Ansätze: Zunächst erhielten krebskranke Mäuse eine Chemotherapie. Im Anschluss spritzten die Forscher den Tieren Killerzellen des Immunsystems in die Blutbahn, die Hautkrebszellen spezifisch erkennen können. Als dritte Komponente der Therapie injizierten die Forscher künstliche Viren in die Tumore, so dass den Immunzellen eine Virusinfektion vorgetäuscht wurde. Der trojanische Trick funktionierte: Sowohl die Primär-Tumoren in der Haut als auch die Metastasen wurden gezielt zerstört.
Gemeinsam mit Münchner Kollegen hatten die Bonner Forscher das Verfahren entwickelt, das die Melanom-Zellen in den programmierten Zelltod (Apoptose) treibt. Die synthetische Erbinformation der Viren - so genannte Triphosphat-RNA - besitzt charakteristische chemische Merkmale, mit deren Hilfe der Körper eine Virusinfektion identifizieren und bekämpfen kann. Im Vergleich zu intakten Viren hat die synthetische RNA den Vorteil, dass sie sich nicht im Körper ausbreitet und vermehrt. Gleichzeitig aktivierte diese Behandlung das Immunsystem, das dann die Krebszellen erkannte und zusätzlich bekämpfte. Gesunde Zellen bleiben bei diesem Ansatz verschont, weil ein Schutzmechanismus sie vor dem programmierten Selbstmord bewahrt. In Laborversuchen konnten das Forscherteam unter Leitung von Privatdozent Robert Besch bereits zeigen, dass das neue Verfahren Hautkrebs-Metastasen in der Lunge erfolgreich reduziert.
Trotz aller Fortschritte in der Tumorimmunologie und der Entwicklung immuntherapeutischer Ansätze ist gegenwärtig die noch immer beste Therapie die Prävention plus Früherkennung. Denn hat der Hauttumor erstmal Tochtergeschwülste gestreut, schlägt er den Ärzten immer noch ein Schnippchen.