Die Einnahme hormoneller Kontrazeptiva kann zu weniger Lebensqualität führen, geht aus einer aktuellen Studie hervor. Besonders aufmerksam sollte man in Einzelfällen sein: Manche Frauen, die die Anti-Baby-Pille nehmen, reagieren unerwartet stark auf Hormone.
Weltweit verhüten schätzungsweise mehr als hundert Millionen Frauen mit oralen Kontrazeptiva. Abhängig von der Art und der Menge an Wirkstoffen kann es zu einem erhöhten Thromboserisiko kommen. Gleichzeitig wird die „Pille“ in Studien mit einer verminderten Libido in Verbindung gebracht. Viele Frauen berichten auf Twitter unter dem Hashtag #MyPillStory über Erfahrungen. Der Zusammenhang mit ihrer Medikation ist nicht immer klar, hat Wissenschaftler jedoch ermutigt, weiter zu forschen.
Angelica Lindén Hirschberg vom Karolinska-Universitätskrankenhaus in Stockholm kritisiert, es seien noch zu wenige Details über die Wirkung von Hormonen bekannt. Für ihre randomisierte kontrollierte Studie rekrutierte sie 340 Frauen zwischen 18 und 35 Jahren ohne Vorerkrankungen. Sie erhielten drei Monate lang 150 μg Levonorgestrel plus 30 μg Ethinylestradiol oder Placebo. Gleichzeitig wählten die Teilnehmerinnen andere Verhütungsmöglichkeiten. Anschließend befragten Forscher Probandinnen mit dem Beck Depression Inventory (BDI) und dem Psychological General Well-Being Index (PGWB). Während Lindén Hirschberg beim BDI keine Auffälligkeiten bemerkte, fand sie beim PGWB tatsächlich unerwünschte Effekte. Das allgemeine Wohlbefinden verschlechterte sich signifikant im Gesamtscore um 4,12 Punkte bei einer Bandbreite von 0 bis 110 Punkten. Betroffen waren das „positive Wohlbefinden“ (minus 3,90 Punkte, Bereich 0 bis 20 Punkte), die Selbstkontrolle (minus 6,63 Punkte, Bereich 0 bis 15 Punkte) sowie die Vitalität (minus 6,84 Punkte, Bereich 0 bis 20 Punkte). Die Autoren sprechen zusammenfassend von geringen Abweichungen ohne allzu große Relevanz im statistischen Mittel. Ärzte und Apotheker warnen trotzdem vor Nebenwirkungen. Hirschberg will nicht ausschließen, dass Frauen ihre orale Kontrazeption aufgrund von Beschwerden nicht einnehmen. Dem gegenüber steht eine methodische Schwäche der Veröffentlichung: Inwieweit die Teilnehmerinnen aufgrund der veränderten Verhütung Einfluss auf Ergebnisse hatte, bleibt unklar. Sie konnten sich ja nicht auf ihre „Pille“ verlassen, da Teilnehmerinnen entweder Verum oder Placebo erhalten haben. Diese Tatsache führt vielleicht allein zu Veränderungen beim PGWB-Score.
Dass es beim BDI zu keinen Besonderheiten kam, könnte möglicherweise an der kurzen Studiendauer oder an der kleinen Teilnehmerzahl liegen. Im letzten Jahr zeigten sich in der Studie von Charlotte Wessel Skovlund von der Universität Kopenhagen sehr wohl Auffälligkeiten bei Medikationsdaten. Frauen, die hormonelle Kontrazeptiva einnahmen, bekamen deutlich häufiger Antidepressiva verordnet. Basis der Arbeit waren Daten von einer Million Patientinnen aus dänischen Registern. Auch hier war das Risiko für einzelne Anwenderinnen gering, eine mögliche Depression sollte als Risikofaktor in Beratungsgesprächen dennoch berücksichtigt werden.