Patientenindividuelle Arzneimittelblister können die Sicherheit der Arzneimittelversorgung deutlich verbessern. Geld allerdings bekommen die Apotheker für diesen Service nur schwer. Ein neuer Verband soll in Berlin jetzt Druck machen. Das Ziel ist eine flächendeckende Regelung.
Wer genaue Zahlen darüber sucht, wie viele Apotheken in Deutschland derzeit eine patientenindividuelle Verblisterung von Arzneimitteln anbieten, der sucht bisher vergebens. Klar ist, dass hier ein neuer Markt entsteht, wie die wachsende Zahl von Anbietern zeigt. Das Unternehmen Kohl mit seinr Tochter 7x4 Pharma, die industrielle Verblisterungen in großem Stil anbietet, hat dem Thema viel Publicity verschafft. Allein auf weiter Flur ist 7x4 Pharma aber nicht: Anbieter wie Cogipharm, die Deutsche Blistergesellschaft, Kölsche Blister, Multidos, mycare, Sanipharma und Schwabenblister haben sich positioniert und wollen ihren Teil vom Blisterkuchen haben.
Bei der Finanzierung schauen Apotheker oft in die Röhre
Die letztgenannten sieben Unternehmen sind auch die Gründungsmitglieder des neuen Bundesverbands Patientenindividueller Arzneimittelverblisterer (BPAV), der sich die schöne Webadresse Blisterverband.de gesichert hat. „Unsere Mitglieder haben das Ziel, die Verblisterung für das pharmazeutische Vollsortiment der Apotheke anzubieten und sich nicht aus technischen Gründen auf ein schmales Teilsortiment zu beschränken“, sagte der Vorsitzende des Verbands, Hans-Werner Holdermann, im Gespräch mit den DocCheck News. Damit gewinnt die von allen Blisterunternehmen für sich in Anspruch genommene Verbesserung der Qualität der Arzneimittelversorgung an Breite. Denn „Vollsortiment“ bedeutet für Holdermann, dass die Therapiefreiheit des Arztes nicht eingeschränkt wird: „Er kann so verordnen, wie er das medizinisch für richtig hält und muss sich nicht an vorgefassten Listen verblisterbarer Medikamente orientieren.“
Die Frage, wie viele Apotheken in Deutschland derzeit Verblisterungsdienstleistungen anbieten, kann auch der BPAV im Moment nicht beantworten. „Es ist eines unserer Ziele, in diesem Punkt ein wenig mehr Transparenz zu schaffen und die unterschiedlichen Qualitäten herauszuarbeiten“, so Holdermann. „Es ist ein mittlerweile erheblicher Qualitätsschub eingetreten.“ Vor allem Patienten in Pflegeheimen kommen derzeit in den Genuss von Wochenblistern. Doch eine qualitative Verbesserung bei der Arzneimittelversorgung könnte mit Hilfe der Blistertechnologie bei einem sehr viel breiteren Patientenkollektiv erreicht werden. Allein: Für die Mehrheit der derzeit im Markt befindlichen Angebote gibt es noch kein Finanzierungskonzept. Der Apotheker rechnet die Arzneimittel wie sonst üblich ab. Die Kostenweitergabe für den Service der Verblisterung gestaltet sich schwierig. Die ungleich größeren Heimträger nutzen häufig ihre herausragende Marktstellung zu Lasten der mittelständischen Apotheke aus.
Einzelverträge unerwünscht
„Was wir nicht wollen, ist das von einigen propagierte Modell einer Verblisterung im Rahmen individueller Verträge mit Krankenkassen“, betonte Holdermann. Angesichts der nach wie vor hohen Zahl an Krankenkassen drohe hier ein Versorgungschaos, das den Zielen des Verbandes zuwiderlaufe, den Arzneimittelabgabeprozess zu optimieren. „Was wir erreichen wollen, sind flächendeckende, allgemeinverbindliche Regelungen, die bundesweit und für alle Apotheken gelten.“ Die Kosten für die Wochenblister beziffert der BPAV auf drei bis vier Euro. Auf ein genaues Vergütungsmodell festgelegt hat man sich bewusst noch nicht.
Dass die Verblisterung nicht nur den Kunden das Leben vereinfacht, sondern sich zumindest aus einer höheren Perspektive für das Gesundheitswesen auch rechnet, davon ist man bei BPAV überzeugt. So werde durch die pharmazeutischen Blister unter anderem die Arzneimittelcompliance verbessert. Auch Effizienzreserven ließen sich heben, weil beispielsweise die Prozesse bei der Arzneimittelausgabe durch Pflegekräfte mit patientenindividuellen Wochenblistern wesentlich schlanker gestaltet werden könnten.