Rezeptfreie Präparate gegen prämenstruelle Beschwerden gibt es wie Sand am Meer. Meist enthalten sie Mönchspfeffer, Vitamin B6 oder Nachtkerzenöl, alles Wirkstoffe mit maximal mäßig belegtem Effekt. Die Zeitschrift Öko-Test meint trotzdem, Unterschiede gefunden zu haben. Ganz nachzuvollziehen ist es nicht.
Frei verkäufliche Arzneimittel hatten es noch nie leicht bei Deutschlands Warentestern. Ob Stiftung Warentest oder Öko-Test, wenn sich die in diesen Fällen natürlich von Ärzten unterstützten Produktwächter ans Apothekenregal ranmachen, entsteht oft viel Getöse. Im Moment kommt es mal wieder besonders dicke: Nachdem die Zeitschrift Öko-Test schon im Augustheft einige Unruhe in die Apothekenkundschaft gebracht hat, weil sie rezeptfreie Aknemittel ziemlich heftig abwatschte, sind in der aktuellen Septemberausgabe jetzt Arzneimittel gegen prämenstruelle Beschwerden (PMS) dran.
Nachtkerzen sind bei PMS Armleuchter
Auch hier ist das Ergebnis nicht berauschend. Zwar sind die Ausschläge nach unten nicht so dramatisch wie bei den Aknemitteln: Von 21 getesteten Präparaten gegen prämenstruelle Beschwerden war nur eines "mangelhaft" und eines "ausreichend". Alle anderen aber kamen über ein "befriedigend" auch nicht hinaus, was den Apotheker wieder einmal in ein Beratungsdilemma stürzt: Wer will schon ein nur befriedigendes Medikament verkaufen? Grund für das schlechte Abschneiden der Mittel waren dieses Mal weniger die bedenklichen oder unerwünschten Hilfsstoffe, die die Bewertung vieler Aknemittel so sehr in den Keller getrieben hatten. Das Problem bei den jetzt getesteten Mitteln gegen prämenstruelle Beschwerden war in erster Linie die Wirksamkeit. Die getesteten Präparate enthielten alle entweder Mönchspfeffer, Vitamin B6 oder Nachtkerzenöl. Am wenigsten belegt bei Frauen mit PMS ist nach Auffassung der Tester die Wirksamkeit von Nachtkerzenöl, weswegen die beiden Nachtkerzenöl-haltigen Nahrungsergänzungspräparate "Sanct Bernhard Nachtkerzenöl Kapseln" und "Abtei Nachtkerzenöl Zyklus-Aktiv-Kapseln" nur mit "ausreichend" beziehungsweise mit "mangelhaft" bewertet wurden. Ein Blick in die Datenbank Pubmed kann diese Einschätzung der Tester bestätigen: Es gibt einige wenige Studien dazu. Keine ist groß, und fast alle sind negativ.
Vitamin B6 bekommt den Segen der Tester - warum?
Günstiger bewertet Öko-Test das Präparat "Bonasanit Zyklus-Vitamin Filmtabletten", das einzige Präparat im Test, das als Wirkstoff Vitamin B6 enthält. Zwar reicht es auch hier nur für die Gesamtnote "befriedigend". Doch liegt das vor allem daran, dass der Hersteller im Beipackzettel auf den Hinweis verzichtete, dass bei Spannungs- und Schwellungsgefühlen in der Brust oder bei Störungen der Regelblutung der Arzt aufgesucht werden sollte. "Diesen Mangel quittierten wir mit Punktabzug", so Öko-Test. In Sachen Wirksamkeit wird bei Vitamin B6 auf Studien verwiesen, die "immerhin gut belegen" (Zitat), dass das Vitamin prämenstruelle Beschwerden lindern könne. Der Blick in die Pubmed-Datenbank mit ihren 22 Einträgen zum Thema lässt an dieser Einschätzung zumindest leichte Zweifel aufkommen. Die Studien sind klein, meist offen und keineswegs immer positiv für das Vitamin. Mehrere Review-Autoren sprechen zudem von "schlechter Beweislage" oder "schwachen Studien". Und in einer zehn Jahre alten Doppelblind-Studie gegen Placebo und gegen ein Antidepressivum (Fluoxetin) war Vitamin B6 nicht besser als Placebo.
Wird dem Mönchspfeffer unrecht getan?
Wer sich die Daten zu Vitamin B6 so ansieht, kann nicht ganz verstehen, warum Öko-Test den Mönchspfeffer schlechter findet. Die Wirksamkeit von Mönchspfeffer sei nur teilweise nachgewiesen, so die Zeitschrift, und entsprechend erhalten alle 18 Mönchspfeffer-Präparate im Test nur ein "befriedigend". Was aber ist ein teilweiser Wirksamkeitsnachweis? Der Beitrag erweckt den Eindruck, als gebe es zu Mönchspfeffer (Vitex Agnus Castus) nur Labortests, die nahe legten, dass sich die Anwendung bei Frauen lohnen könnte, die unter Spannungsgefühl in der Brust leiden, einem von sehr vielen Symptomen des PMS. Das aber ist klar falsch. Wer die Pubmed-Suchanfrage auf klinische Studien limitiert, stößt auf immerhin acht Einträge. Nicht viel, aber auch nicht nichts. Und wer genauer hinsieht, findet mehrere randomisiert-kontrollierte Studien, die zwar alle nicht groß, aber jedenfalls auch nicht kleiner als jene zu Vitamin B6 sind. Eine übrigens deutsche Studie aus dem Jahr 2001 hat immerhin 170 Frauen randomisiert und fand einen deutlichen Vorteil von Mönchspfeffer gegenüber Placebo. Fazit: PMS ist schlecht untersucht, und jenseits einer leidlich gut belegten Wirksamkeit rezeptpflichtiger Antidepressiva gibt es im rezeptfreien Bereich nichts, was über jeden Zweifel erhaben wäre. Auch Vitamin B6 nicht, trotz Öko-Test.