Neben Übelkeit und Erbrechen leiden Krebspatienten vor allem unter dem Haarausfall, der mit der Chemotherapie einhergeht. Zwei Studien zeigen jetzt, dass man mit Kühlkappen, die man vor der Infusion auf die Kopfhaut setzt, effektiv gegenwirken kann.
Zytostatika schädigen vor allem schnell wachsende Zellen. Dazu gehört nicht nur Tumorgewebe, sondern auch Haarwurzelzellen. Für Krebspatienten ist die chemotherapiebedingte Alopezie neben der Behandlung selbst eine extrem starke Belastung.
Deshalb setzen onkologische Praxen auf Systeme zur Kühlung der Kopfhaut, bekannt als „Scalp Cooling“. Sie erzeugen lokal eine Temperatur von rund 15°C. Das hat mehrere Effekte: Einerseits verlangsamen sich Stoffwechselprozesse. Andererseits führen Vasokonstriktionen dazu, dass weniger Chemikalien die Haarfollikelzellen erreichen. Jetzt hat ein internationales Forscherteam untersucht, welchen Mehrwert das Verfahren tatsächlich bietet. Am Projekt waren auch Mitarbeiter von Paxman beteiligt. Die Firma stellt Scalp-Cooling-Systeme her. Julie Nangia aus Houston, Texas, rekrutierte 182 Frauen mit Brustkrebs in frühen Stadien. Von ihnen wurden 119 Patienten der Kühlgruppe zugeordnet. Onkologen setzten ihnen eine kommerziell erhältliche Kühlkappe 30 Minuten vor Beginn der Infusion auf. Das Prozedere endete 120 Minuten nach Abschluss des jeweiligen Therapiezyklus. Weitere 63 Frauen erhielten eine leitliniengerechte Behandlung, jedoch ohne Scalp Cooling. Den Endpunkt, nämlich einen Alopeziegrad von null oder eins gemäß Common Terminology Criteria for Adverse Events (CTCAE), erreichten 50,5 Prozent aller Teilnehmer der Interventionsgruppe und null Prozent in der Vergleichsgruppe. Aufgrund der deutlichen Resultate brach Nangia ihre Studie vorzeitig ab.
Nangias vielversprechende Ergebnisse bestätigten sich in einer prospektiven Kohortenstudie. Hope S. Rugo, San Francisco, kühlte bei 106 Brustkrebs-Patienten die Kopfhaut ebenfalls mit marktüblichen Systemen. Ihre Kontrollgruppe umfasste 16 Frauen ohne Scalp Cooling. Alle Teilnehmer erhielten Docetaxel und Cyclophosphamid über vier bis sechs Zyklen. Das Zielkriterium (ein Haarverlust von weniger als 50 Prozent) erreichten 61 Prozent der Interventionsgruppe, aber null Prozent der Vergleichsgruppe. Auch beim speziell zugeschnittenen Fragebogen der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) zeigten sich signifikante Unterschiede. Beispielsweise gaben in der Kühlgruppe nur 27,3 Prozent an, sich weniger attraktiv und damit weniger eingeschränkt zu fühlen. In der Kontrollgruppe waren es 56,3 Prozent. Beide Arbeiten lieferten keine Anhaltspunkte auf zusätzliche Metastasen.