Als CRISPR/Cas-System bezeichnet man eine gentechnische Methode, mit der gezielt die DNA-Sequenz im Genom eines Zielorganismus modifiziert werden kann.
Das gentechnisch eingesetzte CRISPR/Cas-System erzeugt spezifisch sogenannte Doppelstrangbrüche in der Ziel-DNA. Dabei durchtrennt die Nuklease die beiden komplementären Stränge. Diese Verletzung der DNA wird durch Reparaturmechanismen behoben. Während dieses Prozesses können gewollte Modifikationen induziert werden.
Um das CRISPR/Cas-System in einem Organismus nutzen zu können, müssen zwei Komponenten in diesem über Vektoren exprimiert werden:
Die gRNA ist das Instrument, das die Spezifität des CRISPR/Cas-System bestimmt. Sie ist ein Fusionsprodukt aus crRNA und tracrRNA. Die crRNA besteht hier aus
Die tracrRNA besteht immer aus der gleichen Sequenz, die crRNA wird je nach Ziel-DNA angepasst. Im Vergleich zum bakteriellen System sind die beiden Abschnitte in der gRNA kovalent verbunden. Die gRNA bildet eine Sekundärstruktur mit mehreren Haarnadelstrukturen aus, die für die Interaktion mit der Nuklease notwendig ist.
Theoretisch kann die gRNA so konzipiert werden, dass sie zu jedem Abschnitt in der Ziel-DNA komplementär ist. Damit die Nuklease die DNA schneiden kann, muss die Sequenz aber in unmittelbarer Nähe zu einem sogenannten Protospacer adjacent motif (PAM) liegen. Im bakteriellen System markiert diese Sequenz, welche Abschnitte aus der fremden DNA ausgeschnitten werden.
Für Cas9 lautet das PAM -NGG, d.h. auf ein beliebiges Nukleotid folgen zwei Guanin-Nukleotide. Diese Sequenz muss direkt downstream der Zielsequenz liegen, damit sie von Cas9 erkannt und geschnitten werden kann. In der Folge kann im Genom eines Organismus also jede Sequenz mit der Form N20-NGG mit dem CRISPR/Cas9-System verändert werden.
Der eigentliche Prozess, mit dem die Modifikation der Ziel-DNA hervorgerufen wird, ist die Reparatur des Doppelstrangbruchs, der durch die Aktivität von Cas9 entstanden ist. In Säugerzellen geschieht dies vorwiegend über die sogenannte nicht-homologe Endverknüpfung (engl. non-homologous end joining, NHEJ) und die Homologie-gerichtete Reparatur (engl. homology-directed repair, HDR). Solche Reparaturmechanismen sind wichtig für Zellen, um die Integrität ihres Genoms zu erhalten.
Bei der NHEJ werden mit einer bestimmten Frequenz sogenannte Indel-Mutationen ausgelöst. Dabei werden wenige Basenpaare an die Stelle des Doppelstrangbruchs eingefügt (Insertion) und/oder gelöscht (Deletion). Dies kann zu Punkt- oder Frameshift-Mutationen im betroffenen Gen führen, was den Locus zerstört.
Die HDR benötigt zur Reparatur ein homologes DNA-Stück, dass im Bereich des Doppelstrangbruchs eingefügt wird. Diese Eigenschaft kann genutzt werden, um gewünschte DNA-Abschnitte an den Zielort einzufügen, indem ein homologer Donor-Strang in die Zelle eingebracht wird, der den entsprechenden Abschnitt enthält.
Autor: Janica Nolte, Fabienne Reh, DocCheck, adaptiert von “2020 Nobel Prize in Chemistry: A Tool for Genome Editing (CRISPR-Cas9)”, by BioRender.com (2023); abgerufen von https://app.biorender.com/biorender-templates; lizenziert unter CC BY-NC-SA 3.0