Nicht nur in der morgendlichen Stoßzeit nach der Hausarzt-Krankschreibungswelle kann es in der Apotheke reichlich stressig werden. Einige Tipps helfen euch dabei, den Puls auf einem verträglichen Niveau zu belassen.
Wer kennts nicht: Der Platz vor dem Tresen ist so mit Menschen gefüllt, als gäbe es kostenlose Drinks und Aspirin zum Nulltarif. Garantiert muss einem Kunden alles mehrfach erläutert werden und irgendwer wird immer über die Preise meckern. Der Apotheken-Alltagsbetrieb kann ziemlich auf die Nerven schlagen. Einiges davon lässt sich nicht ändern, bei anderen Dingen seid ihr jedoch eures Glückes eigener Schmied. Die folgenden Tipps ermöglichen es, den Betrieb in nervenschonendere Bahnen zu lenken.
Einer der wichtigsten Schlüssel, um als Apotheker Stress zu reduzieren, besteht darin,
mit möglichst wenigen Kunden interagieren zu müssen und
dafür zu sorgen, dass nur diejenigen irgendeine Form von Kontakt wollen, die sie wirklich benötigen.
Idealerweise solltet ihr deshalb über einen getrennten Tresen samt ebensolcher Schlange für alles zwischen rezeptfreien OTC-Arzneimitteln und ähnlichen freiverkäuflichen Produkten einrichten. Einfach, damit diejenigen, die keine größeren (Beratungs-)Leistungen brauchen, möglichst fix durchgeschleust werden.
Aber: Die Erfahrung zeigt, wie stark die Wirksamkeit eines solchen Tresens mit der Erkennbarkeit durch die Kunden steht und fällt. Schon ab der Apothekentür solltet ihr deshalb mehrfach darauf hinweisen:
Platziert den Tresen möglichst exponiert. Dann ist er erstens gut sichtbar und zweitens erleichtert das die „Wegbeschreibung“.
Weist schon auf der Außentür darauf hin: „Alles ohne Rezept können Sie direkt am linken Tresen erhalten und bezahlen“.
Nutzt Klebestreifen, um auf dem Boden einen gut sichtbaren Pfad zu markieren.
Hebt den Tresen farblich gesondert hervor. Nutzt dafür idealerweise den gleichen Farbton, den ihr für alle anderen diesbezüglichen Hinweise verwendet.
Wie bei allen Maßnahmen, so solltet ihr auch hier beobachten, wie gut sie wirken. Zögert nie, nachzubessern oder bei großem Erfolg sogar einen zweiten solchen Tresen aufzustellen.
Blutdruckmessgeräte, Fieberthermometer und Co. gehören in vielen Apotheken zum Standard-Repertoire – absolut unverzichtbar für gute Umsätze. Allerdings solltet ihr euch bezüglich der Produktauswahl zweier Dinge bewusst sein:
In der Apotheke sind die meisten Kunden eher bereit, mehr zu bezahlen. Das gilt erst recht, wenn das mit einem guten Service einhergeht.
Die Chancen, dass der Kunde ein Produkt nicht versteht oder es kaputtgeht, steigen in dem Maß, wie Qualitätsklasse und euer (Einkaufs-)Preis sinken.
Bedenkt immer: Garantie und Gewährleistung sind ein umfassender Themenkomplex und betreffen euch genau so wie einen x-beliebigen Einzelhändler. Ihr möchtet so wenige Kunden wie möglich bei euch haben, die sich über den vorzeitig kaputt gegangenen Blutdruckmesser oder ähnliche Gerätschaften beschweren wollen.
Nur Markenware bester Qualität zu verkaufen, schützt euch effektiv gegen solche Besuche – die euch kein Geld bringen, dafür jedoch Stress.
Das Schaufenster gehört in den meisten Apotheken als wichtiges Element der Eigenwerbung einfach dazu. Allerdings solltet ihr bei seiner Ausgestaltung nicht nur an eure Bilanzen, sondern eure Nerven denken. Diesbezüglich gibt es zwei Ratschläge zu beherzigen:
Wählt eine Gestaltung, die es euch ermöglicht, das Schaufenster mit nur wenigen Handgriffen neu zu bestücken. Haltet euch aus demselben Grund mit häufig wechselnden, umfassenden saisonalen Thematiken eher zurück.
Blockiert niemals die Sicht ins Apotheken-Innere. Denn es ist definitiv in eurem Interesse, wenn Kunden sehen können, ob sich darin schon alles drängt – und deshalb vielleicht etwas später zurückkehren oder wenigstens draußen warten.
Sofern eure Optionen bezüglich des Gebäudes es zulassen, sollte es draußen möglichst einen überdachten Wartebereich geben. Das erhöht zwar die Chancen für ein Verweilen eurer Kunden (statt womöglich zur Konkurrenz zu gehen), dennoch erhöhen sie drinnen nicht das Gedränge – gut für eure Nerven.
Müsst ihr herausgegebenes Kleingeld erst umständlich von der rechten in die linke Hand geben, weil die Münzschale links von der Registrierkasse liegt? Muss eure PTA-Kollegin immer zur Seite treten, wenn ihr die Medikamentenschublade hinter ihrem Arbeitsbereich ganz öffnen wollt? Und müsst ihr, um ein Produkt aus dem gläsernen Auslage-Teil des Tresens zu nehmen, erst tief in die Knie gehen und dann den Arm bis zur Schulter hineinschieben?
In solchen und vielen anderen Fällen wäre das ein überdeutlicher Hinweis auf unnötig komplexe Arbeitsabläufe. Bedeutet: Ihr müsst euch entweder zu viel bewegen oder benötigt zu viel Zeit.
Was sich diesbezüglich justieren lässt, hängt natürlich im Höchstmaß von Größe und Layout einer Apotheke ab. Daher nur ein genereller Tipp: Schärft eure Sinne für jeden Schritt, jeden Greifvorgang und ähnliche Bewegungen. Wenn etwas zu kompliziert ist, dann scheut euch nie, es zu verbessern. Achtet dabei insbesondere auf die kleinen Dinge. Denn die können sich schnell zu sehr nervigen Stressoren aufsummieren.
Es gibt kein Krankheitsbild, keine Diagnose, kein Medikament, zu dem es im Internet nicht einen riesigen Wust von Informationen gäbe. Leider sind nicht alle davon seriös, sondern es findet sich hier überaus viel Halb- und Falschwissen und obendrein viel rein Werbliches.
Die Folge dürftet ihr alle bereits sattsam kennen: Oft genug stehen Menschen vor euch, die sich so geben, als wüssten sie ohne Studium, ohne Ausbildung etwas wesentlich besser als ihr. Solche Personen können euren Stresspegel sehr stark ansteigen lassen, wenn ihr nicht ganz vorsichtig agiert.
Denn: Gut informierte Kunden machen es euch leichter. Falsch informierte Kunden mit hartnäckigen, geradezu beratungsresistenten Ansichten sind jedoch sehr anstrengend. Geht deshalb folgendermaßen vor:
Erst einmal nicht gegenhalten. Denn vielfach werden Besserwisser umso hartnäckiger, je stärker sie Kontra bekommen.
Diskutieren und korrigieren nur dort, wo es um wichtige medizinische Details geht – also die relevanten Dinge.
Keinesfalls die Kundensicht/-meinung generell als falsch darstellen, sondern nach der „Ja, aber…“-Methode verfahren: „Ja, das kann man so machen, aber ich würde empfehlen…, weil…“.
Die Zeiten, in denen Apothekenkunden stets auf die Profis hörten und sich hüteten, etwas zu bemängeln sind vorbei – leider. Oft genug habt ihr es deshalb mit Menschen zu tun, die von Einwänden und Bedenken bis hin zu handfesten Streitereien und Beleidigungen einfach unbequem sind.
Ändern könnt ihr daran definitiv nichts. Diese Einsicht ist bereits ein wichtiger Schritt, um eure Nerven zu schonen. Nehmt solche Kunden einfach so hin, wie Regenwetter, uhrzeitlich bedingte Stoßzeiten und ähnliche Dinge außerhalb eurer Kontrolle. Memoriert zudem folgendes:
Fast nichts, was Kunden Negatives zu sagen haben, ist eine wirkliche Kritik an euch als Mensch, Apotheker, PTA oder eurem Betrieb. Nehmt es dementsprechend nicht persönlich.
Selbst, wenn Kunden zornig oder gar ausfallend werden, gilt das fast immer. In solchen Fällen müsst ihr um eurer selbst Willen Coolness nach außen zeigen, denn sonst besteht die Gefahr einer „Eskalationsspirale“, die euren Stresspegel noch weiter ansteigen lässt.
Seht Nachfragen und selbst Einwände als wichtige Hinweise für Interesse und insbesondere weiteren Informationsbedarf. Dadurch sind sie tatsächlich eine perfekte Möglichkeit, mit eurem Fachwissen zu glänzen und das Verkaufsgespräch positiv zu dominieren.
Übrigens: Wenn ein typischer „Pappenheimer“ eure Apotheke betritt, der euch immer wieder ähnliche Schwierigkeiten bereitet, dann ist es absolut in Ordnung, ihn von jemand anderem bedienen zu lassen. Vielleicht sogar wechselweise.
Erfolgsdruck ist unter Berufstätigen einer der größten Stressoren überhaupt. Das Schlimme daran: Ein Großteil dieses Drucks ist selbstgemacht und entsteht im Kopf eines jeden Einzelnen.
Als Apotheker bzw. PTA ist das besonders gewichtig. Denn ihr müsst nicht nur ganz allgemein kaufmännisch erfolgreich arbeiten, sondern eure Arbeit ist direkt mit Gesundheit und Wohlbefinden anderer Menschen verbunden. Diese Kombination in Verbindung mit dem „ganz normalen Alltagsstress“ kann auf Dauer wirklich an eurem Nervenkostüm zerren.
Angesichts dessen solltet ihr täglich und bei jedem Kunden versuchen, euren eigenen Erfolgsdruck in die richtigen Bahnen zu lenken. Das betrifft primär zwei Dinge:
Versucht nicht, eine Maxime zu vertreten, wonach ihr jede Situation perfekt beherrschen und abschließen müsst. Dann ist nämlich in eurem Kopf alles außer dem absoluten Optimum ein Fehlschlag. Geht besser mit einer Attitüde an die Arbeit, stets euer jeweils Bestmögliches leisten zu wollen. Das lässt viel größere Spielräume, etwa das Bestmögliche angesichts eurer jeweiligen Tagesform.
Visualisiert euch stets die positiven Effekte eines Erfolgs, nicht die negativen eines Scheiterns. Denkt also beispielsweise nicht „Wenn der Kunde jetzt nicht zufrieden ist, geht er zur Konkurrenz und nimmt noch seine Nachbarn und Freunde mit“. Denkt eher „Wenn ich den Kunden zufriedenstelle, bringt er vielleicht seine Nachbarn und Freunde von der Konkurrenz zu mir“. Dreht also eure Gedanken in eine positive Richtung.
Dazu noch ein finaler Rat: Fast jeder Arbeitstag hat seine starken und schwachen Phasen. Nutzt letztere nicht aus, um euch zwanghaft andere Arbeiten zu suchen. Ja, es gibt immer etwas zu tun, aber mit Blick auf euren Stress, eure Nerven und die berufliche Zufriedenheit ist es sehr wichtig, Verschnaufpausen zu nutzen, wenn sie sich ergeben. Der nächste Kundenansturm kommt schon früh genug.