Herkömmliche Bildgebungsverfahren wie CT oder MRT bekommen bei der Krebserkennung einen wichtigen Verbündeten: Mit Hilfe eines Lasers gelang es Forschern, Tumorzellen im Blut der Patienten zu erkennen, ohne Blut abnehmen zu müssen. Der Strahl scannt die Oberflächen von Venen ab - und findet so, was sonst verborgen bleibt.
Tatsächlich gleicht die am Purdue's Cancer Center in Zusammenarbeit mit der Mayo Clinic entwickelte Methode einer Revolution. Ein so genanntes 2-Photonen-Mikroskop detektiert selbst einzeln zirkulierende Krebszellen - ein Novum.
Denn bislang ließen sich einzelne Tumorzellen vorwiegend aus entnommenen Blutproben der Patienten detektieren. Was einen erheblichen Nachteil nach sich zieht: Gerade im Anfangstadium einer Krebserkrankung ist die Zahl der malignen Zellen extrem gering. "Wenn wir nur zwei kanzerogene Zellen je 50 Milliliter Blut vorliegen haben, ist die Wahrscheinlichkeit gering, sie mit Hilfe einer herkömmlichen 10-ml Entnahme aufzuspüren", erklärt der an der Purdue Universität lehrende Chemieprofessor Ralph C. Corley die bisherigen Nachteile in der Krebsdiagnostik via Blutentnahme.
Genau diesen Schwachpunkt umgeht das so genannte 2-Photonen-Laserverfahren der US-Forscher. Zirkulierende Tumorzellen lassen sich nämlich mittels bestimmter Fluoreszenzmarker sichtbar machen, wenn ein Laserstrahl fest definierter Wellenlänge auf sie trifft. Mit dem verräterischen "Anstrich" konnten die Mediziner Prostata-, Eieistock-, Nieren- und Lungenkrebszellen versehen. Derart markiert, können sich die todbringenden Zellen nicht mehr verbergen.
Die Tumorzellen zum Leuchten bringen
Immerhin durchströmen 100 Milliliter Blut pro Minute die Venen des Patienten, genug, um den 1000 Mal pro Sekunde auf die Oberfläche auf und ab scannenden Lasers in das Innere blicken zu lassen. Jetzt erst kommt es zum entscheidenden Prozess der neuartigen Diagnostik: Die zuvor markierten Tumorzellen leuchten beim Aufprall der Photonen auf. Bis zu 100 Mikrometer tief dringen die optischen Wächter aus dem Lasermikroskop in die Venenoberfläche ein. Das dort registrierte Signal wiederum lässt sich anschließend an einen angeschlossenen Computer weiterleiten und visualisieren - selbst winzigste Tumore unterhalb der CT-kritischen Grenze von einem Millimeter Durchmesser spürt das Verfahren auf.
Die Idee, mit Hilfe von Laser-Fluoreszenz den Krebs rechtzeitig zu erkennen, ist so neu nicht. Bereist im Jahr 1989 verwies das zur US-Navy gehörende Defense Technical Information Center (DTIC) unter der Zugangsnummer ADA205222 auf ein damals visionär anmutende Dokument hin: "Cancer Diagnosis by Laser Spectroscopy". Darin schilderten Forscher den Unterschied zwischen Brustkrebszellen und ihren gesunden Pendants - und erkannten, dass sich beide Varianten durch den Einsatz von Markern und Laserstrahlen voneinander unterscheiden lassen. Die Publikation begeisterte die Bioradiologen der US-Navy, doch die medizinische Bedeutung veranlasste sie zu einem für das amerikanische Militär eher ungewöhnlichen Schritt: Sie klassifizierten das Paper nicht als geheim an, sondern vergaben den Status "Approved for public release".
Mediziner entdecken Terahertz-Strahlen
Seitdem hat sich in Punkto Laserdiagnostik einiges getan. Als besonders vielversprechend gilt auch hierzulande der Einsatz so genannter Terahertz-Systeme. Dabei setzen die Wissenschaftler einen 2-Farben-Laser ein. Der auch bei CD-Playern übliche Laser liefert nämlich zwei spezielle Wellenlängen, deren Differenz im sogenannten Terahertz-Bereich liegt. Auf diese Weise lassen sich zwei farbige Lichtstrahlen herausfiltern, die anschließend wieder zu ihrem Ausgangspunkt, einer Laserdiode, zurückgeleitet werden. Dort angekommen bilden zusammen sie die sogenannte Terawelle, die schließlich über weitere Schritte als diagnostisch wichtiges Terahertz-Licht herausströmt.
Dieser Strahl ist in der Lage, Gewebe zu durchdringen - und somit markierte Tumorzellen zum Leuchten zu bringen. Theoretisch. Denn in der Praxis wies das Verfahren einen enormen Nachteil auf: Die Wellen reagierten in Testversuchen besonders empfindlich auf Wasser, keine gute Voraussetzung, um ins Innere des Körpers zu blicken. Noch im Jahr 2005 hielten Wissenschaftler die Methode zwar für genial, aber gerade im onkologischen Einsatz für noch nicht ausgereift. Dass die Medizinforscher jenseits des Atlantiks jetzt einen Durchbruch, wenn auch in abgewandelter Form und vorerst noch nicht in klinischen Alltag, vermelden, überrascht demnach allemal - kommt aber für Insider alles andere als überraschend.
Die Potenziale der Optoelektronik, zu denen auch laserbasierte Diagnosen gehören, haben die Big Player am Markt längst erkannt. So hat auch das im thüringischen Jena ansässige Traditionsunternehmen Carl Zeiss im laufenden Geschäftsjahr den Unternehmensbereich Mikroskopie massiv ausgebaut. Seit Anfang März 2007 übernahmen die Thüringer das Instrumentengeschäft der Clarient, Inc. im kalifornischen Aliso Viejo. Der Vorstoß kommt nicht von ungefähr, wie die Jenaer unlängst mitteilten: "Durch die Akquisition eröffnen sich Carl Zeiss MicroImaging neue Wachstumschancen auf dem zukunftsträchtigen Markt der klinischen Krebsdiagnostik und -forschung".