Anstatt nicht miteinander zu können, können sich Naturheilkunde und konservative Medizin gegenseitig nützen. Eine kleine Exkursion in die, bzw. in eine Praxis zeigt, wie gut sich die verschiedenen Disziplinen zum Wohl der Patienten miteinander vertragen.
Es soll noch konservative Mediziner geben, die Naturheilkunde für Unfughalten. Und umgekehrt. Wie sich zeigt, ist beides Unfug. Anstatt eineder beiden Disziplinen grundsätzlich zu präferieren, finden sich immermehr Ärzte, die konservative Medizin und Naturheilkunde kombinieren.Das spiegelt sich zum Beispiel in der wachsenden Anzahl vongemeinschaftlichen Praxen oder einzelnen Ärzten mit mehrfachenAusbildungen in den verschiedenen Disziplinen wider. Womit wir beiunserem Fallbeispiel wären: dem "Zentrum für ganzheitliche Medizin",das Dr. Donald H. Wehmann neben seiner Position als lehrbeauftragterArzt an der Charité mit zwei Kollegen in Berlin-Kreuzberg betreibt.
Gegen Beratungsresistenz ist kein Kraut gewachsen
Dreiverschiedene Phänotypen kann Dr. Wehmann unter seinen Klientenausmachen: Die einen wollen Pillen, aber keine Beratung. Die anderenwollen Universalheilung mittels Naturheilkunde, aber keine Beratung.Jeder Vertreter dieser beiden Gruppen ist schnell verschwunden und wardnie wieder gesehen. Nur die dritte Spezies kommt wieder aufgrund einerhilfreichen Prädisposition, die man auch einfach Einsicht nennen kann.Es handelt sich dabei um den nicht beratungsresistenten Patienten, dertendenziell guten Willens ist, der Wahrheit ins Auge zu blicken, obwohldas anfangs mitunter sehr schmerzhaft sein kann.
Der mit dem Rezeptblock wedelt
Die ersten beiden Kategoriensind typische Vertreter zweier heute weit verbreiteter Extreme. Auf dereinen Seite der Fatalist, der sich in seiner extremsten Version nachder By-pass-Operation eine Zigarette anzündet oder der sich zumFast-Food-Mahl eine Pille gegen Fettleibigkeit wünscht. DieseZeitgenossen bevölkern bevorzugt Praxen, in denen das wichtigsteInstrument des Arztes der Rezeptblock ist und wo der Doktor einfach fürjedes Wehwechen ein passendes Mittelchen weiß.
Mit besten Grüßen vom Wunderheiler Ihres Vertrauens
Auf deranderen Seite findet sich der Radikalesoteriker, der jeden fürschulmedizinisch verbohrt hält, der eine Krebserkrankung nicht spontanmit ein bisserl Ayurveda-Zauber heilen will, und der sich jeglichenEinsatz von Chemie gefälligst grundsätzlich verbittet. Dieser beschertdann den Dr. Rathens dieser Welt ihren üppigen Umsatz und sorgt fürMedienmeldungen, die zum Lachen wären, wären sie nicht mituntertodernst. Mit Wunderheilern und Esoterikjüngern jedenfalls treffenfrohe Geschäfts- auf naive Heilserwartungen und erzeugen im harmlosenFall nichts außer sattem Umsatz für ersteren und im schlimmeren Falleine ernste Gesundheitsbedrohung für letzteren.
Der Mittelweg zwischen Pille oder Eso pur
Im Zentrum fürganzheitliche Medizin dagegen operiert Dr. Wehmann vorzugsweisezwischen den beiden Extremen, die sich in ihrer Vernunftverweigerungübrigens erstaunlich ähneln. Es zeigt sich dabei, dass das Wörtchen"ganzheitlich" durchaus noch sinnstiftend sein kann, obwohl esinzwischen in der Öffentlichkeit so inflationär gebraucht wird, dassdas Angebot eines ganzheitlichen Reifenwechsels bei einer ayurvedischenKFZ-Werkstatt kaum noch überraschen würde.
Ganzheitlich, aber seriös
Dr. Wehmann also führt "ganzheitlich"im Schilde und meint damit letztendlich die Wahrheit, die bei gut zweiDritteln seiner Patienten in den eigenen Lebensumständen und in dermangelnden Eigenverantwortlichkeit zu suchen ist. Vor allem bei dadurchverursachten chronischen Beschwerden und zivilisationsbedingtenBefindlichkeitsstörungen weiß die Schulmedizin allein oft nicht weiter.Hier vertraut Dr. Wehmann auf ein uraltes heilkundlichesUniversalrezept: das rechte Maß. Als allgemeiner Arzt, traditionellchinesischer Mediziner (TCM), Psychotherapeut und Psychoanalytiker inPersonalunion betrachtet er Patienten naturgemäß nicht nur aus einereinzigen Perspektive. Ein gebrochenes Bein oder eine akute Entzündungwird genauso wenig mit einem Voodoo-Tanz behandelt, wie ein eindeutigdurch schlechten Lebenswandel indiziertes Leiden langfristig nur mitdem Medikamenten-Hammer bearbeitet wird.
Am meisten schmerzt immer noch die Wahrheit
Junge Frauen leidenan Blutunterdruck, weil sie nur Salat essen und sogar davon noch zuwenig. Ältere Herren dagegen leiden an Bluthochdruck, weil sie nurfettes Fleisch essen und davon zuviel. Zwei weitere Repräsentanten fürzivilisatorisch indiziertes Leiden, das sich oft in Dr. WehmannsSprechstunde einfindet. Beide sehen ungern ein, dass das beste Mittelgegen die Beschwerden in der Änderung ihrer Lebensumstände liegt. Auchwenn Dr. Wehmann die akuten Symptome dieser Verhaltensweisenkurzfristig medikamentös behandelt: Die ungeschönte Aufklärung über denkrankmachenden Lebenswandel schmerzt in solchen Fällen zwar, ist aberlangfristig ohne Alternative.
Nicht entweder-oder, sondern adjuvant
Entscheidend ist beijedem Patienten prinzipiell die seriöse und individualisierteAbgrenzung der somatischen, psychosomatischen undalternativ-medizinischen Diagnosen und Behandlungen. Das Zauberwortdabei heißt "adjuvant". Naturheilkundliche Therapieformen werden in derRegel adjuvant, also ergänzend angewandt. Sie können Heilprozesseunterstützen oder die Nebenwirkungen von Behandlungen wie zum Beispielvon Chemotherapien lindern. Sie können helfen, wo die konservativeMedizin nur Symptome, aber keine Krankheiten findet. Sie sind aber auchdann nur ein ergänzendes Element und kein Universalheilmittel.Letztlich können weder Schuldmedizin, noch Naturheilkunde heilen, wennMenschen von einem ungesunden Lebenswandel partout nicht lassen wollenoder können, so dass dann die dritte Komponente derpsychotherapeutischen oder psychoanalytischen Behandlungen angeratenist.
Am Ende ist alles ganz einfach
Schließlich zeigt sichwahrscheinlich nicht nur in der täglichen Praxis von Dr. Wehmann, dasskeine Methode die andere ersetzen kann. Sondern dass konservativeMedizin und seriöse Naturheilkunde sich gegenseitig unterstützen undverstärken, wenn sie in der richtigen Dosierung und Kombinationangewandt werden. Eigentlich ganz einfach, bzw. einfach ganzheitlich.