Es gibt Hoffnung für Babies, die an Hirnschäden aufgrund einer periventrikulären Leukomalazie leiden: Innsbrucker Neonatologen untersuchen eine Möglichkeit, bereits entstandene Schädigungen zu beheben.
Die periventrikuläre Leukomalazie (PVL) zählt zu den häufigsten Ursachen neurologischer Entwicklungsstörungen Frühgeborener. Primar ist dabei die weiße Substanz im Gehirn geschädigt. Bei etwa 5 von 100 Neugeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1,5 Kilogramm kann eine PVL diagnostizert werden. Die Kinder entwickeln die Erkrankung zwar nach der Geburt, die Ursache liegt aber meist in pränatalen Bedingungen. Sauerstoffmangel oder Entzündungen können dafür verantwortlich sein. Bisher ist nicht feststellbar, wann genau die Schädigung entsteht, daher sind der Schadensprävention enge Grenzen gesetzt.
Die Babies leiden an schwerwiegende Folgen
In der weißen Substanz des Gehirns liegen motorische Nervenzellen, durch welche gezielte Bewegungen möglich sind. Aufgrund der Schädigung in diesem Bereich kommt es bei den betroffenen Kindern zu unterschiedlich starken Ausfällen motorischer Funktionen, die wiederum von der Ausprägung der Veränderungen abhängig sind. Die Palette reicht von Bewegungsstörungen der Beine (Diplegie) und Arme, Spastiken, über Beeinträchtigungen der kognitiven Funtionen bis zur Entwicklung einer Epilepsie (West-Syndrom). Bei jüngeren Kindern wird die periventrikulären Leukomalazie durch den Ultraschall diagnostiziert, bei Kindern ab dem Alter von 24 Monaten ist die Kernspintomografie (MRT) das diagnostische Mittel der Wahl. Eine Prognose zur Entwicklung des Kindes ist schwierig bis unmöglich, die tatsächliche individuelle Entwicklung eines Kindes kann seriöserweise nicht vorausgesagt werden.
Stimulierungstherapie soll Schäden beheben
Bisher gibt es noch keine kausale Therapie gegen die PVL, aber seit kurzem einen vielversprechenden Ansatz: Der Innsbrucker Neonatologe Dr. Matthias Keller hat Mäusen knochenmarkstimulierende Substanzen verabreicht und entdeckte: G-CSF (Granulozytenkolonie stimulierender Faktor) und SCF (Stammzellfaktor) unterstützen die Reparaturmechanismen eines Frühgeborenen. Die Substanzen kommen bereits in der Onkologie zum Einsatz. Das menschliche Gehirn macht im letzten Drittel der Schwangerschaft und in den ersten Monaten nach der Geburt die intensiveste Wachstumsphase durch und ist besonders plastisch. Diese Eigenschaft unterscheidet es vom Gehirn eines Erwachsenen, weshalb die Erkenntnisse nicht ohne weiteres auf Frühgeborene übertragbar sind.
Das Timing ist für den Erfolg entscheidend
Im Mausmodell zeigte sich aber: Werden G-SCF und SCF dem Frühgeborenen unmittelbar nach der Hirnschädigung gegeben, haben sie eine schädliche Wirkung, wenige Tage danach reduzieren sie den Hirnschaden aber um 30-50 Prozent. Die Stimulierung der kindeigenen Stammzellenproduktion durch G-SCF und SCF erscheint beim Neugeborenen physiologischer als eine Therapie, bei der Stammzellen erst gezüchtet und dann ins Hirn injiziert werden. Diese Erkenntnisse stimmen optimistisch. Die Regeneration von Nervenzellen ist jedoch nur Teilbereich. Keller will mit seinem Team nun untersuchen, ob die regenerierten Nervenzellen auch eine normale neurologische Funktion, besitzen, und Verbindungen herstellen können und sich vergewissern, dass diese Behandlungsmethode der weiteren Entwicklung eines Frühgeborenen nicht schadet. Außerdem geht er der Frage nach, ob kindeigene Stammzellen aus der Nabelschnur oder speziell vorbereitete Zellen eine noch bessere Wirkung erzielen könnten.