Das in Deutschland gestartete Mammographie-Screening ist ein gigantisches Projekt. Einerseits gilt das Ziel, die Qualitätssicherung des Screenings nach EU-Richtlinien zu erfüllen. Andererseits entstehen immense Datenvolumen, die auf höchst sicheren Datenautobahnen transportiert werden müssen. Viele Beteiligten sehen bereits Parallen zu der Einführung der Gesundheitskarte.
Mammographie-Screening für sechs Millionen Frauen
Die qualitätsgesicherte Röntgenuntersuchung zur Früherkennung vonBrustkrebs ist ohne Zweifel ein anspruchsvolles Projekt, aberoffensichtlich auch ein langwieriges. Die Vorgaben wurden aufeuropäischer Ebene entwickelt und 2001 in der dritten Fassung als "EuropäischeLeitlinie für die Qualitätssicherung desMammographie -Screenings" vorgelegt. Auf 370 Seiten werdenminutiös der organisatorische, technische und medizinische Ablauf, aberauch die ärztlichen Qualifikationsanforderungen beschrieben. Dieersten, die sich an die Umsetzung machten, waren Belgien, Finnland,Frankreich, Spanien, Luxemburg, Niederlande, Schweden, Ungarn und dasVereinigte Königreich. Der Deutsche Bundestag verabschiedete dasProgramm zur Präventivuntersuchung in 2002. Danach sollen alle Frauenin der Altersgruppe zwischen 50 und 69 einen gesetzlichen Anspruch aufder Basis der EU-Leitlinie haben. In Deutschland sind das annäherndsechs Millionen, die alle zwei Jahre für eine Röntgenuntersuchung derBrust in Frage kommen. Immerhin dauerte es drei Jahre, bis die erstenScreening-Einheiten der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) Bayern,Westfalen-Lippe und Nordrhein an den Start gingen. Ob der Zeitplan bisEnde 2007 einzuhalten ist, bleibt ungewiss. Bundesweit sind ca. 90Mammozentren geplant.
Mehrere Terabytes von Brustbildern
Um eine Vorstellung der Größenordnung zu bekommen: Ab 2007 sollen inDeutschland jährlich rund eine Million Screenings durchgeführt werden.Bei jeder Röntgenuntersuchung werden vier digitale Bilder à 20 MByteanfallen. Alle Images bleiben bis zur nächsten Einladung in zwei Jahrenzu Vergleichszwecken gespeichert. D.h., es ist mit einem Datenvolumenvon mehreren Hundert Terabytes zu rechnen.
Organisation von Screening-Einheiten und Standorten
Das Mammographie-Screening (MS) wird von den gesetzlichenKrankenkassen finanziert und zusammen mit den einzelnen KVs realisiert.Quasi als übergeordnete Leitstelle fungiert die KooperationsgemeinschaftMammographie mit Sitz in Köln. Ihr gehören Vertreter derSpitzenverbände der Krankenkassen und der KassenärztlichenBundesvereinigung an. Die Vorbereitungen für das qualitätsgesicherteMammographieren sind immens. Screening-Einheiten und zugeordneteStandorte müssen definiert werden, wobei für alle die Aus- bzw.Belastung gleich hoch sein soll. Für das Einzugsgebiet der KV Nordrheinsind beispielsweise 9 Screening-Einheiten mit 26 mammographierendenStandorten für 2,2 Millionen Frauen vorgesehen. Die Daten derentsprechenden Altersgruppe müssen von den Kommunen abgerufen und Einladungen mit Termin und Röntgenadresse verschickt werden. Vor Ort sindprogrammverantwortliche Ärzte (PVAs) zu benennen, die das MSbetriebswirtschaftlich und medizinisch betreuen. Für dieDoppelbefundung sind entsprechende Vereinbarungen unter den Ärzten zutreffen. Fortbildungs-Programme für Ärzte und Röntgenologen sind zuorganisieren und überregionale Referenzzentren zur fachlichenUnterstützung einzurichten. Die Ergebnisse und die Einhaltung derQualitätsanforderungen sollen regelmäßig überprüft und kontinuierlichverbessert werden.
Von bundeseinheitlichen Regeln weit entfernt
Und last not least soll eine gut funktionierende IT- undTelematik-Struktur die Abwicklung und den sicheren Datenaustauschgewährleisten. Eigentlich erwartet man, dass es für die elektronischeUmsetzung bundeseinheitliche Regeln gibt. Aber davon ist man weitentfernt, wie DocCheck aus der KV Nordrhein erfuhr. Das ganze laufenicht viel anders als die Einführung der elektronischenGesundheitskarte, so ist aus dem IT-Umfeld zu hören. Trotzdem gibt esAnsätze, die für eine baldige bundeseinheitliche Infrastruktur imBereich der Gesundheitstelematik sprechen könnten.
Datenaustausch mit KV-SafeNet
In der Vergangenheit haben sich einige KVs, darunter auch Nordrheinund Westfalen Lippe, zusammengeschlossen, um Richtlinien für denDatenaustausch unter höchsten Sicherheitsanforderungen zu entwickeln.Patienteninformationen unterliegen strengen Auflagen seitens derDatenschützer, können aber je Bundesland unterschiedlich ausgelegtsein. So ist in Nordrhein-Westfalen beispielsweise der Datentransportper Internet untersagt, in Bayern dagegen nicht. Das Ergebnis derKV-Experten wird schließlich unter dem Namen KV-SafeNet verabschiedet.Dabei handelt es sich um eine geschlossene Telematikinfrastruktur, dieArztpraxen, Krankenhäuser, Röntgeninstitute und KVs miteinanderverbinden soll. Für alle Einrichtungen, die am derzeitigenScreening-Projekt teilnehmen, ist ein Anschluss an das KV-SafeNetzwingend vorgeschrieben. Als Netzprovider sind ausschließlichzertifizierte Anbieter zugelassen, so wie die Kölner PIRONETNDH AG. Sie versorgt zur Zeit die meisten Screening-Einheitender KV Nordrhein und hat dazu beigetragen, dass Nordrhein-Westfalen daserste Bundesland mit digitalem Mammo-Screening ist.
Der Mammo-Highway in der Region Nordrhein
Die KV Nordrhein startete das MC-Programm im Herbst vorigen Jahres.Seitdem werden sukzessive alle neun Screening-Einheiten angeschlossen.Vor kurzem ist auch der GroßraumKöln ans Netz gegangen. Für die Abwicklung wurde in derDüsseldorfer Geschäftsstelle eine spezielle IT-Abteilung eingerichtet.Hier werden die Daten der Frauen, die aufgrund ihres Alters für dieRöntgenuntersuchung in Frage kommen, zentral verwaltet und auf dieeinzelnen Screening-Einheiten verteilt. Die Dienstleistung der KV wirdden Teilnehmern vor Ort anteilig in Rechnung gestellt. DerDatenaustausch zwischen KV und Teilnehmern erfolgt in beiden Richtungenüber das KV-SafeNet. Die digitalen Bilddaten der täglichen Screeningswerden ebenfalls über das Sicherheitsnetz - beispielsweise zurBefundung - verteilt und - zur Zeit noch - bei den jeweiligen PVAsarchiviert. Diskutiert wird momentan, ob das Bilddaten-Archiv nichtbesser zentral auf dem Server der KV aufgehoben ist. Für die Nutzungdes KV-SafeNet ist von jeder teilnehmenden Einrichtung eine monatlichePauschale von 100 Euro für die Anschlussbox an den Provider zu zahlen.Hinzu kommen die Carrier-Kosten. Das könnte unter Umständen kompliziertwerden, da jede Einheit und jeder Standort in eigener Regie überProvider bzw. Carrier entscheidet. Damit ist nicht auszuschließen, dassdie so genannte "letzte Meile" der Datenleitung einen weiteren Vertragoder ein Abkommen mit einem zweiten TK-Anbieter erforderlich macht.