Welches Antidepressivum Betroffenen hilft, lässt sich bisher nicht voraussagen. Patienten müssen sich häufig einigen Behandlungszyklen mit unterschiedlichen Antidepressiva unterziehen. Nun soll ein Bluttest anzeigen, ob eine Therapie Erfolg hat oder nicht.
Bisher sei die Entscheidung für ein bestimmtes Antidepressivum „nicht viel besser, als eine Münze zu werfen“, so Professor Madhukar H. Trivedi vom Center for Depression Research and Clinical Care (CDRC) in Texas. Patienten reagieren ganz unterschiedlich auf Antidepressiva. Bei ungefähr einem Drittel zeigt das erste verordnete Antidepressivum keine Wirkung. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Wirksamkeit grundsätzlich erst nach vier bis sechs Wochen kontinuierlicher Einnahme herausstellt. Es ist daher nicht ungewöhnlich, dass Patienten sich einigen Behandlungszyklen mit unterschiedlichen Antidepressiva unterziehen müssen, bevor ein passendes Medikament in der geeigneten Dosierung gefunden ist. Abgesehen von den damit verbundenen Kosten führt dies zu langwierigem Leiden sowie zu einem erhöhten Suizidrisiko.
Jetzt ist der Psychiater Trivedi optimistisch, erstmals einen biologischen Marker gefunden zu haben, mit dem sich die Wirksamkeit eines Antidepressivums prognostizieren lässt. Seine Annahme: der Gehalt an C-reaktivem Protein (CRP) im Blut kann die Ansprechrate auf eine Therapie mit dem SSRI Escitalopram voraussagen. Dass erhöhte Entzündungswerte bzw. ein erhöhter CRP-Spiegel im Blut mit Depressionen einher gehen können, ist seit seit längerem bekannt. Trivedi überprüfte in seiner neuen Studie die Remissionsrate von 106 Patienten mit einer schweren Depression, die mit Escitalopram alleine oder in Kombination mit Bupropion behandelt wurden. Und stellte dabei einen klaren Zusammenhang zwischen CRP-Spiegel zu Beginn und beim Ansprechen der Therapie fest. Die Studie ergab: Bei Probanden mit hohen CRP- Ausgangswerten (über 1 mg/l) erwies sich die Kombinationstherapie am effektivsten. Darauf sprachen 51 % der Patienten an, bei der Monotherapie waren es 33 %. Umgekehrt wirkte bei Probanden mit einem niedrigem CRP- Ausgangswert (unter 1 mg/l) die Monotherapie besser. Hier betrug die Ansprechrate 57 % im Vergleich zu 30 % der Patienten in Kombinationsbehandlung. Welche Therapieform für den jeweiligen Patienten potenziell geeignter ist, ließ sich unkompliziert feststellen. Dazu musste nur etwas Blut aus der Fingerbeere entnommen werden.
Trivedi glaubt, dass depressive Patienten mit einer personalisierten Therapie motivierter sein könnten, die medikamentöse Behandlung fortzuführen und die Therapie nicht vorschnell abzubrechen. Das Aufgeben sei laut Trevedi „ein zentrales Symptom dieser Krankheit“. Eine biologische Erklärung könne den Betroffenen mit schwerer Depression zumindest helfen zu verstehen, warum die erste Therapie nicht erfolgreich verlief. Die Ergebnisse deuten für Trivedi darauf hin, dass der simple CRP-Test unkompliziert in der Praxis eingesetzt werden könnte. Das würde die Wahl eines passenden Antidepressivums erleichtern. In einer Studie des Münchner Max-Planck-Institut für Psychiatrie (MPI) konnten Wissenschaftler zudem einen biologischen Marker für das Antidepressivum Paroxetin identifizieren. Sie zeigten, dass zwischen Glutamat- und Ubiquitin-Proteasom-Signalwegen und der Reaktion auf das Medikament ein direkter Zusammenhang besteht. Originalpublikation: Can C-reactive protein inform antidepressant medication selection in depressed outpatients? Findings from the CO-MED trial Madhukar H. Trivedi et al.; Psychoneuroendocrinology, doi:10.1016/j.psyneuen.2017.01.023; 2017